Sie kämpfen seit Monaten für eine bessere Aufklärung über Depressionen an Schulen – und lassen nicht locker: Eine Gruppe junger Leute aus Unterhaching im oberbayerischen Kreis München hat nun am Dienstagmittag Landtagspräsidentin Ilse Aigner einen „offenen Brief“ überreicht. In dem wird die CSU-Politikerin aufgefordert, ihren Einfluss geltend zu machen. Sie solle Aufklärungsinitiativen unterstützen und darauf dringen, die Forderungen einer Petition endlich umzusetzen. Die Gruppe um den 18-jährigen Alexander Spöri hatte die Petition während der Vorbereitung aufs Abitur im Frühjahr im Internet gestartet. Mehr als 43.400 Menschen unterzeichneten sie.
Depressionen seien die „häufigste Ursache von jugendlichen Suiziden“
Die Initiatoren kritisierten, dass psychische Krankheiten im Lehrplan der Gymnasien, Real- und Mittelschulen im Freistaat „nur beiläufig erwähnt“ worden seien und verlangten den „Schutz psychisch kranker Kinder und Jugendlicher“. Depressionen seien „häufigste Ursache von jugendlichen Suiziden“. Die Petition erreichte den Bildungsausschuss im Landtag, der sie zur Würdigung an die Staatsregierung verwies – was selten vorkommt.
Das zuständige Kultusministerium hatte bereits im Mai mit einem „Zehn-Punkte-Plan“ reagiert. Demnach soll etwa im Lehramtsstudium das Thema Depression berücksichtigt werden. Der Gruppe um Alexander Spöri gehen die Maßnahmen jedoch nicht weit genug. Der 18-Jährige zeigte sich am Dienstagmittag kurz nach der Übergabe des „offenen Briefs“ an Aigner enttäuscht über die „Symbolpolitik“ der Staatsregierung. Der „Zehn-Punkte-Plan“ von Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sei ein Anfang, sagte Spöri im Gespräch mit unserer Redaktion, „man hat ihn aber einfach nicht umgesetzt“. Auch eine Stellungnahme von Staatssekretärin Anna Stolz zum Zwischenstand der Umsetzung des Plans habe ihn enttäuscht. „Nach sechs Monaten sehe ich wenig Veränderung“, sagte Spöri. Er kritisierte zudem, dass das Kultusministerium erst im Juli 2020 nochmals Bericht erstatten wolle.
Das Anliegen unterstützen Oppositionspolitiker und ein Uniklinik-Direktor
Landtagspräsidentin Ilse Aigner habe ihm und seiner Gruppe zugesagt, sich persönlich um deren Anliegen zu kümmern und ein Gespräch mit Kultusminister Piazolo zu vermitteln, sagte Spöri. „Wir machen weiter Druck.“ Dabei ist die Gruppe nicht allein: Den „offenen Brief“ unterstützte neben Oppositionspolitikern wie Simone Strohmayr (SPD, Stadtbergen), Max Deisenhofer (Grüne, Krumbach) und Dominik Spitzer (FDP, Kempten) unter anderem Professor Peter Falkai, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das Kultusministerium wies die Kritik zurück: Die angekündigten Maßnahmen würden „an den Schulen vor Ort planmäßig und mit Hochdruck umgesetzt“.
Am Dienstagabend stand für Alexander Spöri dann noch auf Einladung Aigners eine Diskussion zum Thema im Maximilianeum an. Mit auf dem Podium: Teresa Enke. Deren Mann Robert, Torhüter der Fußball-Nationalmannschaft, war schwer depressiv und nahm sich vor zehn Jahren das Leben.
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