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Schrobenhausen: 14-jähriger Junge von Zug getötet: Wie konnte dieses Unglück passieren?

Schrobenhausen

14-jähriger Junge von Zug getötet: Wie konnte dieses Unglück passieren?

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    Der Bahnübergang in Schrobenhausen war eigentlich mit Schranken abgesichert. Doch der 14-Jährige wählte eine ungesicherte Alternativroute.
    Der Bahnübergang in Schrobenhausen war eigentlich mit Schranken abgesichert. Doch der 14-Jährige wählte eine ungesicherte Alternativroute. Foto: Wilhelm Zwergel, Polizei Schrobenhausen

    War es die Ungeduld eines Jungen, der bei hochsommerlicher Hitze möglichst schnell ins Freibad wollte? War es die Mutprobe oder die Gedankenlosigkeit eines Pubertierenden, die tödlich endete? Oder war es nur eine Frage der Zeit, bis an diesem Bahnübergang etwas Schlimmes passiert? Um all diese Fragen geht es in Schrobenhausen nach dem tragischen Zugunglück, bei dem am Mittwochnachmittag ein 14-Jähriger ums Leben gekommen ist.

    Tödliches Zugunglück: Schrobenhausen ist im Schock

    Mit seinem Zwillingsbruder und einem 13-jährigen Freund war der Junge gegen 15.30 Uhr auf dem Weg ins Schrobenhauser Freibad, als ein Bahnübergang ihre Fahrt ausbremste. Rote Ampel, Andreaskreuz, geschlossene Schranken – gut einen halben Kilometer vor dem Freibad musste das Trio auf dem Fuß- und Radweg anhalten. Wie ein Autofahrer später aussagen sollte, unterhielten sich die Jungen vor den Schranken – ehe einer von ihnen plötzlich ausscherte. Er bugsierte sein Fahrrad durch eine etwa 80 Zentimeter breite Lücke an den Absperrungen vorbei und versuchte die Gleise zu überqueren. Ob er den aus Ingolstadt nahenden Zug übersah, ihn zu spät erkannte, die Geschwindigkeit falsch einschätzte, sei unklar, sagt die Polizei. Der Bruder und sein Freund hätten wohl noch versucht, den 14-Jährigen zu warnen, doch da war es bereits zu spät. Der Zug erfasste den Jungen auf seinem

    „Wir sind geschockt“, sagte am Donnerstagvormittag Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan auf Anfrage unserer Redaktion. „Da beschäftigt man sich jeden Tag mit tausend Kleinigkeiten – so ein Unglück stellt dann ganz schnell die Relationen im Leben klar.“ In Gedanken sei er bei den Angehörigen, den Vater des umgekommenen Jungen kenne er persönlich aus gemeinsamen Fußballerzeiten.

    Der Bürgermeister kündigt Konsequenzen an

    Gleichzeitig versuchte Stephan noch am Vormittag, erste Schritte einzuleiten, um der Ursache des tödlichen Unfalls auf den Grund zu gehen und mögliche Lösungen für ein gravierendes Problem zu finden. Denn: Der Bahnübergang an der Neuburger Straße in Schrobenhausen ist zwar mit Schranken, Ampeln und Umlaufgittern gesichert – allerdings nicht überall. An den Absperrungen vorbei führt ein kleiner und offensichtlich rege genutzter Trampelpfad, der direkt auf die Gleise führt. Und genau diesen nutzte der 14-jährige Junge nach Angaben der Polizei, um rechts an der Schranke vorbeizufahren. „Diesen Trampelpfad gibt es schon lange, die davon ausgehende Gefahr war mir bisher aber so nicht bekannt und bewusst“, erklärte Bürgermeister Stephan und kündigte sogleich Konsequenzen an: „Das muss ganz dringend und unbedingt geändert werden.“

    Hans-Jürgen Bartl von der Schrobenhauser Polizei glaubt derweil kaum, dass der Bahnübergang komplett abgesichert werden kann. „Wer als Fußgänger oder Radler mutwillig an Schranken vorbei will, wird das meines Erachtens nach immer irgendwie schaffen“, sagte Bartl. Und solch eine Mutwilligkeit habe nach dem Stand der bisherigen Ermittlungen wohl auch im Fall des 14-Jährigen eine Rolle gespielt – mit tödlichen Folgen.

    Psychologische Hilfe: Ein Kriseninterventionsteam betreut Angehörige und Bahnmitarbeiter

    Die beiden Triebfahrzeugführer des Unglückszugs erlitten nach Polizeiangaben einen schweren Schock, die 36 Fahrgäste der Bahn blieben unverletzt. Der Kriseninterventionsdienst kam zum Einsatz und betreute unter anderem die Familie des umgekommenen Jungen. „Das Ziel der psychosozialen Nothilfe ist es in solchen Fällen, die Angehörigen in dieser emotionalen Ausnahmesituation zu begleiten“, sagt Matthias Schaumlöffel, der das Kriseninterventionsteam der Augsburger Maltesern leitet. Insbesondere wenn die Ursachen eines Unglücks noch ungeklärt seien, hätten die Betreuer bei der Anfahrt nur sehr knappe Informationen über das Geschehene. Statt direkt auf die traumatisierten Personen zuzugehen, müsse sich auch das

    Gerade im Falle eines so tragischen Unfalls wie dem, der das Leben des 14-Jährigen in Schrobenhausen forderte, erlebten auch die psychosozialen Nothelfer laut Schaumlöffel eine „Gratwanderung“ zwischen Empathie und Selbstschutz: „Einerseits müssen sich die Kriseninterventionsteams auf die Betroffenen einlassen und mitfühlen, andererseits ist eine gewisse Distanz nötig, um selbst mit der Lage vor Ort zurechtzukommen.“ Grundsätzlich sei es das Ziel jedes Einsatzes, den Betroffenen aus der Schockstarre zu helfen. Doch die Versorgung beschränkt sich dabei auf die akute Situation nach dem Vorfall. Die Bewältigung der Trauer beginne erst später.

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