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Schmiergeldprozess: Gribkowskys Erzählungen

Schmiergeldprozess

Gribkowskys Erzählungen

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    Der frühere BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky. Foto: Frank Leonhardt dpa
    Der frühere BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky. Foto: Frank Leonhardt dpa

    München Am Ende versucht Gerhard Gribkowsky zu erklären, warum er vor Gericht fast neun Monate geschwiegen hat: „Ich habe mich schwergetan, etwas zu sagen, weil ich mir selbst die Frage stelle: Welchen Knopf hat der kleine Mann gedrückt, damit du die Augen zugemacht hast.“

    Der „kleine Mann“, das ist Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Von 2005 bis 2007 hatte Gribkowsky als Risikomanager der BayernLB mit dem kleinwüchsigen Briten den Verkauf von Rennsport-Serienanteilen eingefädelt, die der Landesbank nach der Pleite des Fernsehrechtehändlers Leo Kirch zugefallen waren. 44 Millionen Dollar hat Gribkowsky dafür aus dem Ecclestone-Imperium bekommen – und nicht versteuert. 66 Millionen Dollar hat er dafür dem Briten auf Kosten der Landesbank als Provision zugeschustert. Bei einem Geständnis mache das zwischen sieben Jahren und zehn Monaten und neun Jahren Haft, sagt Richter Peter Noll nach einem Gespräch mit Gribkowskys Anwälten und der Staatsanwaltschaft im Richterzimmer: „Hängt davon ab, was sie sagen.“

    Angesichts dieser Perspektiven ist Gribkowsky sichtlich blass, als er die erste Frage des Richters, ob denn die Anklage richtig sei, knapp beantwortet: „Es stimmt im Wesentlichen.“ Und dann berichtet er fast zwei Stunden über seine Sicht der Dinge. Es ist ein Bericht, der es in sich hat: Gibt er doch seltene Einblicke in die knallharte Welt hinter den glänzenden Kulissen des globalen Rennsportzirkus. Er zeigt aber auch schonungslos auf, wie sehr die staatlich kontrollierte Landesbank in den Jahren vor ihrem Zehn-Milliarden-Euro-Desaster jegliche Bodenhaftung und Kontrolle verloren hatte. „Ich erkläre dir jetzt mal, wie das Leben ist“, habe Ecclestone das erste persönliche Gespräch im Mai 2005 begonnen, berichtet Gribkowsky. Und ihm dann klar gemacht, dass er für die BayernLB zwar Sitze im Aufsichtsgremium der Formel-1-Holding einklagen könne, ihm dies aber gar nichts nütze. In der Tat bestehe die Formel 1 letztlich aus zwei Aktenschränken voller Verträge in Ecclestones Büro, erklärt Gribkowsky. Der Rennzirkus selbst sei dabei letztlich „völlig nebensächlich“, glaubt der Ex-Banker: „Das Wesentliche an der Formel 1 ist, unglaublich viel Geld zu generieren.“

    Das Prinzip: Hilfst du mir, dann helf ich dir

    Eine sprudelnde Quelle, an der Ecclestone den Münchner Provinzbanker habe teilhaben lassen wollen: „Er sagte: Wenn du mir hilfst, die Formel 1 zu kaufen, beschäftige ich dich als Berater.“ Erst Monate später habe er gemerkt, dass er sich mit diesem Deal „zwischen zwei Stühle gesetzt“ habe, so Gribkowsky. Da sei es schon zu spät gewesen. „Ich kümmere mich um dich“, habe ihm Ecclestone gesagt. Mal schickte er ihm seinen Privatjet, mal setzte er ihn an Rennwochenenden für Botengänge ein. Gribkowsky fühlte sich geschmeichelt – und hoffte wohl auf ein Jetset-Leben jenseits miefiger Landesbanksitzungen.

    Als „Bernie“ schließlich hundert Millionen Dollar Vermittlungsprovision gefordert habe, habe er ihn zwar noch heruntergehandelt: „Aber ich wollte natürlich meinen künftigen Chef auch nicht verprellen.“ Notwendig gewesen sei die Provision nicht, gibt Gribkowsky zu. Kritische Nachfragen im Vorstand und Verwaltungsrat der Landesbank musste er damals aber offenbar nicht fürchten. „Nenn’ mir eine Zahl“, habe Ecclestone schließlich beim Bahrain-Grand-Prix 2006 zu ihm gesagt. „Ich sagte fünfzig“, erzählt Gribkowsky. Ihm sei bewusst gewesen, dass der Tarif für ein solch wohlwollendes Verhalten „in der Formel 1 ein anderer ist, eher zehn Millionen“.

    Ecclestone habe dennoch nicht mit der Wimper gezuckt – und ihn ein paar Wochen später wissen lassen, „dass es 45 werden“. Die Dollar-Millionen sind in die österreichische Stiftung Gribkowskys mit dem schönen Namen „Sonnenschein“ geflossen. Dass deren Zweck nur die Versorgung des Stifters gewesen sei, wie die Anklage behauptet, sei aber „purer Unsinn“.

    Und die Steuer? Er habe sich vorgemacht, er sei frei, sagt Gribkowsky. „Und solange dir nichts selbst zufließt, bist du nicht steuerpflichtig.“ Dass dies recht hanebüchen klingt für einen Bankvorstand, merkt der 54-Jährige. Natürlich sei dies „eine völlig verquere Sichtweise. Aber ich bin eben immer zwischen den Welten gependelt.“

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