Das Landgericht München I hat ein Urteil gesprochen: Gerhard Gribkowsky, ehemaliges Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesbank, muss für achteinhalb Jahre in Haft. Gribkowsky habe beim Verkauf der Formel-1-Anteile der BayernLB von Formel-1-Chef Bernie Ecclestone 44 Millionen Dollar Schmiergeld kassiert und nicht versteuert, urteilte das Gericht am Mittwoch.
Der ehemalige Spitzenbanker wurde deshalb wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Untreue und Tatmehrheit der Steuerhinterziehung verurteilt. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die zehneinhalb Jahre Haft gefordert hatte. Die Verteidigung hatte auf eine konkrete Strafmaßforderung verzichtet.
Zuvor hatte er überraschend ein volles Geständnis abgelegt. Im Gegenzug dafür hatte das Gericht Gribkowsky eine Haftstrafe zwischen sieben und neun Jahren in Aussicht gestellt. Gribkowsky hatte das Geld 2006 erhalten. Damals verkaufte die Landesbank in einem von Ecclestone eingefädelten Geschäft ihre Beteiligung an der Formel 1 an den Finanzinvestor CVC. Der von Gribkowsky für die Bank erzielte Verkaufspreis von 839 Millionen Dollar fiel dabei deutlich höher aus als ursprünglich kalkuliert. Die Anteile an der Formel 1 waren der BayernLB als Sicherheit aus der Pleite des Medienimperiums von Leo Kirch zugefallen.
Ecclestone bot Gribkowsky eine Provision an
Die Chronologie der Formel-1-Affäre
April 2002: Kirch Media meldet Insolvenz an. Die BayernLB erhält als Pfand für einen Kredit über 988 Millionen Euro 62 Prozent an der Formel-1-Gesellschaft Speed.
Januar 2003: Die BayernLB beruft Gerhard Gribkowsky in den Vorstand. Als Risikomanager kümmert er sich auch um die Verwertung der Formel-1-Beteiligung.
2004/2005: Autokonzerne drohen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone, eine eigene Rennserie zu gründen.
September 2005: Der Finanzinvestor CVC will der BayernLB ihre Speed-Anteile abkaufen.
Oktober/November 2005: Laut Anklage fordert Gribkowsky von Ecclestone heimlich 50 Millionen Dollar und bekommt einen entsprechenden Beratervertrag zugesagt. Auf Veranlassung Gribkowskys zahlt die BayernLB Ecclestone 41 Millionen Dollar Provision für die Vermittlung des Käufers CVC. Vorstand und Verwaltungsrat der BayernLB billigen den Verkauf der Formel-1-Anteile an CVC für 839 Millionen Dollar (675 Millionen Euro).
März 2006: Die BayernLB erstattet der Bambino-Stiftung von Eccelstones Ehefrau für Auslagen 25 Millionen Dollar.
Juli 2006 bis Dezember 2007: Laut Anklage erhält Gribkowsky von Ecclestone und Bambino über Briefkastenfirmen 44 Millionen Dollar (knapp 33 Millionen Euro) auf Konten seiner Privatstiftung Sonnenschein in Salzburg.
April 2008: Gribkowsky verlässt die BayernLB.
Januar 2011: Gribkowsky wird unter dem Verdacht der Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung verhaftet.
Mai 2011: Gribkowsky wird mit seinen ehemaligen Vorstandskollegen wegen Untreue beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria 2007 angeklagt. Die BayernLB verklagt zudem alle auf 200 Millionen Euro Schadenersatz und lässt Gribkowskys Vermögen einfrieren.
Juli 2011: Gribkowsky wird auch wegen der Formel-1-Affäre angeklagt. Eccelstone gibt die Millionenzahlungen öffentlich zu.
Gribkowsky gestand vor Gericht, er habe dafür gesorgt, dass die Formel-1-Beteiligung an Ecclestones Wunschpartner CVC verkauft wird. Der Finanzinvestor ist bis heute Haupteigentümer der Rennserie. Zudem habe er die BayernLB an Ecclestone 66 Millionen Dollar Provision zahlen lassen, die aus heutiger Sicht nicht nötig gewesen seien.
Ecclestone habe ihm im Gegenzug als „Berater“ eine Provision angeboten, gestand Gribkowsky. Er selbst habe daraufhin 50 Millionen Dollar gefordert und fast so viel erhalten. „Das Problem war: Ich kam da nicht mehr raus“, sagte Gribkowsky. Mit den 44 Millionen Dollar gründete der Banker eine österreichische Privatstiftung mit dem Namen „Sonnenschein“, die sich angeblich um Familien krebskranker Kinder kümmern sollte. Laut der Anklage leistete die Stiftung allerdings nur einer Familie eine Zahlung von 1400 Euro. In erster Linie sollte das Stiftungsgeld laut Staatsanwaltschaft nur Gribkowsky und seiner Familie zugutekommen.
Gribkowsky sagte in dem Prozess, Gespräche mit dem evangelischen Gefängnispfarrer von Stadelheim hätten ihn zu seinem späten Geständnis bewogen. Nun könnte auch Formel-1-Chef Ecclestone Ärger mit der deutschen Justiz bekommen. Bei seiner Zeugenaussage in München hatte er noch im Januar jeden Bestechungsverdacht zurückgewiesen und erklärt, er habe sich von dem Landesbanker erpresst gefühlt. Das Urteil gegen Gribkowsky wird für kommenden Mittwoch erwartet. AZ/afp