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Schleichwege: Urlauber umgehen die Maut und verärgern Österreicher

Schleichwege

Urlauber umgehen die Maut und verärgern Österreicher

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    Ein Schild weist auf der österreichischen Seite des deutsch-österreichischen Grenzüberganges Weißbach bei Füssen (Bayern) auf die Mautpflicht auf österreichischen Autobahnen hin.
    Ein Schild weist auf der österreichischen Seite des deutsch-österreichischen Grenzüberganges Weißbach bei Füssen (Bayern) auf die Mautpflicht auf österreichischen Autobahnen hin. Foto: Karl-josef Hildenbrand dpa

    Im österreichischen Kufstein wird wohl kaum einer lobende Worte für die Maut finden. Denn immer wieder nutzen Autofahrer die Strecke durch das Tiroler Städtchen, um sich das "Pickerl" für die Nutzung der Autobahnen zu sparen. Nach Aussagen des

    Schleichwege bei Kufstein

    An der Ausfahrt lenken viele Fahrer ihren Wagen auf die Abbiegespur, um sich über Kufstein und den oberbayerischen Nachbarort Kiefersfelden auf Bundes- und Landstraßen zu schleichen. Beide Orte leiden stark unter dem Transitverkehr. Auch am Arlberg-Tunnel im Westen Österreichs wird gerne gespart. Hier verlassen viele Autofahrer die Schnellstraße und umkurven sie über die Landstraße.

    Ähnlich wie in Kufstein sieht es in der Grenzregion am Bodensee aus. Damit sie die Gebühr für die österreichischen Fernstraßen nicht zahlen müssen, machen viele einen Schlenker über die kleinen Gemeinden Hard und Höchst, um in die Schweiz zu kommen. Vor allem bei Italien-Urlaubern wird diese Route häufig genutzt.

    Mautkosten in Europa

    Autofahrer werden in vielen europäischen Ländern auf Autobahnen zur Kasse gebeten. Die Systeme sind unterschiedlich. Einige Beispiele:

    FRANKREICH: Die Autobahnen sind von einigen Ausnahmen abgesehen gebührenpflichtig. Der Tarif hängt von der gefahrenen Strecke ab. So fällt beispielsweise für die 465 Kilometer von Paris nach Lyon für Autos eine Maut von etwa 33 Euro an.

    ITALIEN: Fast alle Autobahnen sind mautpflichtig. Auch hier richtet sich der Preis nach der Entfernung. Die 450 Kilometer lange Strecke von Rom nach Bari kostet etwa 33 Euro.

    ÖSTERREICH: Eine Jahresvignette kostet für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen rund 83 Euro, zwei Monate schlagen mit etwa 25 Euro zu Buche, zehn Tage kosten 8,50 Euro.

    SCHWEIZ: Für die Jahresvignette für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen werden 33 Euro fällig.

    SLOWAKEI: Für zehn Tage kostet die Vignette für Autos 10 Euro, für einen Monat 14 und ein Jahr 50 Euro.

    SLOWENIEN: Eine Sieben-Tage-Vignette ist für 15 Euro erhältlich, für einen Monat kostet sie 30 und für ein Jahr 110 Euro.

    DEUTSCHLAND: Im März 2015 hat der Bundestag die Pkw-Maut für deutsche Autobahnen und Bundesstraßen beschlossen. Ausländer können entweder eine Zehn-Tages-Vignette oder eine Zwei-Monats-Vignette erwerben. Die Preise liegen - je nach Gültigkeitsdauer und Motorgröße sowie Schadstoffausstoß - zwischen fünf und 30 Euro. Für in Deutschland registrierte Fahrzeuge wird ein jährlicher Betrag erhoben, der sich auf maximal 130 Euro beläuft.

    Die vorbeifahrenden Autokolonnen seien eine Belastung, sie brächten Lärm und Schmutz, beklagt der Kufsteiner Bürgermeister Martin Krumschnabel. Abgesehen von den Tankstellen profitiere die Wirtschaft im Gegenzug überhaupt nicht von dem Transitverkehr.

    Anstehende Sommerferien bereiten Sorgen

    Die bevorstehenden Sommerferien machen ihm ernste Sorgen. Seit Änderungen der Vignettenkontrollen im vergangenen Jahr würden die Autos wieder verstärkt durch den Ort fahren, sagt Krumschnabel. In den kommenden Monaten sei mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen.

    Auch den Kauf einer Schweizer Jahresvignette vermeiden viele Autofahrer, wann immer sie können. Bevor es über die Grenze geht, fahren sie etwa in Weil am Rhein von der Autobahn und quälen sich über verzweigte Wege in die Stadt. "Der Verkehr, der die Schweiz zum Ziel hat, quält sich durch unsere Ortsdurchfahrten", sagt Wolfgang Dietz, der Oberbürgermeister des Nachbarstädtchens von Basel.

    Vielen Anwohnern stinkt das gewaltig. Sie haben Protestplakate an ihre Häuser gehängt, sind genervt vom Lärm und den Abgasen. Verantwortlich dafür sind nach ihrer Sicht aber nicht die Urlauber, die sich die Maut sparen wollen, sondern die Lastwagen, die in Richtung Basel unterwegs sind und deren Fahrer sich das kurze Stück Autobahn und damit die Gebühr sparen.

    "Das kleine Wohnmobil mit dem Rentnerehepaar, das durch unsere Stadt in die Schweiz tuckert, stört uns nicht", sagt Dietz. Durch eine entsprechende Beschilderung versuche die Stadt, den Verkehr auf die Autobahn zu lenken.

    Immer wieder werden Straßen abgesperrt

    Eines ähnlichen Tricks bedienen sich die slowenischen Behörden. Damit Autofahrer gar nicht auf die Idee kommen, sich auf dem Weg von Italien gen Süden an den Autobahnen vorbeizumogeln, sperren sie Straßen immer wieder ab und zwingen die Durchreisenden direkt auf die Fernstraßen, wie der ACE berichtet.

    Noch kann jedes Land selbst entscheiden, ob es Straßengebühren verlangt - und wie hoch sie ausfallen. Doch auf EU-Ebene wird neuerdings verstärkt über eine gesamteuropäische Maut diskutiert. Das Vorhaben sei aber so komplex, dass mit einer raschen Realisierung nicht zu rechnen sei, sagen Experten. So lange werden die unterschiedlichen Regelungen bestehenbleiben.

    In Deutschland will Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) demnächst Eckpunkte für Mautpläne vorlegen. Die Maut soll inländische Autofahrer nicht zusätzlich belasten - fraglich ist aber, wie das mit dem EU-Recht zu vereinbaren wäre. dpa/AZ

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