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Schildkrötenjagd: Keine Spur von Lotti, dem Seeungeheuer

Schildkrötenjagd

Keine Spur von Lotti, dem Seeungeheuer

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    Schaulustige sitzen auf einem Steg am abgesperrtem Ufer des abgelassenen Oggenrieder Weiher in Irsee bei Kaufbeuren. In dem Badesee wird eine Alligator-Schildkröte vermutet.
    Schaulustige sitzen auf einem Steg am abgesperrtem Ufer des abgelassenen Oggenrieder Weiher in Irsee bei Kaufbeuren. In dem Badesee wird eine Alligator-Schildkröte vermutet. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Der Betreiber des Kiosks am Oggenrieder Weiher bei Irsee (Ostallgäu) schweigt. Er antwortet an diesem Vormittag einfach nicht mehr auf die Fragen der Reporter. Stattdessen hält er nur seine rechte Hand an den Hals und will seinem Gegenüber bedeuten: Mir steht es bis zum Hals, ich habe den Medienrummel und den Sensationstourismus satt.

    Seitdem vor genau einer Woche einem achtjährigen Buben im Wasser die Achillessehne zweimal durchgebissen wurde, ist es mit der Ruhe und Beschaulichkeit an dem rund 10.000 Quadratmeter großen Badeweiher vorbei. Zuerst hatte man ja noch geglaubt, das Kind sei in eine Glasscherbe getreten. Doch der Bademeister hatte seinerzeit gleich mit einem Rechen den Boden abgesucht. Und nichts Verdächtiges gefunden, erzählt ein Mann.

     Im Laufe der vergangenen Woche bestätigte dann ein Professor der Zoologischen Staatssammlung in München, dass die Bisse von einer Geier- oder Schnappschildkröte stammen müssten. Laut Bissabdruck soll sie 14 Kilo schwer sein. Woher sie kommt, weiß niemand. Irgendjemand hat sie dann Lotti getauft und alle haben das übernommen. Seit Freitag ist der See gesperrt, am Wochenende wurde er abgelassen.

    Das Wasser wird erst wieder eingelassen, wenn Lotti gefunden ist

    Seitdem gleicht das einstige Gewässer einer Schlammwüste. Es riecht modrig. Im angrenzenden Wiesen- und Schilfbereich sind 18 Feuerwehrler aus Irsee im Einsatz. Mit Feuerpatschen, wie die Feuerwehr sie zum Ersticken von Flammen benutzt, schlagen sie auf das hohe Gras. Alle hoffen, irgendwo das gesuchte Tier zu fangen. „Wir müssen jetzt erst die Schildkröte finden, vorher können wir den Weiher nicht erneut einlaufen lassen“, sagt Feuerwehrkommandant Thomas Reuter mit Entschlossenheit.

    „Sobald wir eine Fläche abgesucht haben, wird sie gemäht“, schildert er. „Später“, verrät der Irseer Bürgermeister Andreas Lieb weiter, „wird alles eingezäunt. Mit einem elektrischen Schafzaun.“ Denn: Inzwischen gehen Fachleute davon aus, dass sich die Schildkröte irgendwo im Schilf- und Wiesenbereich befindet. Möglicherweise habe sie sich praktisch eingegraben. „Vielleicht“, sagt Lieb, „sind die Männer also sogar schon mehrfach über sie gelaufen.“

    Der Bürgermeister hat seine Fahrt in den Urlaub verschoben

    „Die kommt erst raus, wenn es ruhiger wird“, sagt ein Passant. Und dann soll besagter Elektrozaun sie im Zaum halten. Lieb will vor allem verhindern, dass sich das gefährliche Tier auf die Wanderschaft begibt und vielleicht in einem Tümpel oder Weiher in der Umgebung niederlässt. Und was ist, wenn das Tier nicht gefangen wird? Dann müsse man in enger Abstimmung mit Fachleuten und dem Landratsamt eine vernünftige Lösung finden, meint der Bürgermeister. Wegen Lotti hat er eigens seine Fahrt in den Urlaub verschoben. Die Familie ist schon vorausgefahren an den Gardasee – er kommt wahrscheinlich morgen nach – wenn Lotti ihm nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht.

    Die Einheimischen ärgern sich, dass man nicht mehr baden kann

    „Wenn Sie mich fragen, gibt es die Schildkröte gar nicht“, glaubt ein junger Mann aus Kaufbeuren. Es habe immer mal Krebse in dem Weiher gegeben, berichtet eine Frau aus Irsee: „Richtig große.“ Doch die Bisse seien eindeutig von einem Reptil, ist Feuerwehrkommandant Reuter überzeugt. Derweil ärgern sich so manche Einheimische, dass gerade jetzt, im Hochsommer, ihr See abgelassen wurde und man dort nicht mehr baden kann. Heute soll erneut fachkundiger Rat kommen: Der Professor aus München hat sich angesagt, die Situation vor Ort zu begutachten.

    Bis dahin werden wohl noch so manche Schaulustige kommen. Vor allem in den Abendstunden schaut noch manch einer vorbei. Vielleicht auch in der stillen Hoffnung, Lotti zu finden und die vom Bürgermeister ausgesetzte Jagdprämie in Höhe von 1.000 Euro zu kassieren.

    Das alles lässt den Kioskbetreiber kalt. Genauso wie die Frage eines Journalisten, wann es denn jetzt Schildkrötensuppe gebe. 

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