Nach Berlin Anfang Juli nun auch München: Etwa 400 Schausteller, Marktkaufleute, Puppenspieler und Artisten kamen am Donnerstag aus ganz Deutschland nach München, um auf ihre prekäre Lage – bedingt durch die Corona-Pandemie – aufmerksam zu machen. Unter dem Motto „Rettet Märkte, Dulten und Volksfeste“ hatte der Bayerische Landesverband der Marktkaufleute und Schausteller (BLV) dazu aufgerufen.
In einem Autokorso ging es von der Theresienwiese, wo normalerweise das Oktoberfest stattfindet, zum Odeonsplatz in die Innenstadt. An Schaulustige am Rand verteilten die Demonstranten Lebkuchenherzen mit Aufschriften wie „1,5 Meter vor dem Abgrund“. Die Forderungen: Lockerung der Maßnahmen, eine Gleichstellung mit Freizeitparks, Freibädern, Einkaufszentren und der Gastronomie sowie einen auf den Berufsstand zugeschnittenen Rettungsschirm.
Denn wegen Corona sind seit März alle Großveranstaltungen, zu denen auch Volksfeste gehören, in Bayern abgesagt worden. Das soll laut Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auch noch bis mindestens Ende Oktober so bleiben.
Schausteller demonstrieren in München: Existenz wegen Corona gefährdet
„Damit wird uns unsere komplette Existenzgrundlage genommen“, sagt Jeremy Agtsch. Der 30-Jährige stammt aus einer Münchner Schaustellerfamilie in fünfter Generation. Er steht auf einer Box neben einem schwarzen Sarg, darauf ist in weißer Schrift zu lesen: „Schausteller & Marktkaufleute“. Obenauf liegt ein Skelett, alle viere von sich gestreckt. Ob er denn nicht bei „Sommer in der Stadt“, der Ersatz-Veranstaltung der Wiesn, mitmache? „Nein. Das ist kein Ersatz und wir sind zu viele Schausteller für zu wenig Platz“, antwortet er.
Zu den Rednern gehörte auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Er ist sicher, dass Weihnachts- und Christkindlesmärkte dieses Jahr stattfinden können. Und schon vorher sollen Herbst- und Flohmärkte möglich sein. Denn Schausteller und Marktkaufleute seien systemrelevant, weil sie Lebensfreude produzieren würden, von der die Gesellschaft momentan auf Entzug lebe. Dafür erhielt Aiwanger viel Applaus.
Mut machte den Schaustellern eine 103-Jährige aus dem Kreis Dillingen
Noch mehr erhielt allerdings Gertrud Sperlich aus Holzheim im Landkreis Dillingen, die mit ihrer Familie anreiste. Die 103-Jährige war selbst Schaustellerin und Zirkusartistin – „eine Berufung und kein Beruf“, wie sie sagt. „Ich habe zwei Weltkriege miterlebt. Das waren schlimme Zeiten. Jetzt ist wieder eine schwere Zeit.“ Doch sie ist überzeugt, wenn der Staat den Schaustellern hilft und sie zusammenhalten, „dann schaffen wir das auch.“
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