Wie viel Geld hat das von einem Finanzskandal erschütterte Bistum Eichstätt tatsächlich verloren? Das steht noch nicht fest, aber nach Angaben der Staatsanwaltschaft München II könnte der mutmaßlich entstandene Schaden deutlich niedriger sein als zunächst angenommen.
Wie die Strafverfolgungsbehörde auf Anfrage mitteilte, gehen die Ermittler „derzeit nur noch von einem gesicherten Vermögensschaden von mindestens rund einer Million US-Dollar“ aus. Anfang Februar, bei Bekanntwerden der Affäre, war dieser vom Bistum Eichstätt zunächst auf rund 60 Millionen US-Dollar, umgerechnet 48,2 Millionen Euro, beziffert worden.
Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft in dieser Sache gegen den ehemaligen stellvertretenden Finanzdirektor des Bistums und eine „als Projektentwickler im Immobilienbereich tätige Person“. Ihnen werden Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr vorgeworfen. Es geht dabei um rund 30 in die USA vergebene fragwürdige Darlehen für Immobilienprojekte. Beide Beschuldigten hätten sich inzwischen „teilgeständig eingelassen“, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft weiter. Sie sitzen noch in Untersuchungshaft.
Wie kommt es zu der Neubewertung?
Wie kommt es zu dieser Neubewertung der Ermittler? Eine Behördensprecherin teilt mit, dass wegen der „zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse sowie nicht zuletzt aufgrund der inzwischen tatsächlich erfolgten Darlehensrückzahlungen diese ursprüngliche, sehr negative Bewertung der Darlehensrückzahlungsansprüche nunmehr erheblich in Frage gestellt“ sei.
Zu Beginn der Ermittlungen sei man – auf Grundlage des damaligen Kenntnisstandes – davon ausgegangen, dass die „Rückzahlungsansprüche mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durchzusetzen“ wären. Auch wenn ein tatsächlich höherer Schaden nach wie vor nicht auszuschließen sei, sieht man das inzwischen offenbar anders. Weitere Angaben macht die die Staatsanwaltschaft im Augenblick allerdings nicht. Denn die Ermittlungen laufen.
Ulrich Ziegert, Anwalt des früheren stellvertretenden Finanzdirektors, will sich „derzeitig nicht zur Sache äußern“.
Bisher sollen rund fünf Millionen Dollar zurückgeflossen sein
Wie das Bistum Eichstätt mitteilt, könne man „etwaige sich in schwierigen Ermittlungsverfahren wandelnde strafrechtliche Zwischeneinschätzungen der Ermittlungsbehörden“ nicht kommentieren. Bisher seien zwar insgesamt rund fünf Millionen Dollar zurückgeflossen. Dennoch belaufe sich die „Gesamtsumme der ausstehenden Darlehen, bei denen unklar ist, ob beziehungsweise in welchem Umfang sie zurückgezahlt werden können, auf 55,15 Millionen Dollar. Eine „seriöse Schätzung“, wie hoch der Schaden am Ende sein werde, sei „aus heutiger Sicht“ nicht möglich. „Bei Berücksichtigung sämtlicher bislang bekannt gewordener Parameter dürfte jedoch ein Schaden im zweistelligen Millionenbereich realistisch sein.“ Die Anfang Februar beantragte Akteneinsicht sei bislang noch nicht gewährt worden.
Der Eichstätter Finanzskandal wurde im Februar diesen Jahres bekannt und beschäftigt seither das Bistum sehr. Im Zuge der für alle deutschen Bistümer eingeleiteten „Transparenzoffensive“, die die Finanzstrukturen durchschaubarer machen und nach handelsrechtlichen Grundlagen darstellen soll, waren vom Bistum Eichstätt beauftragten Wirtschaftsprüfern im Mai 2016 Fragen gekommen. Nach Darstellung der Diözese wurde in der Folge weiter nachgeforscht, und als im Mai 2017 ein fälliger Kredit nicht zurückgezahlte wurde, beauftragte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke eine Münchner Anwaltskanzlei damit, Anzeige zu erstatten. Anfang Februar diesen Jahres informierte das Bistum die Öffentlichkeit. Vom stellvertretenden Finanzdirektor hat man sich bereits im September 2016 getrennt.
Im April nun hat der neue Finanzdirektor Florian Bohn seinen Dienst angetreten. Er wird Ende Juni erstmals die – dann gemäß des Handelsgesetzbuches bilanzierten – Finanzen des Bistums präsentieren. Der 39-jährige Betriebswirt ist direkt dem Bischof unterstellt. Auch in weiteren Bereichen setzt das Bistum nun verstärkt auf externe Fachleute. Einer der entscheidenden Punkte bei der inzwischen erfolgten Umstrukturierung in der Verwaltung soll die klare Trennung von operativem Geschäft und Kontrolle sein. So gehören künftig keine Domkapitulare ohne Leitungsfunktion mehr der Ordinariatskonferenz an, sondern im Wesentlichen nur noch Hauptabteilungsleiter. Diese neuen Strukturen, heißt es im Amtsblatt des Bistums, seien allerdings unabhängig vom Finanzskandal umgesetzt worden.