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Sachverständiger klärt auf: Allgäuer Pisten: Immer mehr schwere Skiunfälle

Sachverständiger klärt auf

Allgäuer Pisten: Immer mehr schwere Skiunfälle

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    Immer wieder kommt es beim Skifahren zu schweren Unfällen. Archivbild: Bergwacht
    Immer wieder kommt es beim Skifahren zu schweren Unfällen. Archivbild: Bergwacht

    Oberstdorf (ddp). Die bayerische Polizei ist besorgt über steigende Zahlen von Kollisionen auf den Skipisten im Freistaat. Während die Gesamtzahl der Unfälle insgesamt stagniere oder sogar sinke, nähmen die Zusammenstöße seit Jahren zu, sagt der Alpinbeauftragte der bayerischen

    Wiesent, der Bayerns einziger öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Skiunfälle ist, widerspricht zugleich Angaben des Deutschen Skiverbands (DSV), der in seiner Statistik aus der Saison 2006/07 die niedrigste Zahl der Kollisionsunfälle seit 1979/80 ausweist.

    Das Risiko, in einen Zusammenstoß verwickelt zu werden, steigt nach Ansicht von Wiesent vor allem durch das veränderte Fahrverhalten der Wintersportler permanent an: "Früher wedelte man einen Hang mehr oder weniger in der Falllinie hinunter. Mit Carving-Ski oder dem Snowboard werden die Pisten immer häufiger gequert. Das ist der Knackpunkt."

    Der Leiter der Alpinen Einsatzgruppe des Polizeipräsidiums Süd/West, Willi Fink, führt die höheren Zahlen auch auf ein verändertes Anzeigeverhalten zurück. "Wegen der Versicherung oder möglicher Schadenersatzansprüche wird nach Unfällen auf der Piste immer häufiger die Polizei gerufen", erklärt der Oberstdorfer. Fremdverschulden werde nicht mehr einfach hingenommen.

    Im vergangenen Jahr bearbeitete seine Gruppe speziell geschulter Beamter in den Allgäuer Alpen 16 tödliche Unfälle, davon drei Skiunfälle und ein Lawinenunglück. Hinzu kamen 31 Skiunfälle mit zum Teil schweren Verletzungen. Bayernweit gibt es sechs solche Alpinen Einsatzgruppen zwischen Berchtesgaden und Oberstaufen. Die Beamten müssen den besonderen Herausforderungen im Gebirge auch nachts gewachsen sein, um beispielsweise bei einem Absturz die äußeren Umstände dokumentieren zu können.

    Sechs von ihnen sind ausgebildete Bergführer. In enger Zusammenarbeit mit der Bergwacht sind sie auch für die Bergung von Todesopfern zuständig. Zudem wird von ihnen eine besondere Rechtskenntnis verlangt bei der Bewertung von schuldhaftem Verhalten etwa eines Bergführers oder eines Pistenbetreibers, dem die Verkehrssicherungspflicht obliegt.

    Bei einem Skiunfall würden routinemäßig auch der Zustand der Pisten, die Beschilderung und die Absperrungen in die Ermittlungen einbezogen, erklärt Fink. Aber den Liftbetreibern, so seine Erfahrung seit Einführung der Alpinen Einsatzgruppe 1986, sei in den allerwenigsten Fällen ein Mitverschulden anzulasten.

    Das Tragen von Schutzhelmen oder Protektoren macht für Wiesent heute "mehr Sinn als je zuvor" - und zwar ohne jede Altersbeschränkung. Während bei den Kindern schon mehr als die Hälfte einen Helm tragen, waren es unter den Erwachsenen zuletzt deutlich unter 30 Prozent. "Da spielt die Eitelkeit wohl eine Rolle", meint Wiesent, der auch an der Polizeischule in Ainring bei Freilassing lehrt.

    Er begrüßt die öffentliche Diskussion, die seit dem Skiunfall von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) über eine Helmpflicht entbrannt ist: "Ob eine gesetzliche Vorgabe sein muss, sei dahingestellt." Wenn der aktuelle Verkaufsboom in den Sportgeschäften auch auf den Pisten ankomme, werde die Quote in Kürze ohnehin deutlich ansteigen.

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