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Rückkauf gescheitert: Chaos bei Müller-Brot

Rückkauf gescheitert

Chaos bei Müller-Brot

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    Der Münchner Bäcker Franz Höflinger hat Hoffnung auf die Übernahme der insolventen Müller-Brot-Kette.
    Der Münchner Bäcker Franz Höflinger hat Hoffnung auf die Übernahme der insolventen Müller-Brot-Kette.

    Die Botschaft des Insolvenzverwalters von der Rettung der Großbäckerei Müller-Brot war so überraschend wie voreilig gewesen. Nach einem Sturm der Entrüstung strich der vermeintliche Retter Klaus Ostendorf am Dienstag die Segel. Gläubiger und Mitarbeiter stehen jetzt vor einem Scherbenhaufen.

    Die Verhandlungen mit Ostendorf seien "endgültig und definitiv gescheitert", ließ Insolvenzverwalter Hubert Ampferl am Dienstagabend mitteilen. Da war der Münchner Bäckermeister Franz Höflinger schon auf dem Weg zu ihm, um zu retten, was noch zu retten ist. Zusammen mit der Tochter des Müller-Brot-Gründers, Evi Müller, will er die Traditionsfirma übernehmen.

    Dass der Gläubigerausschuss sein Gebot am vergangenen Donnerstag erst abgelehnt und ausgerechnet Ostendorf den Zuschlag gegeben hatte, war einhellig auf Kritik gestoßen. Denn unter der Leitung von Ostendorf und Geschäftsführer Stefan Huhn hatte es jahrelang so massive Hygienemängel gegeben, dass die Lebensmittelaufsicht des Landkreises Freising die Brotfabrik in Neufahrn am 30. Januar vorerst stilllegte. Zwei Wochen später meldeten sie Insolvenz an - und tauchten plötzlich mit einem Kaufangebot auf, um die inzwischen gereinigte Fabrik mit nur noch 400 statt 1100 Mitarbeitern wieder zu übernehmen.

    "Ostendorf und Huhn, die in den vergangenen Jahren Verbraucher und Behörden an der Nase herumgeführt haben, führen jetzt den Insolvenzverwalter Ampferl regelrecht vor", sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten, Hans Hartl. "Wir haben es der Commerzbank, den aus meiner Sicht unseriösen Geschäftsleuten Ostendorf und Huhn und dem offenkundig unfähigen Insolvenzverwalter Hubert Ampferl zu verdanken, dass trotz hochtrabender Ankündigungen immer noch keine Verträge unterzeichnet sind", sagte Hartl.

    Die Commerzbank habe dafür gesorgt, dass Ostendorfs Angebot im Gläubigerausschuss das Rennen gemacht habe, hieß es aus gut informierten Kreisen. Warum Insolvenzverwalter Ampferl es aber überhaupt dahin kommen lassen konnte, erscheint auch Experten rätselhaft.

    Auch wenn Ostendorf vier Millionen Euro mehr geboten habe als Höflinger und Evi Müller, so seien angesichts der Kritik von Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit größte Zweifel an einer nachhaltigen Lösung angebracht gewesen. Warum hatte Ampferl nicht mit dem anderen Bieter über einen Nachschlag im Falle eines erfolgreichen Neustarts verhandelt?

    Ostendorf dagegen bekam an allen Fronten nur Gegenwind. Die Produktion stand, zwei Abnahmetermine zur Wiederaufnahme der Produktion scheiterten, Vermieter und Pächter von Filialen wandten sich ab, Lieferanten zeigten dem Vernehmen nach die kalte Schulter, und die Konsumenten kauften vermehrt bei anderen Bäckereien ein. Angeblich sind auch Mietzahlungen offen.

    Aber auch Ostendorf gab nur dem Insolvenzverwalter die Schuld. Leider habe Ampferl die Verhandlungen "immer wieder mit neuen und zum Teil schon geklärten Punkten belastet". Ostendorfs Sprecher erklärte, Ostendorf habe dem Insolvenzverwalter und dem Gläubigerausschuss nur ein vorläufiges Angebot, kein rechtlich bindendes Angebot vorgelegt. Erst danach sei über die Details des Kaufvertrags verhandelt worden. "Das ist etwas ungewöhnlich", sagte der Sprecher. Warum Ampferl das so gemacht habe, könne nur Ampferl sagen. Der Insolvenzverwalter gab den Schwarzen Peter zurück: Ostendorf habe die Zusagen aus dem Angebot plötzlich nicht mehr einhalten wollen, erklärte Ampferl.

    Hygiene-Mängel: So werden Lebensmittel überwacht

    Die staatliche Lebensmittelüberwachung soll sicherstellen, dass Lebensmittelhersteller die Vorgaben auch einhalten und Verstöße unterbinden.

    In Bayern überwachen die Landratsämter und Städte laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelüberwachung rund 200.000 Betriebe.

    Betriebskontrollen würden grundsätzlich ohne Vorankündigung durchgeführt.

    Wie oft und wie genau die Kontrolleure prüfen, hängt vom Risiko ab: Wer leicht verderbliche oder Babynahrung anbietet oder schon negativ aufgefallen ist, wird häufiger unter die Lupe genommen.

    Dazu kommen Überwachungsprogramme der EU und des Bundes, saisonal wechselnde Schwerpunkte und Kontrollen nach Verbraucherbeschwerden.

    Die Kontrolleure besichtigen Betriebe, nehmen Proben und prüfen die Unterlagen.

    Bei fahrlässigen Verstößen gibt es eine Verwarnung oder Geldbußen, bei schweren Fällen drohen Geldstrafen, Haft und Betriebsschließung.

    Das Unternehmen kann auch zum Rückruf eines Produkts und zur öffentlichen Warnung in den Medien verpflichtet werden.

    Von den 64 054 Lebensmittelproben, die das Landesamt im Jahr 2010 untersuchte, waren 7085 oder 11 Prozent beanstandet worden - davon 309 wegen gesundheitlicher Risiken.

    Dabei ging es in 217 Fällen um Fleisch.

    Mit Eierwürfen hatte die Belegschaft auf die Nachricht vom Zuschlag für Ostendorf reagiert, und die Gewerkschaft hatte den verpassten Neustart mit Höflinger und Evi Müller beklagt, die Müller-Brot bis 2003 geführt hatte. Am Dienstagabend traf sich der düpierte Insolvenzverwalter mit Höflinger. Aber "der Gläubigerausschuss müsste rasch entscheiden, sonst ist alles kaputt", sagte der Bäcker über die neuen Verhandlungen. dpa

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