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Rolf Bossi tot: Star-Anwalt Rolf Bossi stirbt mit 92 Jahren

Rolf Bossi tot

Star-Anwalt Rolf Bossi stirbt mit 92 Jahren

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    Rolf Bossi mit einem seiner Bücher (Archiv). Der Star-Anwalt starb jetzt im alter von 92 Jahren.
    Rolf Bossi mit einem seiner Bücher (Archiv). Der Star-Anwalt starb jetzt im alter von 92 Jahren. Foto: Archiv

    Über Rolf Bossi gibt es viele Geschichten. Eine der besten ist die: Im Jahr 2003 wollte er einen Freibrief fürs Schnellfahren erstreiten. Er fahre mehr als 100 000 Kilometer im Jahr, Fahrfehler seien da nicht auszuschließen. Und überhaupt: Als "Fossil der Strafrechtspflege" besitze er "Einmaligkeitscharakter", meinte der Star-Anwalt.

    Bossi wurde damals scharf eingebremst. Die Richterin sagte damals, er habe sich ebenso an die Verkehrsregeln zu halten wie jede Hausfrau.

    Jetzt ist Rolf Bossi nach Informationen des "Spiegel" gestorben. Die Bilanz seines beruflichen Schaffens ist zwiespältig. Ein halbes Jahrhundert lang hat der gebürtige Karlsruher Bossi in den Gerichtssälen der Republik Furore gemacht, hat viele Prominente verteidigt. So wurde der Anwalt selbst zum Star. Er verteidigte die Schauspielerin Ingrid van Bergen, die ihren Geliebten erschossen hatte. Er vertrat Romy Schneider bei ihrer Scheidung und Vico Torriani in einem Vaterschaftsprozess. Auch für Roberto Blanco, Hardy Krüger und den Jazzmusiker Chet Baker stieg er vor Gericht in den Ring.

    Bossi vertrat aber auch eine ganze Reihe von Schwerkriminellen: darunter den Kindermörder Jürgen Bartsch, den Oetker-Entführer Dieter Zlof und den Gladbeck-Entführer

    Der Münchner Jurist brachte die Psychologie in die deutschen Gerichtssäle: Er schaffte das Bewusstsein, dass manche Menschen krank sind und die Strafgerichte das in ihren Urteilen berücksichtigen müssen. Bossi beeindruckte mit leidenschaftlichen Plädoyers und genauester Rechtskenntnis.

    In seinen letzten aktiven Jahren befremdete er allerdings mit merkwürdigen Auftritten. Aus dem Staranwalt wurde immer öfter ein Starangeklagter - auch in der Region. Das Amtsgericht Augsburg verurteilte ihn 2006 wegen übler Nachrede zu 12 000 Euro Geldstrafe: Bossi hatte drei Berufsrichtern des Landgerichts Augsburg "üble Justizkumpanei" vorgeworfen, weil sie einen Befangenheitsantrag gegen den Landgerichtsarzt abgelehnt hatten.

    In Ingolstadt fiel Rolf Bossi aus der Rolle

    In Ingolstadt fiel er völlig aus der Rolle: Er beleidigte das Opfer einer Vergewaltigung als eine "schäbige, eine kriminelle Drecksperson von nicht zu übertreffender Charakterlosigkeit". Eine Verteidigungsstrategie, die ohne Erfolg blieb. Die Nebenklägerin erstattete Anzeige, Bossi wurde zu einer Geldstrafe von 24 000 Euro verurteilt.

    Solche Ausfälle sind wohl nur damit zu erklären, dass sich Bossi immer bedingungslos und leidenschaftlich für einen Fall einsetzt. Doch diese Stärke ist auch seine Schwäche: Immer wieder scheint er sämtliche Hemmungen zu verlieren. Die Augsburger Staatsanwältin Angela Reuber forderte daher schon vor knapp zwei Jahren, dass Bossi die Anwaltszulassung entzogen werden solle. "Wie kommt er dazu, Gottvater gleich über allem zu schweben?", fragte sie.

    Zuletzt gab es dezente Hinweise, dass sich bei Rolf Bossi eine gewisse Altersmilde einstellt. In seiner Autobiografie "Hier stehe ich" stellte er sich selbstkritisch dar, was langjährige Beobachter durchaus als überraschend einstuften. Bossi räumte Fehler im Privatleben ein im Umgang mit seiner Tochter Marion, die lange Jahre drogenabhängig war und 2006 an Krebs starb. Und er beschrieb, wie er im Alter den Glauben entdeckte: "Es muss eine übergeordnete geistige Macht geben, die wir nur als Gott verstehen können", sagt er. Ein Mann suchte den Frieden.

    Ruhe gab er nicht. Bossi eilte weiter von Termin zu Termin - und verkaufte sich immer mehr als Anwalt der kleinen Leute. Er, der sein Leben gänzlich dem Anwaltsberuf widmete, wollte "im Sattel sterben", wie er sagte.

    Das aber schaffte er nicht mehr. Zuletzt war Rolf Bossi krank, zog sich aus der Öffentlichkeit zurück. "Rolf Bossi führt seit 01.01.2011 keine Mandate mehr", hieß es auf seiner Kanzlei-Webseite. hogs/bo

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