Der Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern (FW) schlägt aus den Städten und Gemeinden Bayerns eine Welle der Empörung entgegen. Viele Bürgermeister sehen sich im Dauerstreit um die Straßenerschließungsbeiträge („Strebs“) nicht nur als Opfer eines „Schwarzer-Peter-Spiels“, sondern fühlen sich obendrein verunglimpft – von ihren eigenen Parteifreunden in München.
Einen finanziellen Ausgleich wie schon bei den "Strabs" soll es dabei aber nicht geben
Auslöser war eine Pressekonferenz im Landtag, bei der Abgeordnete von CSU und FW – wie berichtet – verkündet hatten, eine gesetzliche Regelung für Altfälle bei der Straßenerschließung gefunden zu haben. Danach soll es den Gemeinden freigestellt werden, ob sie den betroffenen Grundstückseigentümern die Beiträge für die Erschließung ihrer Straße erlassen oder nicht. Einen finanziellen Ausgleich wie zuvor schon bei den Straßenausbaubeiträgen („Strabs“) soll es dabei aber nicht geben.
Als erster reagierte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU): „Damit gibt die Politik den Gemeinden und Städten Steine statt Brot. Offensichtlich getrieben von Ängsten vor der anstehenden Kommunalwahl planen Freie Wähler und CSU eine politische Pirouette, um sich bei den Wählerinnen und Wählern lieb Kind zu machen.“ Brandl, wohlgemerkt selbst Mitglied der CSU, nannte das Vorgehen „eine ganz fiese Tour von Freien Wählern und CSU“.
Besonders hart geht es im Streit um die Kosten für den Straßenbau in Kaufbeuren zur Sache
Nun legt auch noch der Bayerische Städtetag nach. Geschäftsführer Bernd Buckenhofer spricht von einem „durchsichtigen Versuch“ von CSU und FW, „vermeintliche Wohltaten“ zu verkünden, deren Finanzierung aber den Kommunen zugeschoben werde. „Damit kommen zwar einzelne Grundstücksbesitzer in den Genuss günstiger Straßen – zahlen muss dafür die Allgemeinheit aller Steuerzahler.“ Wenn die Vertreter der beiden Fraktionen dann auch noch behaupten, die Kommunen hätten bei der Abrechnung von Straßenerschließungen selbst für Unsicherheit gesorgt, gehe dies an der Sache völlig vorbei. Buckenhofer: „Verursacht wurde diese nun beklagte Verunsicherung von der Landespolitik selbst, die in den letzten Jahren Erwartungen von Bürgern auf Kostenfreiheit im Straßenbau geweckt hat, ohne aber einen Weg für eine tragfähige Finanzierung zu weisen. Dieses Schwarzer-Peter-Spiel empfinden Kommunalpolitiker, die in der täglichen Verantwortung stehen, als kommunalfeindliche Brüskierung.“
„Das ist nicht der Umgang, den ich in unserer Partei mit kommunalpolitisch Verantwortlichen gewohnt war.“
Besonders hart geht es im Streit um die Kosten für den Straßenbau in Kaufbeuren zur Sache. Als Kontrahenten stehen sich dort der Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl (FW) und Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) gegenüber. Pohl hält Bosse vor, er habe „voreilig und mit Hochdruck Straßen fertiggestellt“, um sie vor dem Stichtag 2021 abrechnen zu können. Bosse fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt: „Man stellt die Bürgermeister als diejenigen hin, die völlig ohne Not die Bürger belastet hätten.“ Tatsächlich aber habe der Gesetzgeber mit einer Stichtagsregelung aus dem Jahr 2016 erst dazu gezwungen, Altfälle bis zum Jahr 2021 abzurechnen. Das erst habe die betroffenen Bürger auf die Barrikaden getrieben, sagt Bosse.
Der Ärger des Kaufbeurer Oberbürgermeisters gilt aber auch seiner eigenen Partei. „Es ist unglaublich, was da in kürzester Zeit an Porzellan zerschlagen wurde“, sagt Bosse und kritisiert insbesondere die CSU-Fraktion im Landtag: „Das ist nicht der Umgang, den ich in unserer Partei mit kommunalpolitisch Verantwortlichen gewohnt war.“