Am Freitag um 17.28 Uhr fiel der Startschuss für den Abtransport des schwer verletzten Höhlenforschers Johann Westhauser. Zuvor hatte der 52-Jährige aus dem Raum Stuttgart fest verpackt in einer speziellen Bergtrage auf dem Weg zur vierten Raststation in der Riesending-Schachthöhle bei Berchtesgaden gewartet.
Der Zustand des Höhlenforschers sei weiterhin unverändert, teilte Neurochirurg Michael Petermeyer am Freitagnachmittag mit. „Er ist aber noch lange nicht über den Berg“, so der Arzt. Sollten auf dem Weg ans Tageslicht Komplikationen wie eine Hirnblutung auftreten, liege für den Ernstfall am Höhleneingang ein Bohrer bereit, mit dem der Schädel angebohrt werden könnte.
Wie für die Helfer wird auch für Westhauser der Transport nach oben schwierig. „Der Verletzte kann auch aus der Trage genommen werden, um mit seiner Hilfe durch Engstellen zu gelangen“, erklärte Stefan Schneider, stellvertretender Chef der Bergwacht Bayern. Zwar sei auch das Sprengen solcher Engstellen ein Thema. Spezialisten seien vor Ort. „Es gibt aber keinen Hinweis, dass in der Höhle gesprengt werden muss“, so Schneider.
Ein Münchner Arzt hat sich in die Höhle gewagt
Das ist die Riesending-Höhle
Die Riesending-Schachthöhle auf dem Untersberg in den Berchtesgadener Alpen ist die tiefste und längste Höhle Deutschlands.
Das gigantische Gangsystem umfasst eine Länge von 19,2 Kilometern und ist 1148 Meter tief (Stand: Januar 2014).
Die Höhle liegt sechs Kilometer nördlich von Berchtesgaden, direkt an der Grenze zu Österreich.
«Was ist denn das für ein Riesending?», lautete ein Ausspruch bei der Entdeckung des Eingangstrichters der Höhle, wie die Arbeitsgemeinschaft für Höhlenforschung Bad Cannstatt im Internet schreibt - daher der Name.
Die Bergwacht Bayern bezeichnet das Ausmaß der Höhle als extrem: Bereits die ersten Schächte können nur begangen werden, indem man sich an einem Seil bis zu 300 Meter hinablässt.
Auch auf dem weiteren Weg ist es immer wieder nötig, sich abzuseilen. Noch dazu gibt es Engstellen, durch die nur schlanke Personen knapp hindurchpassen.
Durch Steinschlag und Wasser besteht für Menschen eine erhebliche Gefährdung in den Schächten.
Der Eingangsschacht wurde bereits 1995 entdeckt, blieb zunächst aber nahezu unbeachtet.
Erst von 2002 an begannen Forscher, den Schacht nach und nach zu erkunden. Die Erforschung der Höhle ist mühsam, da der Gangverlauf immer wieder durch Schluchten unterbrochen wird.
Um den italienischen Arzt, der seit Mittwochnacht beim Verletzten war, zu entlasten, hat sich ein Münchener Arzt in die Höhle gewagt. Der italienische Arzt sei bereits wieder auf dem Weg nach draußen, hieß es. Außerdem soll ein weiterer Mediziner aus Italien die Bergungsarbeit unterstützen. Insgesamt acht Rettungsteams sind derzeit im weitverzweigten Höhlensystem unterwegs. Sie tauschen Seile aus, die durch die starke Beanspruchung beschädigt wurden. Zudem werden Lebensmittel zu den Biwaks geschafft. Einige der Helfer sind damit beschäftigt, eine Telefonleitung bis zum Unfallort auszubauen.
Das Wetter spielte gestern allerdings nicht mit. In der Früh behinderte eine Wolkendecke den Hubschraubertransport. Am Nachmittag folgten kurze, aber starke Regenschauer. „Es könnte dann zu einem erhöhten Wasserfluss in der Höhle kommen“, sagte Schneider. Eine Gefährdung der Rettungskräfte bestehe indes nicht.
Wie lange es nun dauert, bis der verletzte Westhauser wieder an der Oberfläche ist, konnte auch Schneider nur schätzen. Da die Retter aber allein für den Transport der leeren Trage einen Tag gebraucht haben, sei mindestens mit dem Vierfachen an Zeit zu rechnen, sagte er.