Mitarbeiter der Bergwacht bereiten weiter den Transport des schwer verletzten Forschers Johann Westhauser aus der Riesending-Schachthöhle bei Berchtesgaden vor. Vermutlich am Freitagabend soll dann die Rettungsaktion beginnen, berichtet unsere Kollegin Jessica Gsell von vor Ort. Die Einsatzkräfte arbeiteten noch immer daran, den Weg in der Höhle mit Seilzügen zu sichern und Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
Am Donnerstagvormittag waren sechs internationale Rettungsteams mit jeweils vier Mitgliedern in die Höhle eingestiegen. Eine Gruppe schaffte weitere Medikamente zum Verunglückten. Diese sollen vor allem Schwellungen oder innere Blutungen verhindern, erklärte der Stuttgarter Neurochirurg Michael Petermeyer, der in ständigem Kontakt mit den beiden Ärzten in der Riesending-Schachthöhle steht.
Zustand von Höhlenforscher Johann Westhauser bessert sich
Der Zustand von Westhauser, sowohl psychisch als auch körperlich, sei weiterhin stabil. Der 52-Jährige aus dem Raum Stuttgart hatte an Pfingstsonntag bei einer Expedition in die tiefste Höhle Deutschlands bei Berchtesgaden nach einem Steinschlag ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten.
In einem solchen Fall sollte eigentlich der Kopf des Patienten möglichst ruhig gehalten werden. „Ganz ohne Erschütterung wird es aber nicht gehen“, erklärte Petermeyer. „Es wird so sein, dass er für gewisse Passagen die Trage verlassen muss, sodass er mit eigener Hilfe durch bestimmte Stellen hindurchmanövriert wird“, beschrieb der Neurochirurg weiter.
Eine spezielle Trage, in der der Kopf des Patienten fixiert ist und die auch aufrecht nach oben gezogen werden kann, ist inzwischen bei Westhauser angekommen. „Dennoch ist der Transport nicht ganz unkritisch“, sagte Petermeyer. Und das scheint noch untertrieben.
Zahlreiche senkrechte Schächte in der Riesending-Höhle
Der Rettungstransport wird extrem schwierig. Denn in der Höhle gibt es senkrechte Schächte von teils 180 Metern Höhe. Gesunde Kletterer steigen hier am Seil mit einer sogenannten Steigklemme auf. Da dies für den verletzten Höhlenexperten Johann Westhauser zu anstrengend wäre, wird er – an mehreren Seilen befestigt – mit der Spezialtrage von Helfern nach oben gezogen. Je nach den Raumverhältnissen müssen die Retter unter Umständen auch mit einem Flaschenzug arbeiten.
Derzeit sind rund 30 Höhlenretter in den Schächten unterwegs. Sie sichern weiter die Wege, indem sie Fußtritte aus Metallstiften bauen, Haken bohren und Seile ziehen. Das geschieht nicht ohne Grund. Denn glitschige Stellen werden zunehmend zum Problem, da die vielen Helfer Schlamm in der Höhle verteilt haben.
Außerdem bringen sie Material hinunter, darunter Zelte, Nahrungsmittel und Seile. Geordert wird das alles von der Jäger-Kaserne, die im Bischofswiesener Ortsteil Strub liegt. Von hier aus bringen Helikopter das benötigte Material. Seit kurzem gibt es nun auch einen Landeplatz direkt an der Schlucht. Ziel ist es, die fünf Rastplätze in der Höhle so aufzurüsten, dass von dort aus der Abtransport effizient erfolgen kann, erklärt Andreas Wolf, der den gesamten Einsatz leitet.
So soll der Höhlenforscher ans Tageslicht geholt werden
Zunächst war geplant, dass der Rettungstrupp mit dem Patienten erst einmal am ersten Rastplatz Biwak 5, der nicht weit vom Unfallort entfernt ist, ankommt. Von dort aus sollte dann pro Tag eine weitere Station erreicht werden. Doch bereits gestern Abend änderte sich diese Planung. Man versucht nun, in einem Aufwasch direkt zu Biwak 4 zu gelangen, erklärt Benno Hansbauer von der bayerischen Bergwacht. Grund dafür: Der Unfallort, an dem sich Westhauser momentan noch befindet, sei sehr sicher. Anders als der erste Rastplatz.
Dieser habe „eine Schräglage und damit keine günstigen Verhältnisse“, erklärt Hansbauer. Deshalb sind die Rettungsteams dabei, diesen Streckenbereich vollkommen abzusichern. Mit einem Transport-Start in den kommenden Stunden sei nicht zu rechnen, so Hansbauer. Zeit spiele hier aber sowieso keine Rolle, macht Stefan Schneider noch einmal deutlich. „Allein dass er transportfähig ist, ist ein Riesenschritt.“ Man müsse jetzt ruhig, vernünftig und mit Hirn an die Sache herangehen.
Riesending-Schachthöhle: Rettungsaktion ist beispiellos
Den Höhlenrettern verlangt diese beispiellose Aktion alles ab. Im Augenblick sind die Erfahrensten aus Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz im Höhlensystem unterwegs. Allein der Abstieg in die Riesending-Schachthöhle fordert von trainierten und gesunden Höhlenkletterern das Äußerste. Die Teams sollen permanent ausgewechselt werden.