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Regierungserklärung: Seehofer warnt Merkel vor einem "grandiosen Scheitern"

Regierungserklärung

Seehofer warnt Merkel vor einem "grandiosen Scheitern"

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    Seehofer kritisiert in seiner Regierungserklärung den Kurs des Bundes in der Flüchtlingskrise scharf.
    Seehofer kritisiert in seiner Regierungserklärung den Kurs des Bundes in der Flüchtlingskrise scharf. Foto: Andreas Gebert (dpa)

    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem "grandiosen Scheitern" in der Flüchtlingspolitik gewarnt, sollte sie nicht für eine Begrenzung der Zuwanderung sorgen. In einer Regierungserklärung im Landtag forderte der CSU-Chef am Donnerstag ein klares Stopp-Signal Merkels an die Weltöffentlichkeit, dass Deutschlands Aufnahmekapazitäten begrenzt seien. 

    Zudem verlangte er eine Rückkehr zu den sogenannten Dublin-Regeln. Flüchtlinge, die aus einem anderen EU-Land einreisen, sollten demnach wieder an den Grenzen abgewiesen und zurückgeschickt werden. Seehofer erneuerte auch die CSU-Forderung nach europaweiten Kontingenten - also Obergrenzen - auch für Bürgerkriegsflüchtlinge.

    "Ohne Begrenzung der Zuwanderung werden wir als staatliche Gemeinschaft in Deutschland und Europa grandios scheitern", sagte Seehofer. Seit September seien fast 300 000 Flüchtlinge in Bayern angekommen. Wenn die Politik dem keine Grenzen setze, würden die Menschen der Politik Grenzen setzen - "durch Entzug des Vertrauens".

    Seehofer: Wir brauchen jetzt Taten

    "Was die Menschen jetzt brauchen, sind Taten", sagte Seehofer. Statt Ortsbesichtigungen, schlauer Sprüche oder "warmer Worte" brauche man jetzt einen klugen Kompass und klares Handeln. "Dazu gehört zuallererst die politische Äußerung für die Weltöffentlichkeit, dass auch für ein reiches Land wie Deutschland Grenzen der Zuwanderung bestehen und wir nicht alles bei uns aufnehmen können, was zu uns kommt." Ohne Begrenzung der Zuwanderung werde man die Integration der Flüchtlinge nicht schaffen, sagte Seehofer. Und: "Ohne Begrenzung der Zuwanderung werden wir unabsehbare Sicherheitsprobleme bekommen."

    Auf einen offenen Bruch mit Merkel oder ein Scheitern der großen Koalition in Berlin will Seehofer es aber nicht ankommen lassen: "Ich will ja nicht, dass hier irgendetwas bricht oder zerreißt", sagte der CSU-Chef nach der Debatte.

    Seehofer machte auch deutlich, dass er selbst nicht mehr bereit ist, die politische Verantwortung für drohende Engpässe und Probleme bei der Flüchtlingsunterbringung zu übernehmen. "Für die Zuwanderung und ihre Grundlagen ist alleine der Bund zuständig", sagte er. "Und wenn der Bund nicht handelt, wir aber vor Ort die realen Auswirkungen haben, dann trägt der Bund für alle Komplikationen der Gegenwart und Zukunft die politische Verantwortung." Der Bund müsse endlich auf die vielen Signale hören, die vor allem aus der Kommunalpolitik kämen.

    SPD und Grüne warfen Seehofer CSU Alarmismus und Stimmungsmache vor. "Er hat Tatkraft simuliert und Scheinlösungen präsentiert", sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher über Seehofers Kurs. "Es geht dem Ministerpräsidenten um öffentlichen Alarmismus und Stimmungsmache gegen die Kanzlerin." Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause kritisierte, aus Seehofers Drohungen spreche "pure Hilflosigkeit". "Mit Ihrer Panikpolitik stärken Sie allenfalls Pegida", sagte sie.

    Rinderspacher plädierte allerdings ebenfalls für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen, wenn auch in verklausulierter Formulierung: Man müsse die Zuwanderung in geordnete Bahnen bringen und die Zahlen "perspektivisch verringern", sagte der SPD-Politiker. Bause dagegen betonte: "Humanität und Menschlichkeit kennen keine Obergrenze."

    "Wenn Sie Ehekrach haben, dann lassen Sie sich scheiden"

    Die Freien Wähler forderten Seehofer und die CSU auf, die Koalition in Berlin notfalls aufzukündigen. "Wenn Sie Ehekrach haben, dann lassen Sie sich scheiden", sagte Fraktionschef Hubert Aiwanger. "Zeigen Sie Ihrer Frau Merkel noch mal, wo der Hammer hängt."

    Seehofer hatte sich am Mittwochabend mit Landräten und Bürgermeistern aus grenznahen Kommunen getroffen - die ihn vor einem Kollaps warnten. "Sie sind an der Grenze der Belastbarkeit", berichtete Seehofer. "Sie erkennen weder Ziel noch einen Plan der Bundesregierung."

    Neben einer Begrenzung der Zuwanderung plädierte Seehofer für eine bestmögliche Integration bleibeberechtigter Flüchtlinge. "Das ist eine zutiefst humane Aufgabe", sagte er - und Integration gelinge in Bayern auch. "Bei dem Teil sage ich auch: Wir schaffen es. Aber nur bei dem Teil", sagte er. 

    Ein großes Integrationspaket der Staatsregierung sieht unter anderem vor, dass allein im kommenden Jahr 3700 neue Stellen in Verwaltung, Justiz, Schulen und bei der Polizei geschaffen werden. Um dies zu finanzieren und die Zusatzausgaben zu stemmen, werden im Jahr 2016 1,25 Milliarden Euro aus der Rücklage des Freistaats entnommen. "Bayern kann die enorme Herausforderung schultern, weil wir starke Schultern haben", sagte Finanzminister Markus Söder (CSU). Auf Dauer könne die Entwicklung aber nicht so weiter gehen. 

    Die SPD hält das Programm nicht für ausreichend, vor allem im Wohnungsbau. "Es ist nicht der wuchtige Aufschlag, den wir brauchen", sagte Fraktionsvize Volkmar Halbleib. Die Grünen warfen der CSU Scheinheiligkeit vor. Die CSU habe zusätzliches Geld für Unterbringung der Flüchtlinge und die Bearbeitung der Asylanträge jahrelang verweigert. "Wer war eigentlich Innenminister damals? Hans-Peter Friedrich von der CSU", sagte die Abgeordnete Claudia Stamm. So habe die CSU die derzeitigen Probleme selbst mitverursacht. dpa

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