Wie viele Jubilare mag Edmund Stoiber noch gar nicht so recht glauben, was ihm heute blüht: "Der Anlass 70. Geburtstag - man kann sich das selbst gar nicht richtig vorstellen", sagt er. Die große Feier am Mittwoch in München richtet nicht die CSU aus, sondern die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will ihre Aufwartung machen, auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso - ein alter Freund - hat sich angesagt.
Obwohl erst vier Jahre seit Stoibers Sturz vergangen sind, wirkt seine Regierungszeit heute wie graue Vorvergangenheit. 14 Jahre - von 1993 bis 2007 - war er bayerischer Ministerpräsident, 2002 bot ihm Merkel die Kanzlerkandidatur beim Wolfratshauser Frühstück an. 2005 ließ sie vor seinem geplanten Wechsel in ein Super-Ministerium nach Berlin Stoibers Wünsche ins Leere laufen, so dass er doch in Bayern blieb. Den EU-Kommissionsvorsitz schlug er aus.
Selbstbewusstsein, Begeisterung und Überzeugung
Das Stoiber-Gefühl der CSU hatte drei wesentliche Elemente: Unerschütterliches Selbstbewusstsein, Begeisterung für die eigene Sache und die tiefe Überzeugung, Recht zu haben. "Ich habe mich immer mit vollem Impetus, vollem Einsatz, voller Begeisterung in die Themen hineingekniet", sagt er. "Nur wer selbst begeistert ist von dem, was er macht, kann andere begeistern."
Ein wesentliches Element der Stoiber-Politik war immer, die Wähler stolz zu machen - ihnen jenen Stolz auf das Erreichte zu geben, den er selbst empfand. Die Opposition kritisierte und beklagte Mängel. Doch wer Stoiber wählte, gratulierte sich sozusagen selbst zur eigenen Leistung. "Das Motto Laptop und Lederhose, da musste ich nicht viel erklären", sagt der Oberbayer. "Die Modernisierung Bayerns hat auch die Leute in der Lederhose stolz gemacht."
Die Reden-Klassiker des Edmund Stoiber zum Problem-Bären, dem Transrapid, den Fußball-Brasilianern und der lodernden Glut zum Nachhören im rt1.-Audio-Stream.
Stoiber ist rastlos wie eh und je - als EU-Antibürokratie- Beauftragter, Verwaltungsrat beim FC Bayern und mit anderen Tätigkeiten. Sehr stolz ist er auf den ausgeglichenen Haushalt, den er den Nachfolgern hinterließ. Die Abkehr von der Neuverschuldung wirkt angesichts der heutigen Schuldenkrise geradezu prophetisch. Getrübt wird aus Sicht vieler Christsozialer die ansonsten golden glänzende Bilanz durch die Fast-Pleite der BayernLB.
Spott und Häme berührten ihn kaum
Starke Sprüche von Edmund Stoiber
«Wenn ich über die steuer- und erbrechtliche Anerkennung von homosexuellen Paaren diskutiere, kann ich gleich über Teufelsanbetung diskutieren.» (Stoiber über die Gleichstellung von Homosexuellen in einem dpa-Gespräch am 8. August 1991)
«Liberalität heißt doch nicht, für alles offen zu sein und alles zu tolerieren! Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht!» (Aus einer Rede zum Politischen Aschermittwoch in Passau, 8. März 2000)
«Ich will noch kein Glas Champagner öffnen.» (Am Abend der - knapp verlorenen - Bundestagswahl, 22. September 2002. Erst später wurde die Niederlage Stoibers deutlich.)
«Ich akzeptiere nicht, dass erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Es darf nicht sein, dass die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen.» (Bundestagswahlkampf in Argenbühl, 4. August 2005. Der zweite Satz bezog sich laut Stoiber auf die «politischen Versager» Gregor Gysi und Oskar Lafontaine.)
«Wenn es überall so wäre wie in Bayern, hätten wir überhaupt keine Probleme. Nur, meine Damen und Herren, wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern.» (Bei einem Wahlkampftermin in Schwandorf am 10. August 2005)
«Ich mache nicht nur leere Versprechungen, ich halte mich auch daran.» (Im Bundestagswahlkampf 2005)
«Die CSU steht wie ein Mann und wie eine Frau hinter Ihnen!» (Zu Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel am 2. September 2005)
«Es tut mir leid, dass ich mit meiner Entscheidung unsere Partei und Sie alle hier in eine schwierige Lage gebracht habe. [...] Ich leide selbst außerordentlich, ich leide wie ein Hund.» (Zum Verzicht auf ein Berliner Ministeramt am 14. November 2005)
«... nur noch kaputte Familien. Außer den Simpsons gibt es keine normale Familie mehr im TV.» (Im Mai 2006 beim Empfang von ehrenamtlichen Kirchenmitarbeitern)
«Edmund, der Dickschädel - das ist für mich eine Ehrenauszeichnung zur Verfolgung der bayerischen Interessen.» (Über die Verhandlungen zur Gesundheitsreform am 14. Oktober 2006)
«Wir haben einen Unterschied zwischen dem normal sich verhaltenden Bär, dem Schadbär und dem Problembär. Und es ist ganz klar, dass dieser Bär ein Problembär ist.» (Über den Braunbären Bruno, der 2006 die Wälder an der bayerisch- österreichischen Grenze unsicher machte)
Heute erweckt Stoiber den Eindruck, als habe er den inneren Frieden wiedergefunden. Der Jurist war ohnehin immer vergleichsweise unempfindlich gegen Kritik der Opposition und in den Medien. "Spott und Häme haben mich nie in dem Ausmaß berührt, denn ich hatte immer die Wähler hinter mir."
Die heutige CSU ist von 50 Prozent ebenso weit entfernt wie von der Selbstgewissheit der Stoiber-Jahre. Stoiber kritisiert die heutige Parteispitze unter Horst Seehofer nicht. Er lässt sie aber wissen, dass er im Grundsatz auch heute die absolute Mehrheit für möglich hält. Am Potenzial der CSU von bis zu 60 Prozent habe sich nichts geändert. "Das so gut wie möglich auszuschöpfen ist die Herausforderung, das muss die Gegenwart leisten. Die CSU hat meines Erachtens nach wie vor alle Chancen." dpa