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Punkrocker aus Dillingen: Die Killerpilze rechnen ab

Punkrocker aus Dillingen

Die Killerpilze rechnen ab

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    Die Killerpilze.
    Die Killerpilze.

    Der Blick wirkt triumphierend, wenn Jo Halbig das wichtigste Vorhaben mit elf Worten beschreibt: "Unser Ziel ist es, die größte Rockband in Deutschland zu sein", sagt er. Er sagt das mit Bestimmtheit, aber nicht so laut, dass die fein gekleidete Gesellschaft, die am Nebentisch auf ihr Abendessen wartet, aufschreckt.

    Die Bedienung kennt die drei Killerpilze, die sich in einem Dillinger Hotel getroffen haben, um zu erzählen, wie es um sie steht. Nach fast dreijähriger Album-Pause wollen sie viel aufholen - und senden ein kräftiges Lebenszeichen. Ab Donnerstag ist die neue Scheibe "Lautonom", die sie selbst herausgebracht haben, im Handel. Eine musikalische Weiterentwicklung und zugleich ein Bruch mit der Vergangenheit, wie schnell klar wird.

    In der kleinen silbernen CD "steckt zu 100 Prozent unser Herzblut drin", sagen die drei Jungs. "Das ist ganz und gar unser Baby." Sie sind ein finanzielles Wagnis eingegangen, um weiter auf großen Bühnen vorführen zu können, was ihnen am besten liegt: Musik, möglichst cool und - außer bei Balladen - möglichst kräftig.

    Vor gut einem Jahr sah das ganz anders aus. Offenbar traute der alte Brötchengeber Universal den Dillingern nicht mehr zu, auch in Zukunft genügend Zugkraft zu entwickeln.

    Mit Grausen erinnern sich die Killerpilze an Gespräche in Berlin und wie andere über die Band und ihr Image bestimmen wollten. Aber das wollten die Pilze nicht, "weil das nicht mehr wir waren". Eine verpunkte Version alter Abba-Hits stand zur Debatte. Und dass sich die Gruppe auflösen sollte, um später dem Drängen der sich in Tränen auflösenden Fans nachzugeben und sich wieder zu versöhnen.

    Mit dem, was das Herz von Verkaufsstrategen höher schlagen lässt, freundeten sich Jo und Fabian Halbig und der Dritte im Bunde, Mäx Schlichter, nicht an. Sich nach Belieben in einer Glamourwelt verbiegen zu lassen, war einfach nicht ihr Ding.

    Der Preis für diese Aufmüpfigkeit war hoch. Schließlich hatte der Musikriese die drei Schwaben erst zu einer der erfolgreichen deutschen Teeniebands gemacht: Von der Bedeutungslosigkeit aus der Provinz in die Hitparaden. "Wie im siebten Himmel" hätten sie sich auch gefühlt, sagt Jo und nennt ein paar Beispiele: Mit "fetten Autos" abgeholt werden, in schicken Hotels logieren und sich vor kreischenden, in der Regel weiblichen Fans kaum retten können.

    "Sex, drugs and Rock 'n' Roll", bringt es der 20 Jahre alte Zivildienstleistende auf den Nenner und grinst. Bruder Fabian (17) bessert schnell nach: "Drums, nicht drugs", sagt der Gymnasiast. "Mit Drogen haben wir nichts zu tun." Außerdem gehört das Schlagzeug schon aus Fabians Selbstverständnis heraus dazu. Als Drummer der Pilze geht das gar nicht anders.

    Der Weg, den die drei jungen Musiker einschlagen, ist riskant und beschwerlich: Sie haben sich entschlossen, ihr eigenes Plattenlabel zu gründen und haben ein kleines Team um sich versammelt, das die Band vermarket und dem sie vertrauen. Der Vorteil: Die Killerpilze dürfen selbst entscheiden, was sie tun und lassen. Der Nachteil: Die Killerpilze müssen selbst entscheiden, was sie tun und lassen.

    Die drei sind Bosse ihrer Plattenfirma. Das verpflichtet auch finanziell. Sie nehmen vor allem eines in die Hand: das eigene Geld. Die Reise an die isländische Küste, die als Hintergrund für ein Video zur neuen Single diente, das Leben aus dem Koffer in den Hotels, die Produktion in den Studios: "Wir zahlen für jeden Handgriff", erzählt Mäx Schlichter.

    Was früher mit keinem Blick gewürdigt wurde, wird jetzt genau betrachtet - zum Beispiel die Preise in der Speisekarte eines Restaurants. "Es geht um jede Kleinigkeit."

    Die Killerpilze haben nach der Trennung von ihrer früheren Firma wieder herausgefunden aus dem schwarzen Loch, in das sie gefallen waren. Sie, die "keine Teenieband mehr sein wollen", haben für sich selbst Verantwortung übernommen und heftig geackert, geprobt, komponiert und hintersinnige Texte geschrieben.

    Zeilen, in denen Ärger und Wut aufscheinen auf das, was gewesen ist. Wie ein roter Faden zieht sich ihr Trotz durch das aktuelle Werk. Schon der Opener "Drei", der vor dem Albumstart veröffentlicht wurde, lässt keinen Zweifel daran.

    Wir lassen uns von niemandem unterkriegen, lautet die eindeutige Botschaft.

    Songs schreiben ist das eine, dafür werben das andere. Fabi hat sich für die Werbung in eigener Sache schon einige Male vom Unterricht befreien lassen müssen. Der Spagat zwischen Schule und der Band klappt. Und auch den Umzug aus einem "alten, kalten, versifften Proberaum" in eine neue umgebaute Bleibe im Kreis Dillingen packten die Pilze selbst an. Ganz schön anstrengend finden sie. Aber nichts gegen die Vorfreude auf die bevorstehende Tournee. Der erste Teil davon findet schwerpunktmäßig in den Osterferien statt.

    Wieder so ein Tribut an das Schülerdasein des Jüngsten. Till Hofmann

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