Es ist ein grauenhaftes Verbrechen, um das es seit Dienstag vor dem Landgericht München II geht. Ein Mann ist angeklagt, zwei Frauen gequält und getötet zu haben. Neben Vergewaltigung und Mord wird ihm auch Störung der Totenruhe vorgeworfen.
Vor Gericht schweigt der Angeklagte, der die zwei Frauen in Petershausen bei München ermordet haben soll. Sein Mandant wolle sich nicht zu den Tatvorwürfen oder seinen persönlichen Verhältnissen äußern, teilte der Verteidiger dem Gericht mit. Stattdessen verweise der Angeklagte auf seine Gespräche mit dem psychiatrischen Gutachter. Für dessen Aussage wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, weil es um die Sexualität des Mannes gehe. Damit sei seine Intimsphäre berührt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 54-Jährigen eine brutale Tat vor. Er soll seine beiden Bekannten im Februar vergangenen Jahres unter dem Vorwand, mit ihnen Fasching feiern zu wollen, in seine Wohnung gelockt haben. Dort soll er sie dann betäubt, gequält, vergewaltigt und schließlich getötet haben. Eine der Frauen strangulierte er laut Anklage mit einem Baumwolltuch und Klebeband, die zweite mit den bloßen Händen. Zuvor soll er sie mit Betäubungsmitteln in einem Nusslikör wehrlos gemacht haben. Als Motiv nimmt die Staatsanwaltschaft Frauenhass an.
Dominante Mutter soll an Frauenhass Schuld sein
Aber was muss passieren, dass jemand einen solchen Hass auf Frauen entwickelt? „Da muss einiges zusammengekommen sein“, sagt Elisabeth Hauser, Geschäftsführerin von „Wildwasser“, einer Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt an Mädchen und Frauen in Augsburg. Meist beginnen die Probleme schon in der Kindheit. So auch bei dem angeklagten Deutschen. Er soll ein schwieriges Verhältnis zu seiner Mutter gehabt haben. „Wegen seiner dominanten Mutter hat er ein gestörtes Verhältnis zu Frauen“, erklärte die Staatsanwältin. Er habe eine „ausgeprägte Wut auf Frauen“ und „ausgeprägte Fantasien, Frauen Gewalt anzutun“.
Ganz generell könne Frauenhass auch anders entstehen, meint Expertin Hauser: Der Vater gewaltbereit, die Mutter zu schwach, um sich zu wehren. So oder so: „Das prägt das Kind“, schildert die Beraterin. In der Schule setzt sich die Abwärtsspirale häufig fort. Das könne mit Mobbing zu tun haben, erklärt Hauser. Aber auch schlicht damit, in Beziehungen verletzt worden zu sein. „Irgendwann legt sich dann der Schalter um.“
Wann genau das bei dem 54-Jährigen der Fall war, ist schwer zu sagen. Nicht nur das Verhältnis zu seiner Mutter belastete ihn, er soll an schweren Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen sowie einem massiven Alkoholproblem leiden. Aber an jenem Tag im Februar 2018 habe er den Plan gefasst, „seine lang gehegten Fantasien“ in die Tat umzusetzen. Es sei ihm auch darum gegangen, die Frauen zu erniedrigen, hieß es während des Prozesses.
Gewalt gegen Frauen nimmt immer mehr zu
Natürlich sei das, was gerade vor dem Münchner Landgericht verhandelt wird, ein Extremfall, sagt Hauser. Doch insgesamt nehme die Gewalt gegen Frauen immer mehr zu. Gerade in den vergangenen zwei Jahren hat sie einen massiven Anstieg beobachtet. Ein aktueller Bericht des Bundeskriminalamts zeigt: Jeden Tag versucht im Schnitt ein Mann in Deutschland, seine Partnerin oder Expartnerin zu töten. In 147 Fällen ist das im Jahr 2017 auch gelungen. Hinzu kommen tausende Fälle von Vergewaltigung, Körperverletzung, sexueller Nötigung und Stalking. Laut Bundeskriminalamt wurden knapp 140000 Fälle angezeigt, in denen es zu Gewalt in der Partnerschaft kam. Weil aber nur etwa jedes fünfte Opfer Hilfe sucht, sind wohl Hunderttausende betroffen. Mehr als 80 Prozent sind Frauen.
„Bei sexualisierter Gewalt geht es ganz oft um Machtkämpfe“, sagt Beraterin Hauser. Der Mann sei überzeugt davon, besser zu sein als die Frau, mehr Rechte zu haben. Was die Expertin erschreckt: Übergriffe gegen Frauen sind längst kein Thema mehr, das nur Erwachsene betrifft. Es gehört bereits an vielen Schulen zum Alltag. „Oft wissen Jugendliche gar nicht mehr, wie sie sich gewaltfrei äußern können“, erklärt Hauser. Wie sie respektvoll mit anderen umgehen und wie es sich anfühlt, selbst Respekt zu erfahren.
In München wird es voraussichtlich in einer Woche ein Urteil zu diesem grausamen Fall geben. Der 54-jährige Angeklagte soll seinen Opfern sogar eigens für seine Tat gekaufte Kleider angezogen haben, bevor er sich an ihnen verging – vor und nach ihrem Tod. (mit dpa)