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Prozess in Ingolstadt: Viele hundert Mal Mädchen missbraucht

Prozess in Ingolstadt

Viele hundert Mal Mädchen missbraucht

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    Kind. Symbolbild.
    Kind. Symbolbild.

    Ingolstadt Besonders die Mütter und Väter im Gerichtssaal halten den Atem an, als die Vorverurteilungen des Angeklagten verlesen werden. Seit gestern muss sich Stefan N. (41) aus Klingsmoos (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) wegen vielfachen schweren Missbrauchs von Mädchen vor Gericht verantworten. Stefan N. ist einschlägig vorbestraft. Er stammt aus schwierigen familiären und sozialen Verhältnissen und wurde bereits als Jugendlicher massiv straffällig. Unter anderem rammte er mit 17 einem anderen Jugendlichen bei einer Rauferei in einer Disco ein Messer in die Brust. Dafür bekam N. fast drei Jahre Jugendstrafe. Weitere Verurteilungen wegen kleinerer Eigentumsdelikte und Straftaten im Verkehr gingen voraus oder folgten gleich nach der Haftentlassung – damit war er endgültig auf der schiefen Bahn.

    Das zweijährige Opfer musste per Notoperation gerettet werden

    Außerdem hatte Stefan N. sexuelle Probleme. Mit 17 schlief er zum ersten Mal mit einer Frau – sie war 37 und die Mutter eines Klassenkameraden in der Förderschule. Danach ging er häufig zu Prostituierten. Ab 1995 fand Stefan N. eine feste Beziehung zu einer Frau in einer Nachbargemeinde. Die 24-Jährige hatte bereits vier Mädchen vom ersten Mann und bekam bald schon ein fünftes vom neuen Freund.

    Im Jahr 1997 dann missbrauchte N. die zweijährige Tochter der Lebensgefährtin, als er mit den Kindern allein war. Er verletzte das Kleinkind dabei auch mit einem Schraubenzieher im Genitalbereich. Das Mädchen erlitt tiefe Wunden und blutete schwer. Selbst die Ärzte in der Kinderklinik Neuburg waren machtlos. Das lebensgefährlich verletzte Mädchen wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik nach München geflogen, wo es in einer dramatischen Notoperation gerettet werden konnte. Stefan N. stritt alles ab, er wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Ein Gutachter stellte bei dem Mann damals keine ungewöhnlichen sexuellen Neigungen fest.

    Jahre später suchte N. dann Kontakt zu einer Frau, die mit zwei kleinen Mädchen im Alter von acht und zwölf Jahren in der Nähe von Neuburg lebte. Der Angeklagte missbrauchte auch diese beiden Kinder zwischen 2006 und Ende 2007 mindestens acht Mal sowie ein weiteres Mädchen im Alter von elf Jahren, das aus der Nachbarschaft stammte. Als die Kripo anrückte und seinen PC beschlagnahmte, fand man 43 Dateien mit Kinderpornos. Der Inhalt war immer gleich: Kleine Mädchen wurden von Erwachsenen zu sexuellen Handlungen gezwungen. Später im Prozess stellte ein Sachverständiger „ein pädophiles Verhalten“ fest. Das Landgericht Ingolstadt verhängte drei Jahre und Stefan N. wurde während der Haft psychiatrisch behandelt. Das war 2008.

    Noch während der Haft wurden neue schockierende Vorwürfe gegen den 41-Jährigen bekannt, die nun seit gestern verhandelt werden: Gleich nach der Entlassung wegen des ersten schweren Missbrauchsfalls knüpfte N. Mitte 2001 Kontakt zu einer Alleinerziehenden, die mit drei Mädchen in Neuburg an der Donau lebte. Der damals 31-Jährige soll zwei der Mädchen im Alter von gerade drei und knapp fünf Jahren mindestens 255 Mal schwer sexuell missbraucht haben. Tatzeit: 2001 bis 2003. Aufgekommen sind die Taten nur deshalb, weil eines der Opfer – inzwischen eine Jugendliche – in einem Alkoholrausch einen Nervenzusammenbruch erlitt und einem Freund von den Schrecken der Kindheit erzählte.

    Ein Kind mindestens zweimal die Woche missbraucht

    Stefan N. sieht sich – wie auch in früheren Fällen – als „Justizopfer“, äußerte sich beim Prozessauftakt aber nicht zu den Anklagepunkten. Die beiden Opfer von damals und deren Schwester müssen nun aussagen. Eines der Mädchen hat N. laut Anklage mindestens zwei Mal pro Woche missbraucht. Alle Bemühungen der Nebenklägerin, den Jugendlichen den schweren Auftritt im Zeugenstand zu ersparen, weil dann erfahrungsgemäß tiefe seelische Wunden neu aufgerissen werden, waren vergeblich.

    Im Falle der Verurteilung droht Stefan N. eine lange Haftstrafe und die anschließende Sicherungsverwahrung. In dem Prozess werden 17 Zeugen aussagen und zwei Gutachter auftreten. Das Urteil wird Anfang August erwartet.

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