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Prozess in Augsburg: Ursulas Mutter: Ich hatte sofort große Angst

Prozess in Augsburg

Ursulas Mutter: Ich hatte sofort große Angst

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    Von Holger Sabinsky, Augsburg Sie mussten nur ein paar Meter vom mutmaßlichen Entführer sitzen und sich nach 27 Jahren die Erpresseranrufe noch einmal anhören: Der Gang in den Zeugenstand hat bei den Eltern von Ursula Herrmann die alten Wunden wieder aufgerissen. "Ich wusste sofort, dass Ursula etwas Schlimmes passiert ist, und hatte große Angst", sagte Mutter Anneluise Herrmann (67).

    Fast drei Stunden lang wurden die Eltern des vor 27 Jahren entführten und getöteten Mädchens vom Ammersee gestern befragt. "Es war sehr beklemmend", sagte der Augsburger Landgerichtssprecher Karl-Heinz Haeusler.

    Die Zeugenvernehmung fand hinter verschlossenen Türen statt. Das Schwurgericht hatte entschieden, die Öffentlichkeit nicht zuzulassen. Die Anwältin der Eltern, Marion Zech, hatte dies beantragt, da vertrauliche Dinge wie Finanzen, psychischer Zustand oder religiöse Einstellung zur Sprache kommen sollten. "Der Persönlichkeitsschutz der Eltern hat Vorrang vor dem öffentlichen Interesse", so der Vorsitzende Richter Wolfgang Rothermel.

    Ein weiterer Grund: Mutter Anneluise ist offenbar sehr krank. Daher wurden die Eltern völlig abgeschirmt: Über einen Hintereingang ins Gerichtsgebäude geschleust, wurden sie über einen Aufzug in einen Nebenraum des Gerichtssaals gebracht. Denselben Weg hatte Edmund Stoiber im Jahr 2004, damals noch bayerischer Ministerpräsident, bei seiner Aussage im Steuerprozess gegen Max Strauß genommen.

    Besonders große Betroffenheit herrschte im Gerichtssaal, als die Erpresseranrufe vom September 1981 vorgespielt wurden. Anneluise Herrmann rang um Fassung, als sie ihre eigene Stimme hörte: Sie versuchte verzweifelt, mit dem unbekannten

    Dennoch berichteten alle Prozessbeteiligten, dass Ursulas Eltern insgesamt gefasst gewirkt haben. Obwohl sie den Abend der Entführung und die folgenden Tage noch einmal quälend in Erinnerung rufen mussten, hätten sie sich um eine sachliche Aussage bemüht. Ursula war am 15. September 1981 auf dem Heimweg von einer Turnstunde verschleppt und in eine im Wald vergrabene Kiste gesperrt worden. Dort erstickte sie Stunden später.

    Einen Blickkontakt mit dem Angeklagten Werner M. (58) vermieden die Eltern. Michael Herrmann (71), ein schmaler, grauhaariger Mann, schilderte, wie die Familie nach dem schrecklichen Ereignis Halt im Glauben gefunden und sich bemüht hat, so rasch wie möglich ein "normales Leben" zu führen. Die Verteidiger des Angeklagten, Walter Rubach und Wilhelm Seitz, sagten: "Erstaunlich, welche innere Ruhe und Gelassenheit er ausstrahlt. Das war sehr bewegend." Werner M. zeigte während der Aussage keine emotionale Regung, berichtete Gerichtssprecher Haeusler.

    Die Hilfsbereitschaft für die Familie Herrmann war damals offenbar riesig. Ursulas Vater berichtete, dass sogar Nachbarn sich bereit erklärt hätten, sich am geforderten Lösegeld von zwei Millionen Mark zu beteiligen, um das Leben des zehnjährigen Mädchens zu retten. Schließlich habe der Staat die Summe in kleinen Scheinen zur Verfügung gestellt, dafür aber einen "Sicherheitsscheck" über den Wert ihres Hauses gefordert.

    In der Frage, ob der Angeklagte Werner M. tatsächlich der Täter war, ist das Gericht gestern jedoch nicht weitergekommen. Auch nicht durch die Schilderung der Menschen, die Ursula als Letzte lebend gesehen haben. Die Kleine sei am Tatabend gegen 19.30 Uhr mit dem Radl losgefahren, es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, berichteten Ursulas Tante, Onkel und Cousine. Eine knappe Stunde später rief Ursulas Mutter an und fragte, wo ihre Tochter bleibt...

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