Die Augsburger Staatanwaltschaft verschärft im Inhofer-Prozess ihren Konfrontationskurs gegen die 10. Strafkammer. Nachdem die Ankläger schon am vergangenen Verhandlungstag dem Gericht einen Rechtsbruch vorgeworfen hatten, legten sie jetzt nach. Die Verteidiger der Inhofer-Chefs sprachen von einer „Kriegserklärung“ ans Gericht.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein Sondierungsgespräch über den weiteren Fortgang des Verfahrens. Am 11. August hatten sich die Richter, die Staatsanwälte und die Verteidiger im Gerichtssaal eingesperrt, um unter Ausschluss der Öffentlichkeit über eine mögliche Verständigung zu sprechen. Ein sogenannter Deal kam nicht zustande. Die Verteidiger wollen mit allen Mitteln verhindern, dass einer ihrer Mandanten ins Gefängnis muss. Die Staatsanwaltschaft will offenbar vor allem den operativen Möbelhaus-Geschäftsführer Edgar Inhofer hinter Gittern sehen. Bei dem Zusammentreffen wurde auch über mögliche Strafen gesprochen. Das Gericht hat durchblicken lassen, dass es sich unter bestimmten Umständen Bewährungsstrafen und Geldstrafen im siebenstelligen Bereich vorstellen kann.
Darüber ist der Streit entbrannt. Staatsanwalt Karl Pobuda warf den Richtern vor, sie hätten den Angeklagten „möglicherweise einseitige Versprechen gemacht“. Der Vorwurf wiegt schwer, da dies der Strafprozessordnung zuwiderlaufen würde. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Natale hatte die Vorwürfe aber scharf zurückgewiesen.
Am Mittwochvormittag setzte die Staatsanwaltschaft noch einen drauf: In einem Antrag forderte sie, das Protokoll über das Gespräch zu ergänzen und deutlich exakter zu formulieren. Die Anklage bleibt dabei, dass das Gericht den Angeklagten wie in einer Art Rechtsberatung einen Weg aufgezeigt habe, wie Haftstrafen zu vermeiden seien.
49 Scheinselbstständige sollen beschäftigt worden sein
Zum großen Knall kam es dieses Mal nicht. Richter Natale gab den Verteidigern eine Woche Zeit, um sich den Antrag in Ruhe anzusehen un eine Stellungnahme dazu abzugeben. Spontane Wortmeldungen gab es bereits. Rechtsanwalt Walter Rubach sprach von einer „Kriegserklärung“ der Staatsanwaltschaft ans Gericht, sein Kollege Walter Lechner sagte, so ein Verhalten einer Staatsanwaltschaft habe er in 44 Berufsjahren noch nie erlebt.
Die Angeklagten, Seniorchef August Inhofer, sein Bruder Karl Inhofer, Möbelhaus-Geschäftsführer Edgar Inhofer und Personalchef Peter Schorr, können sich den Konflikt zwischen Richter und Staatsanwälten in Ruhe ansehen. Ihnen wird vorgeworfen, 49 Scheinselbstständige beschäftigt zu haben und auf diese Weise Steuern und Sozialabgaben hinterzogen zu haben. Das Gericht hat ihnen aber gute Chancen in Aussicht gestellt, mit Bewährungs- oder Geldstrafen davonzukommen. Die Vorwürfe der Steuerhinterziehung fallen weg, da die Möbelverkäufer alle ihre Steuern bezahlt haben und so dem Fiskus letztlich kein Schaden entstanden ist. Bei einem Teil der Fälle handelt es sich nach vorläufiger Einschätzung nicht um Scheinselbstständigkeit. Dien Schadenssumme könnte am Ende klar unter einer Million Euro liegen. Die fehlenden Steuern und Sozialabgaben haben die Inhofers zurückgezahlt. Daher hat das Gericht gestern den Arrest von rund zwei Millionen Euro aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft hatte diese Summe gesichert, um etwaige Ansprüche ausgleichen zu können. Weitere Hinweise des Gerichts können so gedeutet werden, dass die Vorwürfe aus der Anklage möglicherweise weiter heruntergeschraubt werden.
Heute wurden zudem etliche weitere Verkäufer als Zeugen gehört. Wie bisher zeigte sich auch, dass jeder Fall recht unterschiedlich zu bewerten ist. Der Prozess wird am 14. September fortgesetzt.