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Prozess: Waffenhändler des Münchner Amoklaufs muss sieben Jahre in Haft

Prozess

Waffenhändler des Münchner Amoklaufs muss sieben Jahre in Haft

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    Der Angeklagte Philipp K. zusammen mit seinen Anwälten David Mühlberger (rechts) und Sascha Marks.
    Der Angeklagte Philipp K. zusammen mit seinen Anwälten David Mühlberger (rechts) und Sascha Marks. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Das Landgericht München I hat den Händler der Waffe für den Münchner Amoklauf am Freitag zu sieben Jahren Haft verurteilt. Es sprach Philipp K. wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen, fahrlässiger Körperverletzung in fünf Fällen und Verstößen gegen das Waffengesetz schuldig. Der 33-Jährige aus Marburg (Hessen) hatte die Pistole an den jugendlichen Täter verkauft, der im Juli 2016 am Münchner Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) neun Menschen und dann sich selbst erschoss. Erstmals wird damit ein illegaler Waffenhändler mit dem Verkauf einer Schusswaffe für eine Tat verantwortlich gemacht, an der er nicht selbst beteiligt war.

    Der 18-jährige Schütze David S. hatte die Pistole vom Typ Glock 17 und Hunderte Schuss Munition bei Händler Philipp K. in Marburg abgeholt. Über das Darknet, einen verborgenen Teil des Internets, hatten die beiden zusammengefunden. Dort hatte Philipp K. unter dem Decknamen "rico" seine Waffen angeboten.

    Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre und zwei Monate gefordert

    Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre und zwei Monate Haft verlangt. Erst durch den Waffendeal sei die Tat am OEZ möglich geworden. Philipp K. habe wegen der Umstände des Waffenverkaufs davon ausgehen müssen, dass Menschen verletzt oder getötet werden sollen. Die Verteidigung plädierte dagegen für dreieinhalb Jahre Haft wegen Verstößen gegen das Waffengesetz. "Unstreitig liegt hier ein Waffenverstoß in mehreren Fällen vor", sagte Verteidiger David Mühlberger am Freitag. Eine fahrlässige Tötung, wie sie die Staatsanwaltschaft sieht, sei aber nicht gegeben. Philipp K. habe nicht absehen können, was mit der Waffe geschehen sollte. Sein zweiter Verteidiger Sascha Marks sagte, für den Angeklagten spreche sein umfassendes Geständnis. Die Verteidiger forderten auch, den Haftbefehl aufzuheben. Philipp K. sagte in seinem Schlusswort, er wolle den Angehörigen und Hinterbliebenen sein Beileid aussprechen. "Es tut mir wahnsinnig leid, was passiert ist."

    Die Angehörigen der Opfer hatten als Nebenkläger eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord gefordert. Die Familien warfen Philipp K. vor, er habe gewusst, was David S. mit der Pistole vorhatte. Die beiden habe eine rechte Gesinnung geeint. Der Angeklagte selbst betonte hingegen im Prozess, er hätte die Waffe nie verkauft, wenn er etwas von den Plänen des Amokläufers geahnt hätte.

    David S. erschoss beim Münchner Amoklauf neun Menschen und sich selbst

    Dessen Opfer waren vorwiegend junge Menschen mit Migrationshintergrund. Dennoch gingen die polizeilichen Ermittler davon aus, dass David S. aus persönlicher Kränkung handelte, nicht etwa aus politischen Gründen. Seine Opfer glichen demnach den Altersgenossen, die ihn jahrelang gemobbt hatten.

    In einem letzten Plädoyer der Nebenkläger wandte sich die Mutter eines getöteten 17-Jährigen unter Tränen an das Gericht: "Wir haben keine Freude zuhause. Wir haben unsere Gesundheit verloren. Unser Leben hat ohne ihn keinen Sinn. Ich hoffe, um dieses Leid etwas zu mildern, wird ein gerechtes Urteil gefällt werden." Und an die Anklagebehörde: "Ich möchte Herrn Staatsanwalt fragen: Wenn Sie so etwas erlebt hätten, würden Sie eine niedrige Strafe für angemessen halten?"

    Auch die Mutter eines getöteten 15-Jährigen meldete sich zu Wort. "Du fehlst mir so sehr", sagte sie. "Mein Sohn wurde von der Kugel des Angeklagten ermordet." Es gebe keinen Tag, keine Sekunde, in der sie nicht daran denke. Rund 25 Angehörige der Opfer nahmen als Nebenkläger an dem Prozess teil.(dpa)

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