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Prozess: Mutter Rohrreiniger in Tee geschüttet

Prozess

Mutter Rohrreiniger in Tee geschüttet

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    Memmingen/Boos Die 65 Jahre alte, pflegebedürftige Frau litt Höllenqualen: Ihr Sohn, der gestern auf der Anklagebank des Memminger Schwurgerichts saß, gab ihr am Morgen des 8. April 2011 einen Becher mit Apfeltee, in den er Abflussreiniger geschüttet hatte. „Hier trink mal was“, sagte er. Die unfassbare Tat spielte sich im elterlichen Haus in

    Nach der Tat räumte er das Haus auf

    Nach der Tat räumte der heute 42 Jahre alte Mann zunächst im Haus auf und verließ dann mit seinem Fahrrad den Tatort. Insgesamt sieben Halbe Bier trank er auf dem Weg nach Memmingen, wo er sich erst am Nachmittag – knapp fünf Stunden nach der Tat – der Polizei stellte.

    Während dieser Zeit kämpfte seine Mutter mit dem Tod, hatte Blut und Schaum im Mund, musste sich immer wieder übergeben. Die Frau hatte durch den Abflussreiniger großflächige Verätzungen im Nasen-Rachen-Raum und im Magen erlitten, wie es in der Anklageschrift heißt.

    Unmittelbar nachdem sich der Sohn bei der Polizei gestellt hatte, wurde die Frau ins Krankenhaus gebracht. Dort erlag sie nach einer Zeit im künstlichen Koma am 30. Mai ihren schweren Verletzungen.

    „Mir tut das alles so leid“, sagte der zuletzt arbeitslose Hilfsarbeiter gestern vor Gericht mit tränenerstickter Stimme. Nach eigenen Worten musste er wegen seiner pflegebedürftigen Mutter nachts immer wieder aufstehen. Die Situation habe ihn völlig überfordert. „Obwohl ich eigentlich mit meiner Mutter gut ausgekommen bin“, sagte der Angeklagte. Oft habe er aber das Gefühl gehabt, ihr es nicht recht machen zu können. Zudem spielte der Alkohol eine Rolle: Gut und gerne zehn bis 15 Halbe Bier trank der Angeklagte nach eigenen Worten am Tag.

    Zudem hatte der Arbeitslose finanzielle Probleme und praktisch keine Sozialkontakte. Zwei Sachverständige attestierten dem Angeklagten volle Schuldfähigkeit, obwohl er zur Tatzeit nach Berechnungen zwischen 1,5 und 1,9 Promille Alkohol im Blut hatte. Zwischen der Alkoholisierung und der Tat gebe es keinen direkten Zusammenhang, betonte eine Psychiaterin.

    Die Staatsanwältin sah bei dem Angeklagten zwar eine „gewisse Situation der Überforderung“, er habe aber einen heimtückischen Mord begangenen und dafür müsse er eine lebenslange Haftstrafe erhalten: „Er wollte sich seiner Mutter entledigen.“ Bereits mehrere Tage vor der Tat habe er beschlossen, die Mutter umzubringen, betonte die Staatsanwältin.

    Auch der Anwalt sprach von Heimtücke

    Sogar der Verteidiger wertete die Tat als Mord aus Heimtücke. Sein Mandant sei aber in einer Ausnahmesituation gewesen und bereue die Tat. „Es ist unerklärlich, dass er die Mutter, die er jahrelang liebevoll gepflegt hat, umgebracht hat“, sagte der Verteidiger. Eine lebenslange Freiheitsstrafe werde seinem Mandanten nicht gerecht: „Er ist ein Mensch, über den man nicht den Stab brechen sollte.“

    In ihrer Urteilsbegründung sagte die Vorsitzende Richterin, der Angeklagte habe „seiner Mutter einen entsetzlichen Tod bereitet“. Auch nach Überzeugung der Strafkammer trug sich der heute 42-Jährige bereits mehrere Tage vor der Tat mit dem Gedanken, seine pflegebedürftige Mutter zu töten. Er sei unzufrieden gewesen mit seinem Leben und habe finanzielle Schwierigkeiten gehabt.

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