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Protokolle: Was hat Corona mit der Liebe gemacht? Acht Bayern berichten

Protokolle

Was hat Corona mit der Liebe gemacht? Acht Bayern berichten

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    Was bedeutet die Corona-Zeit für die Liebe? Acht Menschen aus der Region berichten von ihren Erfahrungen.
    Was bedeutet die Corona-Zeit für die Liebe? Acht Menschen aus der Region berichten von ihren Erfahrungen. Foto: Thomas Warnack, dpa (Symbolbild)

    Verändert das Virus, wie wir lieben? Seit Beginn der Pandemie verlagerte sich das Leben für viele Wochen von draußen in die eigenen vier Wände, Kontakte wurden eingeschränkt, die Möglichkeiten, sich zu treffen, auf ein Minimum begrenzt. Acht Menschen aus der Region erzählen von Momenten der Erkenntnis, schönen Augenblicken und Schicksalsschlägen.

    Michael Teuber, 27, lebt in Neu-Ulm

    Am Valentinstag sind meine Freundin und ich seit einem Jahr zusammen. Unsere Beziehung ging im Frühjahr 2020 direkt vor Corona los - und dann hatte ich gleich einen größeren Ski-Unfall. Sie hat mich noch ins Krankenhaus begleitet, da kam schon eine Krankenschwester und sagte, es dürften wegen des Coronavirus keine Besucher mehr ins Krankenhaus. Ich war wegen des Unfalls mehrmals im Krankenhaus. Dort war ich tagelang alleine und hatte nichts zu tun. Das war eine lehrreiche Zeit: Man geht demütiger raus und lernt es zu schätzen, wenn man seine Lieben wieder sehen kann.

    Michael Teuber und seine Freundin Lorena Schröter.
    Michael Teuber und seine Freundin Lorena Schröter. Foto: Michael Teuber

    Die zwei Lockdowns waren für uns nicht schwierig, im Gegenteil. Während einer Beziehung muss man oft seine Zeit einteilen und manchmal Abstriche machen, etwa bei Sport, Hobbys oder Freunden - so konnten wir uns ganz aufeinander konzentrieren. Wir haben letztens erst darüber geredet, dass wir sehr froh sind, jetzt in einer Beziehung zu sein. Ich bin nicht der Typ für Tinder, und jetzt kann man anders kaum Leute kennenlernen.

    So allmählich schlagen mir die Einschränkungen auf die Stimmung, ich habe langsam wieder Lust auf Sport, ins Training zu gehen und meine Freunde zu treffen. Meine Freundin unterstützt mich, zusammen ist es erträglicher. Für Sonntag, unseren Jahrestag, habe ich eine kleine Überraschung für sie in petto, ich kann aber nicht verraten, was (lacht). Es wird auf jeden Fall ein schöner gemeinsamer Abend.

    Markus Schneider, 39, lebt in Weinried (Landkreis Unterallgäu)

    Meine Frau und ich geben uns schon immer gegenseitig Kraft. Ich hatte 2011 einen schweren Unfall - zwei Wochen nach unserer Hochzeit. Ich hatte schwere Verletzungen am Kopf und lag sehr lange im Koma. Die Ärzte stellten gewissermaßen die Diagnose Schnabeltasse. Aber ich kämpfte und lernte alles von Grund auf neu. Meine Frau hat mich jeden Tag im Krankenhaus besucht und ihren ganzen Lohn für Benzin ausgegeben, um mich zu sehen. Jetzt habe ich noch ein Handicap, aber wer hat das nicht? Für uns beide hat sich seit Corona nicht wirklich etwas geändert. Vorher war ich schon wenig unterwegs, jetzt gar nicht mehr - wie viele andere Menschen mit Handicap vermutlich auch.

    Ich gehöre zwar offiziell nicht zur Risikogruppe, aber eine Corona-Infektion würde mir mein kleines Päckchen Kraft komplett nehmen. Deshalb übernimmt meine Frau viel und geht alleine einkaufen. Sie ist immer da, das ist wirklich etwas Besonderes. Ich versuche, ihr mit kleinen Aufmerksamkeiten eine Freude zu machen, etwa mit Schokolade. Wir reden viel, geben uns aber auch mal eine Auszeit. Seit ein paar Wochen sind meine Schmerzen sehr stark und ich schlafe wenig. Den Corona-Lockdown will echt kein Mensch, aber man muss halt weiterkämpfen. Die Stimmung leidet trotzdem nicht: Meine Frau ist mein Sonnenschein.

    Markus Schneider aus Weinried.
    Markus Schneider aus Weinried. Foto: Claudia Bader

    Jan Höfele, 25, lebt in Augsburg

    Meine Freundin und ich sind kurz vor dem zweiten Lockdown zusammengezogen. Corona hat uns eigentlich gut getan: Unsere Beziehung wurde gestärkt dadurch. Es ist harmonisch bei uns und wir verstehen uns gut, wir haben sogar neue Sachen entdeckt, die uns beiden total Spaß machen, Puzzlen zum Beispiel. Wir machen Sport zusammen und sie hat versucht, mir Gitarre beizubringen.

    Jan Höfele und seine Freundin Lara Dreier.
    Jan Höfele und seine Freundin Lara Dreier. Foto: Jan Höfele

    Schwierig ist es manchmal mit dem Online-Unterricht. Ich mache meinen Betriebswirt, meine Freundin ihre Ausbildung zur Krankenschwester. Da muss einer in der Küche arbeiten und einer im Wohnzimmer - dort ist nur ein niedriger Tisch. Aber wir wechseln uns ab - sodass jeder mal den guten Platz in der Küche kriegt (lacht).

    Klar, ab und zu nervt die Situation jeden. Wir stehen voll hinter den Maßnahmen, aber manchmal kommen wir auch an unsere Grenzen. Was wir dann oft machen: Eine Runde raus zum Spazierengehen, den Kopf freikriegen und einfach ein bisschen quatschen. Wir sind richtig zusammengewachsen. Dass es gut läuft, zeigt auch, dass wir jeden Tag zusammen sind und uns trotzdem nicht auf die Nerven gehen. Wir haben uns. Wir sind nicht alleine. Ich stelle es mir für Singles schwieriger vor.

    Gerti Keßlinger, lebt in Illertissen (Landkreis Neu-Ulm)

    Mein Mann ist im November 2020 nach einer schweren Krankheit gestorben. Vor dem ersten Lockdown im Frühjahr konnten wir noch seinen Geburtstag feiern, danach waren wir viel zusammen zu Hause, mehr als sonst, wir sind jeden Tag spazieren gegangen. In dieser Hinsicht war Corona gut für uns. Mein Mann litt unter Parkinson und Demenz. Als sich sein Zustand verschlimmert hat, musste er für acht Tage ins Krankenhaus - und ich durfte ihn nicht sehen. Ich konnte nur auf der Station anrufen und die Pflegekräfte nach ihm fragen. Wenn er da gestorben wäre, das wäre das Schlimmste für mich gewesen. Für ihn war die Zeit auch schrecklich: Er kam mit dem Krankentransport nach Hause und sagte: „Das war wie im Gefängnis.“

    Er wusste, dass er nicht mehr lange leben würde, aber ich wollte es einfach nicht wahrhaben, vor allem, dass es so schnell geht. Aber er war zuhause, in seinem Wohnzimmer, in seinem Umfeld. Er war einfach da, und das war schön. Am Ende konnte er nicht mehr sprechen, war nicht bei Bewusstsein. Trotzdem glaube ich, dass er gespürt hat, dass ich ihn pflege und bei ihm bin. Ich konnte mich von ihm verabschieden. Die Trauerzeit war und ist schlimm, aber ich sehe auch die Zukunft. Ich bin seit vielen Jahren in der Trauerbegleitung tätig, deswegen gehe ich mit dem Verlust vielleicht anders um. Ich nehme jeden Tag, wie er ist. Mein Mann ist immer noch nah bei mir und gibt mir Kraft.

    Gerti Kesslinger aus Illertissen.
    Gerti Kesslinger aus Illertissen. Foto: Regina Langhans

    Regina H., 27, lebt in Aichach

    Ich habe am Anfang des Jahres 2020 jemanden durch Tinder kennengelernt. Die Beziehung hielt nur drei Monate und ging im ersten Lockdown auseinander - aber nicht wegen Corona. Wir hatten grundverschiedene Meinungen und Standpunkte, die wir nicht vereinen konnten. Ich war auch vor der Pandemie nicht auf vielen Dates, ich hatte vielleicht eins im halben Jahr. Jetzt gerade gar nicht. Dating-Apps finde ich mittlerweile lästig. Die Treffen sind meistens unangenehm, mit dem ganzen Smalltalk und komplett fremden Menschen, da fühle ich mich nicht wohl. Also warum sollte ich mich da rein begeben?

    Regina H. aus Aichach.
    Regina H. aus Aichach. Foto: Regina H.

    Im ersten Lockdown fand ich es unfair, dass ich niemanden sehen durfte, nicht mal meine Eltern oder meine Freundinnen, während Menschen in Beziehungen ihre Partner treffen konnten. Das ist im zweiten Lockdown zum Glück besser geregelt. Corona hat meinen Blick auf Beziehungen verändert: Ein Partner macht mein Leben nicht automatisch besser. Ich habe Leute gedatet, weil ich dachte, jeder hat eine Beziehung oder sucht wenigstens danach. Aber ich bin alleine so zufrieden, ich habe meinen Alltag, meinen Job, meine Hobbys und meine Freunde. Während Corona hatte ich so viel mehr Zeit darüber nachzudenken, was ich will und was ich nicht will. Eine Beziehung ist es gerade nicht.

    Diana Mrosko, 45, lebt in Bayreuth

    Mein Lebensgefährte Antonio, seine 17-jährige Tochter Vanessa und ich sind während der Corona-Zeit noch mehr zusammengewachsen. Wir schätzen den Zusammenhalt in der Familie und nehmen alles bewusster wahr, stets in Harmonie. Mein Partner wohnt 300 Kilometer von mir entfernt in Hessen, normalerweise pendeln wir hin und her. Zum Glück arbeite ich im Remote Office, bin also an kein Büro gebunden und konnte viel bei ihm sein.

    Diana Mrosko und ihr Partner Antonio.
    Diana Mrosko und ihr Partner Antonio. Foto: Diana Mrosko

    Natürlich gehen wir gerne essen oder in den Biergarten, und es ist gerade alles eingeschränkt, aber wir motivieren uns gegenseitig zum Durchhalten. Wir holen uns aus etwaigen Tiefs und schlechten Launen, wenn es mal welche gibt. Rumalbern hilft immer, da landet dann auch mal ein Schaumkuss im Gesicht (lacht). Ein Produkt dieser Zeit ist gewissermaßen auch der nächste große Schritt, der bei uns ansteht: Ein Umzug, denn wir haben eine gemeinsame Wohnung gefunden. Die Suche erfolgte eher nebenbei ohne Stress und Druck und siehe da, wir hatten Glück. Corona hat uns näher zusammengebracht und wir freuen uns alle drei sehr auf diesen gemeinsamen Aufbruch: Dann ist auch endlich diese Zwei-Haushalte-Sache vorbei.

    Martin D., 27, und Helena F., 27, leben in Aichach

    Martin: Ich habe Helena vor Weihnachten einen Heiratsantrag gemacht, nach neun Jahren Beziehung. Das hatte allerdings nichts mit Corona zu tun. Das Thema kam immer mal wieder im Freundeskreis auf und ich wurde gefragt, wann es bei uns weitergeht. Ich hatte es mir auch schon lange vorgenommen, meine Planungen wurden langsam konkreter. Mit Corona konnte ich es ausnutzen, dass ich keine so superspektakuläre Überraschung organisieren konnte, wie etwa eine Fahrt mit einem Heißluftballon (lacht). Ich habe sie an dem Tag aus dem Haus gelockt, wir sind zu Verwandten und haben Weihnachtsgeschenke abgeliefert und eingesammelt. Währenddessen hat mein bester Freund und zukünftiger Trauzeuge die Wohnung mit Kerzen und Lichterketten dekoriert.

    Helena: Wir waren während der Corona-Zeit mehr zusammen als sonst, was sehr schön war. Aber wir haben nicht wirklich über das Heiraten geredet, das ist schon länger her. Ein bisschen habe ich schon auf den Antrag gewartet, so nach neun Jahren. Aber erwartet habe ich ihn nicht! Bevor wir an dem Tag aus dem Haus sind, hatte ich mich noch gewundert, warum er sich so schick anzieht. Der Antrag war extrem überraschend. Und sehr schön.

    Martin: Es war so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich hätte mir gar nicht so viele Gedanken machen müssen Sie war so verblüfft von den Kerzen und der Dekoration und in ihrer Verblüffung habe ich sie gefragt - und sie hat Ja gesagt. Dann haben wir uns kurz in Tränen gefreut. Es war wunderschön.

    Martin D. und Helena F. aus Aichach.
    Martin D. und Helena F. aus Aichach. Foto: Martin D.

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