Pro-Kommentar: Markus Söder löst Panik und Hysterie aus
...findet Redakteurin Andrea Bogenreuther und kritisiert: "Ohne Vorwarnung kommt das nächste Verbot – so wird’s auch nicht besser."
Ob so der neue politische Erfolg aussieht? Dass Bayerns Bürger noch während der Rede ihres Ministerpräsidenten losrennen, um sich im Drogeriemarkt die letzten FFP2-Masken zu sichern? In einer von der Pandemie eh schon gebeutelten, nervösen wie unsicheren Öffentlichkeit braucht man kein Experte zu sein, um zu wissen, dass eine solche Nachricht aus heiterem Himmel einschlägt wie eine Bombe: Ab Montag sind FFP2-Masken in Handel und öffentlichem Nahverkehr Pflicht!
Holzhammer-Methode par excellence! Niemand hatte gleich am zweiten Tag des verschärften und verlängerten Lockdowns mit einer weiteren Hiobsbotschaft gerechnet. Denn es schürt Angst und leider auch Hysterie, wenn Politiker täglich neue Verbote und Vorschriften raushauen – ohne Betroffene in irgendeiner Weise vorzuwarnen. Das war in Bayern erst bei den Altenheimen so, dann bei den Schulen und jetzt im Handel.
Das Vorgehen von Markus Söder erinnert an einen überforderten Vater
Am Mittwoch wurde das Ganze dann wieder ein bisschen abgemildert, doch die Art und Weise, wie Söder gerade mit seinen Mitbürgern umgeht, erinnert an einen überforderten Vater, der seinem trotzigen Kind zeigen will, dass er der Stärkere ist. Wer auch nur einen Funken pädagogischen Verstand hat, weiß aber, wie ein trotziges Kind reagiert: Es folgt erst recht nicht – oder es sitzt paralysiert im Eck und tut gar nichts mehr. Beides kann Söder nicht wollen.
Zumal die Corona-Zahlen trotz der vielen Verbote bisher nicht gravierend besser geworden sind. Regeln befolgt eben nur derjenige konsequent, der sie versteht. Die sinnvollen FFP2-Masken hätten eine perfekte Gelegenheit geboten, die Bevölkerung schrittweise davon zu überzeugen, wie bestmöglicher Schutz aussieht. Doch hemdsärmelig hat Söder sie den Bayern jetzt aufgedrückt und die große Chance vertan, dass die Bürger aus Verständnis und Überzeugung – bis ins Privatleben hinein – mitziehen. Dann nämlich würden wir dazu kommen, dass sie auch mal zu Hause freiwillig eine Maske tragen, um gefährdete Familienmitglieder zu schützen. Eine solche Einsicht wäre gerade wichtiger als alle Verbote und Schließungen zusammen.
Kontra-Kommentar: Markus Söder hat schnell und richtig entschieden
...meint Landtagskorrespondent Uli Bachmeier und schreibt: "Wenn hinterher nachgebessert wird, ist das kein Makel – im Gegenteil."
Was, bitteschön, soll falsch sein an dieser schnellen Entscheidung, FFP2-Masken in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr verpflichtend vorzuschreiben? Eine zentrale Erfahrung in der Corona-Krise ist doch, dass zwischen der Erkenntnis, was getan werden müsste, und der Entscheidung, es zu tun, oftmals unnötig viel Zeit vergangen ist. Und hinterher hieß es dann: Hätte man nicht früher schon ...?
Also: Die Staatsregierung hat nicht gezögert und schnell entschieden. Das ist gut so.
Dass schnelle Entscheidungen die Gefahr bergen, nicht perfekt zu sein, ist nicht zu bestreiten. Das zeigte sich auch in diesem Fall in zwei Punkten: Die Möglichkeit von Panik-Käufen und damit verbundenen Engpässen wurde offenbar nicht einkalkuliert und es wurde nicht bedacht, dass es arme Menschen gibt, die sich die teuren FFP2-Masken nicht ohne weiteres leisten können. Aus beiden Gründen war die Vorlaufzeit zu kurz.
Nachbesserung bei FFP2-Maskenpflicht: Staatsregierung zeigt sich lernfähig
Ministerpräsident Markus Söder und sein Gesundheitsminister Klaus Holetschek (beide CSU) haben aber nicht nur gezeigt, dass sie sich schnell entscheiden können. Sie haben auch gezeigt, dass sie Kritik annehmen und schnell nachbessern können. Der Stichtag 18. Januar bleibt, aber streng kontrolliert wird die neue Vorschrift erst eine Woche später. Binnen dieser „Kulanzwoche“ sollen auch alle Bürger in Grundsicherung mit fünf kostenlosen Masken versorgt werden.
Also: Die Staatsregierung hat sich in diesem Fall nicht nur als entschlussfreudig, sondern obendrein als lernfähig erwiesen. Nach allem, was die Corona-Krise bisher lehrt, sind das zwei Eigenschaften, die man sich von einer Regierung wünschen sollte.
Grund zur Aufregung besteht nicht. Das Klopapier ist nicht ausgegangen. Die FFP2-Masken werden auch nicht ausgehen. Und wenn doch? Dann sind die Folgen auf jeden Fall weniger ärgerlich. Kein Polizist und kein Kontrolleur im öffentlichen Nahverkehr wird einen Community-Masken-Träger belangen oder aus Straßenbahn oder Bus verweisen können, wenn frische FFP2-Masken in den ersten Tagen noch nicht überall verfügbar sein sollten.
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