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Porträt: Markus Söder hat Lust auf die große Bühne

Porträt

Markus Söder hat Lust auf die große Bühne

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    Schon mal durch den Vorhang nach dem Chef linsen, um zu sehen, was auf der ganz großen Bühne so los ist. Bayerns Finanzminister Markus Söder fühlt sich in seinem neuen Amt pudelwohl. Der Sinn steht ihm durchaus auch nach Höherem. Die Chancen stehen augenblicklich gut, denn die Konkurrenz ist übersichtlich.
    Schon mal durch den Vorhang nach dem Chef linsen, um zu sehen, was auf der ganz großen Bühne so los ist. Bayerns Finanzminister Markus Söder fühlt sich in seinem neuen Amt pudelwohl. Der Sinn steht ihm durchaus auch nach Höherem. Die Chancen stehen augenblicklich gut, denn die Konkurrenz ist übersichtlich. Foto: Frank Leonhardt, dpa

    Wie ein Mann, der eine große Last auf seinen Schultern trägt, sieht Markus Söder derzeit nicht aus. Im Gegenteil: Wo immer man Bayerns Finanzminister trifft, ist er demonstrativ gut gelaunt und sichtlich entspannt – und er scheint gar nicht recht zu wissen, wohin mit seiner ganzen Kraft.

    Es läuft gut für Markus Söder. Dabei ist er erst gut drei Monate im neuen Amt. Gleich in den ersten Wochen musste er zudem aus dem Stand einen Nachtragshaushalt schnüren und den stets komplizierten Finanzausgleich mit den Kommunen abschließen. Ganz nebenbei hat er dann noch den in Bayern politischen Gegenwind nicht gewohnten Sparkassen in Sachen Milliarden-Rückzahlung der Landesbank die Pistole derart vehement auf die Brust gedrückt, dass den verdutzten Verbandsfunktionären bis heute der Angstschweiß auf der Stirn steht.

    Weil Markus Söder die politische Spielwiese Bayern immer schon zu klein war, hat er zudem medienwirksam den Länderfinanzausgleich infrage gestellt und den Griechen die Drachme empfohlen. Und als dazwischen gerade etwas Luft war, verkündete der Franke, nach einem kurzen Gespräch „teilt nun auch der Kunstminister meine Auffassung,“ dass das heftig umstrittene Dürer-Bild diesen Sommer leihweise aus der Münchner Pinakothek nach Nürnberg müsse.

    Die Extra-Steuermillionen haben Söders Start erleichtert

    Starke Sprüche von Edmund Stoiber

    «Wenn ich über die steuer- und erbrechtliche Anerkennung von homosexuellen Paaren diskutiere, kann ich gleich über Teufelsanbetung diskutieren.» (Stoiber über die Gleichstellung von Homosexuellen in einem dpa-Gespräch am 8. August 1991)

    «Liberalität heißt doch nicht, für alles offen zu sein und alles zu tolerieren! Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht!» (Aus einer Rede zum Politischen Aschermittwoch in Passau, 8. März 2000)

    «Ich will noch kein Glas Champagner öffnen.» (Am Abend der - knapp verlorenen - Bundestagswahl, 22. September 2002. Erst später wurde die Niederlage Stoibers deutlich.)

    «Ich akzeptiere nicht, dass erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Es darf nicht sein, dass die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen.» (Bundestagswahlkampf in Argenbühl, 4. August 2005. Der zweite Satz bezog sich laut Stoiber auf die «politischen Versager» Gregor Gysi und Oskar Lafontaine.)

    «Wenn es überall so wäre wie in Bayern, hätten wir überhaupt keine Probleme. Nur, meine Damen und Herren, wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern.» (Bei einem Wahlkampftermin in Schwandorf am 10. August 2005)

    «Ich mache nicht nur leere Versprechungen, ich halte mich auch daran.» (Im Bundestagswahlkampf 2005)

    «Die CSU steht wie ein Mann und wie eine Frau hinter Ihnen!» (Zu Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel am 2. September 2005)

    «Es tut mir leid, dass ich mit meiner Entscheidung unsere Partei und Sie alle hier in eine schwierige Lage gebracht habe. [...] Ich leide selbst außerordentlich, ich leide wie ein Hund.» (Zum Verzicht auf ein Berliner Ministeramt am 14. November 2005)

    «... nur noch kaputte Familien. Außer den Simpsons gibt es keine normale Familie mehr im TV.» (Im Mai 2006 beim Empfang von ehrenamtlichen Kirchenmitarbeitern)

    «Edmund, der Dickschädel - das ist für mich eine Ehrenauszeichnung zur Verfolgung der bayerischen Interessen.» (Über die Verhandlungen zur Gesundheitsreform am 14. Oktober 2006)

    «Wir haben einen Unterschied zwischen dem normal sich verhaltenden Bär, dem Schadbär und dem Problembär. Und es ist ganz klar, dass dieser Bär ein Problembär ist.» (Über den Braunbären Bruno, der 2006 die Wälder an der bayerisch- österreichischen Grenze unsicher machte)

    Die vielen Extra-Steuermillionen, die sich seit seinem Amtsantritt in Bayerns Geldspeichern stapeln, haben Söders Start zweifellos erleichtert. Doch ohne Sachkenntnis kommt auch ein Finanzminister mit vollen Taschen nicht weit. Die Einarbeitung sei ihm nicht schwergefallen, sagt Söder: „Man muss viel lesen.“ Und: „Ich bin einer, der viel nachfragt.“ Fordernd sei er vor allem sich selbst gegenüber, beteuert Söder. Von seinen Mitarbeitern verlange er konstruktive Lösungen: „Ich will nicht, dass man mir erklärt, was nicht geht.“ Und entscheiden müsse der Minister alleine: „Da muss man Mut haben.“

    Im Seehofer-Bayern entscheidet manchmal allerdings auch der Ministerpräsident ganz alleine: Etwa über die größte Schuldentilgung aller Zeiten – ein typischer Seehofer-Schachzug, von dem offenbar selbst der Finanzminister überrumpelt wurde. Dass er den kühnen Plan nun mit harten Zahlen unterfüttern muss, scheint Söder aber keine schlaflosen Nächte zu bereiten. Denn er weiß um die politischen Chancen des Themas in Zeiten der globalen Schuldenkrise. Für die CSU mit Blick auf das schwierige Wahljahr 2013. Aber auch für seine eigene politische Karriere.

    Endlich hat Söder eine Aufgabe gefunden, die ihn richtig fordert

    Es scheint, als habe Söder endlich eine Aufgabe gefunden, die ihn richtig fordert. Als Gesundheits- oder Europaminister hatte Söder noch viel Zeit für die Selbstdarstellung: Er erklärte sich plakativ zum bayerischen „Lebensminister“, hielt Sonnenblumen in die Kameras oder rettete Singvögel. Und doch war er beim großen Spiel der Politik statt mittendrin meist nur dabei: Selbst der Atomausstieg verschwand schnell wieder aus dem Scheinwerferlicht. Und als in Bayern die Landesbank-Krise tobte, besuchte Söder ein Tierheim – und musste am nächsten Tag lesen: „Fahrenschon rettet Bayern, Söder die Igel“.

    Inzwischen ist Georg Fahrenschon aus der Politik ausgestiegen – und Söder Finanzminister. Auf die Unterschiede zu früheren Zeiten angesprochen, sagt er frei heraus: „Ich denke weniger über Marketing nach. Die Aufgaben als Finanzminister sind so grundlegend, dass es um die Sache geht.“ Hakt man nach, fällt Söder noch ein anderer Satz ein: „Finanzpolitik ist schon auch mehr in der Mitte der Partei“, sagt er dann wohlüberlegt.

    Auch das Wort „Markenkern der CSU“ verwendet Söder gerne. Denn zumindest für die Wahl 2013 scheint er den Schlüssel zu diesem „Markenkern“ in der Hand zu halten: Als weitsichtiger Schuldentilger kann er den angekratzten finanzpolitischen Nimbus der Partei aufpolieren. Und gleichzeitig mit erkennbaren Milliarden-Rückflüssen den Anschein erwecken, das CSU-Fegefeuer des Landesbank-Desasters unter Kontrolle zu haben. Nur wenn beides gelingt, scheint ein Landtags-Wahlerfolg der CSU möglich.

    Markus Söder hat noch viel vor

    Das ist Horst Seehofer

    Am 4. Juli 1949 kam Horst Seehofer im bayerischen Ingolstadt zur Welt. Er stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Bauarbeiter und LKW-Fahrer.

    Nachdem er die Mittlere Reife erworben hatte, schlug er eine Beamtenlaufbahn ein. 1979 macht Seehofer sein Verwaltungsdiplom an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in München. Bis 1980 arbeitet er für die Landratsämter Eichstätt und Ingolstadt.

    Ab 1969 engagiert sich Horst Seehofer bei der Jungen Union. Zwei Jahre später wird er außerdem Parteimitglied der CDU.

    Von 1980 bis 2008 war er Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ingolstadt. Nach 28 Jahren, am 4. November 2008, legte er sein Mandat nieder.

    Sechs Jahre lang füllte er die Position des sozialpolitischen Sprechers der CSU-Landesgruppe aus. 1989 wurde er zum Staatssekretär des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung berufen.

    Von 1992 bis 1996 verdingte sich Horst Seehofer als Bundesminister für Gesundheit. Ab 1994 bis zu seiner Mandatsniederlegung 2008 war er stellvertretender Vorsitzender der CSU. Außerdem wirkte er als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und als Landesvorsitzender der Christlich Sozialen Arbeitnehmer-Union (CSA).

    2005 wurde Seehofer zum Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gewählt. Er füllte das Amt drei Jahre lang aus.

    Am 25. Oktober 2008 konnte Horst Seehofer die Wahl zum CSU-Vorsitzenden für sich entscheiden. Kurz darauf wurde er Bayerischer Ministerpräsident.

    Die Universität von Qingdao in China ernannte den Bayerischen Ministerpräsident 2010 zum Ehrenprofessor. Für den Realschüler ohne akademischen Grad hat der Titel eine besondere Bedeutung.

    Seehofer hat zweimal geheiratet. Aus der zweiten Ehe mit Karin Seehofer gingen drei Kinder hervor. Seine vierte Tochter wurde im Juni 2007 geboren. Allerdings nicht von Frau Seehofer, sondern von Anette Fröhlich, die über mehrere Jahre seine Geliebte war. Letztendlich blieb er bei seiner Ehefrau.

    Es ist eine große Rolle auch gegenüber Horst Seehofer, die Söder sichtlich genießt. Und es ist für ihn selbst eine gewaltige Chance zur inhaltlichen Profilierung: Denn trotz aller machtpolitischen Talente steht Söder selbst bei CSU-Anhängern noch immer für Kokolores statt Überzeugungen, für Macht statt Inhalt. „Ich habe mich emanzipiert von Klischees“, sagt Söder zum Thema „Popularität“ etwas schmallippig. Weil das allein kaum reicht, um beliebter zu werden, setzt der Nürnberger bei allen Terminen, die er derzeit überall in Bayern annimmt, auch auf eine persönliche Charmeoffensive: Ruhig im Ton, mit einfacher Sprache, gar selbstironisch kann man Söder dort über Finanzpolitik, Schuldentilgung oder Steuern plaudern hören. Die Zuhörer, etwa bei einem Bürgerempfang im Münchner Osten, reagieren zunächst zurückhaltend, dann aber zunehmend begeistert. Hinterher gibt Söder Autogramme oder steht geduldig für Fotos zur Verfügung.

    Keine Frage: Der Mann hat noch viel vor. „Ich bin schon jemand, der auch kämpfen kann. Talent allein reicht nicht“, sagt Söder. Bayerns Finanzminister ist erst 44 Jahre alt. Und die personelle Konkurrenz in der CSU ist nach den Abgängen von Fahrenschon und Guttenberg übersichtlich.

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