Augsburg Seit einer Woche sitzen die mutmaßlichen Polizistenmörder Rudi R. (56) und Raimund M. (58) in Untersuchungshaft. R. in München, M. in Augsburg. So soll verhindert werden, dass sie sich absprechen. Abgesehen davon, dass die Männer in einer ersten Vernehmung die Vorwürfe abgestritten haben, äußern sie sich seitdem nicht. Das könnte es schwierig machen, herauszufinden, wer bei dem Mord am Polizisten Mathias Vieth im Detail welchen Beitrag leistete, sollten die Männer tatsächlich schuldig sein.
Auch am Donnerstag schwiegen die Beschuldigten, für das Wochenende sind – außer bei dringenden neuen Erkenntnissen – Vernehmungen nicht vorgesehen. M.s Augsburger Anwalt Werner Ruisinger, der vom Gericht als Verteidiger bestellt wurde, will zunächst die Ermittlungsakten sichten, bevor er sich äußert. Am Donnerstagnachmittag hat R. einen Anwalt benannt, bevor die Ermittlungsrichterin einen Pflichtverteidiger bestimmt hätte. Es handelt sich dabei um einen Münchner Anwalt. Er war für unsere Zeitung nicht zu erreichen.
Dass die Männer den Beamten vor zwei Monaten bei einer Verfolgungsjagd in Augsburg erschossen, scheint aufgrund der Indizien – etwa einer Tasche mit Blutspuren Vieths – zunehmend wahrscheinlicher. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass beide Männer Waffen horteten, dass beide Männer schossen und dass sie den Mord gemeinschaftlich begangen haben. Das muss aber auch bewiesen werden. Denn sollte nur einer geschossen haben, wäre eine Verurteilung wegen Mordes für beide schwieriger. Die Kripo geht bei R., der 1975 schon einmal einen Polizisten erschoss, von höherer krimineller Energie aus.
Die beiden Verdächtigen sind mit Polizeitaktik vertraut
Die Beweislage ist unübersichtlich. Hat Vieths überlebende Kollegin zwei Mündungsfeuer gleichzeitig bemerkt? Ergibt sich aus der Spurensicherung, dass gleichzeitig geschossen wurde? Die Polizei hat in diesem Fall einen 3-D-Laserscanner benutzt, der den Tatort in eine Computeranimation umwandelt. So lassen sich etwa Flugbahnen von Projektilen und Standorte von Schützen rekonstruieren. Auf Vieth wurde zuerst mit einer großkalibrigen Pistole und dann mit einem Schnellfeuergewehr, möglicherweise einer Kalaschnikow, geschossen.
„Momentan werden Spuren an den Waffen gesichert“, so der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz. Dazu zählen Fingerabdrücke und DNA-Spuren. Die Ermittler scheinen sich auf Schwierigkeiten einzustellen. Das Verhalten während der Telefonüberwachung und Observierung deute darauf hin, dass die Männer mit Polizeitaktik vertraut sind, sagt Nemetz. „Man muss auch davon ausgehen, dass sie im Umgang mit Waffen diverse Vorsichtsmaßnahmen trafen.“
Auf die am Mittwoch bekannt gewordenen neuerlichen Waffenfunde – darunter Handgranaten und Kalaschnikows, die als Tatwaffen infrage kommen – reagierten Bekannte geschockt. „Ich kann es immer noch nicht glauben“, so eine Nachbarin. Inzwischen ist sicher, dass die Waffen weder in R.s Wohnung in Augsburg noch in M.s Wohnung in Friedberg gehortet wurden. Bei der offenbar nichts ahnenden Angehörigen, bei der die Männer die jetzt gefundenen Waffen in einem Geheimlager deponiert hatten, handelt es sich nach Informationen unserer Zeitung auch nicht um M.s Frau. Offenbar zogen die Männer – neben einem Schwager, dessen Bauernhof wohl als Waffenlager diente – weitere Verwandte in ihre Machenschaften hinein. Die Ausmaße des Waffenarsenals erstaunen auch Ermittler. Doch viele Fragen, die sich ergeben, bleiben ungeklärt. Woher die Waffen stammen, was die Brüder damit vorhatten oder ob die Waffen schon bei anderen Verbrechen verwendet wurden – diese Fragen blockt die Staatsanwaltschaft ab.