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Polizistenmord: Wer, wenn nicht Raimund M.?

Polizistenmord

Wer, wenn nicht Raimund M.?

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    Ein Bild aus vergangenen Tagen: Raimund M. werden im Gerichtssaal die Fesseln abgenommen. Mittlerweile ist der Prozess gegen den 60-Jährigen wegen seines Gesundheitszustandes geplatzt. Seine Parkinson-Erkrankung bestimmt aber weiter das Verfahren. Rechts M.s Verteidiger Adam Ahmed und Werner Ruisinger.
    Ein Bild aus vergangenen Tagen: Raimund M. werden im Gerichtssaal die Fesseln abgenommen. Mittlerweile ist der Prozess gegen den 60-Jährigen wegen seines Gesundheitszustandes geplatzt. Seine Parkinson-Erkrankung bestimmt aber weiter das Verfahren. Rechts M.s Verteidiger Adam Ahmed und Werner Ruisinger. Foto: Ulrich Wagner

    Es war eine absurde Situation gestern im Augsburger Landgericht: Der mutmaßliche Polizistenmörder Raimund M. bestimmte das Geschehen, obwohl er gar nicht anwesend war. Das Verfahren gegen ihn ist Ende November geplatzt, weil M.s Gesundheitszustand eine Verhandlung derzeit nicht erlaubt.

    Gutachter: Flucht auf dem Motorrad medizinisch ausgeschlossen

    Der Mann, der dem 60-jährigen Angeklagten den schlechten aktuellen Zustand attestiert hatte, ging gestern noch weiter: Der Neurologe und Psychiater Ralph-Michael Schulte äußerte erhebliche Zweifel, dass Raimund M. den Mord am Augsburger Polizeibeamten Mathias Vieth mitbegangen haben kann. Schulte wagte dazu als Gutachter einen Blick in die Vergangenheit und sagte: Nach seinen Erkenntnissen sei es aus medizinischer Sicht ausgeschlossen, dass Raimund M. in der Mordnacht vom 28. Oktober 2011 auf ein Motorrad gesprungen und in rasanter Fahrt geflüchtet sein soll.

    Die Symptome der Parkinson-Erkrankung hätten eine solche dynamische Bewegung nicht zugelassen, ist sich Schulte sicher. Erstmals war die Erkrankung 2008 bei M. diagnostiziert worden. Seither schreite die Erkrankung langsam voran, so Schulte. Das Zittern der rechten Hand wurde stärker. Der Gutachter hält es daher für sehr unwahrscheinlich, dass M. unter Stress, bei Nacht und Nebel im Oktober 2011 zu solchen sportlichen Leistungen in der Lage gewesen sein soll.

    Mathias Vieth und seine Kollegin wollten damals auf dem Kuhsee-Parkplatz in Augsburg nachts um kurz vor drei Uhr zwei Personen auf einem Motorrad kontrollieren. Die flüchteten, und nach einer Verfolgung kam es im Siebentischwald zum tödlichen Schusswechsel.

    Gutachten wirft Fragen auf

    Nun wirft Schultes Gutachten Fragen auf: Wie kann es sein, dass M. nach mehreren Zeugenaussagen zu jenem Zeitpunkt noch ordentlich Tennis gespielt haben soll? Schulte sagte, ein Motorrad unter den damaligen Bedingungen zu besteigen und zu fahren sei feinmotorisch wesentlich schwieriger als Tennis zu spielen.

    Wie kann es sein, dass M. privat Fahrrad und E-Bike fuhr? Auch diese Frage von Staatsanwalt Hans-Peter Dischinger beantwortete Schulte mit der besonderen Lage nachts im Wald: Stress, Dunkelheit, Feuchtigkeit. Die beiden Situationen seien nicht vergleichbar.

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    Im Oktober 2011 wurde der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth im Dienst erschossen. Die beiden Täter werden später verurteilt.

    Schulte wackelte zunächst auf mehrfaches Nachfragen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage nicht, machte dann aber eine wichtige Einschränkung: Von der Kraft her sei Raimund M. in der Lage gewesen, sich als Sozius am Fahrer des Motorrads festzuklammern. Auch sagte der Sachverständige auf die Frage, ob denn M.s Zustand nicht punktuell deutlich besser gewesen sein kann: In der Medizin sei nichts auszuschließen.

    Das könnten für das Gericht Punkte sein, an denen es einhakt. Denn prinzipiell sind die Richter nicht an die Ausführungen eines Sachverständigen gebunden. Sie können auch zu einer anderen Einschätzung kommen.

    Anwalt der Witwe kritisiert Gutachten scharf

    Walter Rubach, Anwalt von Mathias Vieths Witwe, ist bereits jetzt völlig anderer Ansicht als Ralph-Michael Schulte. „Die Behauptung des Gutachters, dass Tennis spielen weniger Koordination erfordert als das Aufsteigen auf ein Motorrad, ist für mich abwegig“, sagt Rubach. Der Anwalt kritisiert zudem, dass keine objektiven Beweise in das Gutachten Eingang gefunden haben, so zum Beispiel die Tatsache, dass am Visier eines Motorradhelms vom Tatort Raimund M.s DNA-Spuren gefunden wurden. „Das Gutachten ist zum Teil weltfremd“, sagt Rubach.

    Die Raubüberfälle übrigens, die Raimund M. mit seinem Bruder Rudi R. von 2002 bis 2011 begangen haben soll, traut Schulte dem Parkinson-Kranken durchaus zu. Die seien aus medizinischer Sicht „völlig unproblematisch“.

    Doch noch eine spannende Frage stellt sich nach Schultes Gutachten: Wenn es tatsächlich nicht Raimund M. gewesen sein sollte, der auf dem Motorrad saß – wer war es dann?

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