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Polizistenmord: Polizisten belauschten Gespräche zwischen Raimund M. und Anwälten

Polizistenmord

Polizisten belauschten Gespräche zwischen Raimund M. und Anwälten

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    Ermittler haben Gespräche von Raimund M. und seinen Anwälten belauscht.
    Ermittler haben Gespräche von Raimund M. und seinen Anwälten belauscht. Foto: Ulrich Wagner

    Es war eine Szene aus dem Keller des Augsburger Gerichtsgebäudes, die Anfang des Jahres für Aufsehen sorgte. Raimund M., 60, mutmaßlicher Mörder des Polizeibeamten Mathias Vieth, war zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Monate nicht mehr vor dem Schwurgericht erschienen. Wegen seiner Parkinsonkrankheit stufte ihn ein Gutachter als verhandlungsunfähig ein. Im Januar wurde eine Aktennotiz bekannt, die ein Polizist angefertigt hat. Der brisante Inhalt: Der Beamte hatte ein Gespräch zwischen M. und seinem Verteidiger Adam Ahmed belauscht. Der Rechtsanwalt soll Raimund M. dem Vermerk zufolge vorwurfsvoll gefragt haben, warum er gerade sein Parkinson-Medikament genommen habe.

    Die Frage des Anwaltes birgt, je nachdem, wie man sie deutet, eine Menge Brisanz. Hat der Verteidiger dem Angeklagten geraten, seine Medikamente nicht zu nehmen, um seine Krankheit zu verschlimmern? M.s Anwälte Adam Ahmed und Werner Ruisinger wehrten sich gegen den Vorwurf, dass ihr Mandant seine Medikamente nicht einnehme und seine Beschwerden simuliere. Auch in dem Gespräch im Gerichtskeller des Gerichtsgebäudes ist es nach ihrer Darstellung nur um die Frage gegangen, warum M. die Tabletten gerade jetzt schlucke. Weil der Zeitpunkt untypisch gewesen sei, hätten sie befürchtet, er sei bei der Einnahme der Medizin durcheinandergekommen.

    Noch empörter waren aber beide Anwälte darüber, dass ein Beamter das Gespräch protokolliert und später an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hatte. „Das ist ein klarer Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien“, sagte Anwalt Ahmed. „Die Vertraulichkeit zwischen dem

    Mehrwöchige Untersuchung in einer Klinik

    Die Anwälte legten Beschwerde ein – zumal das Protokoll aus dem Gerichtskeller nicht das einzige belauschte Gespräch war. Auch bei weiteren Gesprächen hatten die Beamten des Spezialkommandos USK, die zur Bewachung der angeklagten Brüder Raimund M. und Rudolf Rebarczyk abgestellt waren, mitgehört – darunter offenbar eine Unterhaltung zwischen Adam Ahmed und dem Vorsitzenden des Schwurgerichts. Mit der Beschwerde hatten M.s Verteidiger nun Erfolg: Die entsprechenden Aktenvermerke müssten sofort gelöscht und unkenntlich gemacht werden, ordnete das Schwurgericht an. Die Protokolle seien auch dann unzulässig, wenn die USK-Beamten die Gesprächsfetzen nur zufällig mitbekommen hätten, so die Richter.

    Wie es um den Gesundheitszustand von Raimund M. bestellt ist, soll nun eine mehrwöchige Untersuchung in einer Klinik zeigen. Das hat das Gericht angeordnet. Auch dagegen haben M.s Verteidiger Beschwerde eingelegt – sie liegt derzeit beim Oberlandesgericht. M.s Bruder Rudolf Rebarczyk wurde im Februar bereits für den Mord an Mathias Vieth verurteilt. Die Richter verhängten die höchste Strafe, die das deutsche Recht vorsieht: lebenslange Haft mit besonderer Schwere der Schuld und anschließender Sicherungsverwahrung.

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