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Polizei: Millionen-Betrug im Internet

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Millionen-Betrug im Internet

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    Immer mehr Waren werden über das Internet verkauft. Das zieht Betrüger an. Bild: Wyszengrad
    Immer mehr Waren werden über das Internet verkauft. Das zieht Betrüger an. Bild: Wyszengrad

    Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) hat einen der in Deutschland bisher größten bekannten Betrugsfälle im Internet aufgedeckt: Schätzungsweise bis zu 100.000 Geschädigte und ein Schaden, der in die Millionenhöhe geht, dürften die Bilanz sein. Neun Verdächtige aus dem ganzen Bundesgebiet, die seit vergangener Woche in Untersuchungshaft sitzen, sollen rund 500 Internet-Shops eingerichtet haben.

    Kunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mussten Vorkasse leisten, bekamen aber nie Waren geliefert. Das Verfahren sei „in seiner Dimension bisher einzigartig“, so Peter Dathe, Präsident des Landeskriminalamtes. Das Gerichtsverfahren gegen die Männer und Frauen (20 bis 39 Jahre alt) wird wohl in Augsburg stattfinden – auch wenn kein einziger von ihnen aus Bayern stammt.

    Den Anfang nahmen die Ermittlungen nämlich im September 2009 in Nördlingen (Kreis Donau-Ries). Eine Elektronik-Firma erstattete Anzeige. Grund war, dass sich dort angebliche Kunden gemeldet hatten, die Ware bestellt und bezahlt, aber nicht erhalten hatten. Die Daten der ahnungslosen Nördlinger Firma waren ins Impressum der Internetseite „ja-kaufen.com“ (inzwischen nicht mehr online) übernommen worden. Hinter dieser steckte offenbar die Betrügerbande.

    Das Landeskriminalamt bildete die neunköpfige Ermittlungsgruppe „Bazar“. Sie stieß auf weitere Seiten, von denen einige noch im Netz stehen, weil die Behörden nicht an die Server im Ausland herankommen. Vom Lego-Spielzeug für 30 Euro bis zum Ein-Kilo-Goldbarren für 24000 Euro gab es auf den diversen Seiten, die einen seriösen Anstrich hatten, alles zu kaufen.

    Um keine direkten Spuren zu hinterlassen, soll die Bande über Stellenanzeigen 1000 „Finanzagenten“ angeworben haben. Diese Privatpersonen stellten laut Landeskriminalamt gegen Geld ihr Konto als Drehscheibe zwischen Kunden und den mutmaßlichen Betrügern zur Verfügung. Über diese Zwischenstufe ging das Geld in die Schweiz und die Türkei. Teils wussten die „Agenten“ wohl nichts von den Betrügereien. Sie müssen sich auf Ermittlungen wegen Geldwäsche gefasst machen.

    Die Drahtzieher waren offenbar gut organisiert. „Es gab eine Aufgabenteilung“, so Sabine Nagel, Leiterin des Sachgebiets Wirtschaftskriminalität. So habe die Bande eigene Programmierer gehabt. Um Käufer zu täuschen, hätten die mutmaßlichen Täter sogar Bewertungsportale ins Leben gerufen, in denen sie ihre Betrugs-Seiten positiv bewerteten.

    Als in seriösen Internetforen vor einzelnen Betrugsseiten gewarnt wurde, sollen diese mit Hacker-Angriffen lahmgelegt worden sein.

    Die Gesamtzahl der möglichen Geschädigten hat das LKA hochgerechnet, nachdem erst einzelne Betrugsseiten ausgewertet wurden.

    Momentan haben sich den Ermittlern zufolge erst 20 Prozent der Opfer gemeldet. „Aus der Sicht mancher ist der Schaden vielleicht zu gering“, so Nagel. Insgesamt könnte der Schaden eine zweistellige Millionenhöhe erreichen. Weitere Geschädigte können sich an ihre zuständige Polizeiinspektion wenden.

    Inwieweit Betrüger-Konten sichergestellt wurden, ließen die Ermittler offen. Ob Opfer sich Hoffnungen machen können, im Fall einer Verurteilung Geld zurückzubekommen, ist somit unklar.

    Die Verdächtigen, die in Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Niedersachsen und Berlin verhaftet wurden, dürften in bayerische Gefängnisse verlegt werden. Ein weiterer Verdächtiger wurde in Österreich verhaftet.

    Zuständig ist wegen des Ausgangsortes der Ermittlungen die Augsburger Staatsanwaltschaft. Einige der Verdächtigen haben gestanden, so Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai. Gegen den Führungskreis der Festgenommenen, die meist wohl von ihren Betrügereien lebten, wird wegen bandenmäßigen Betrugs ermittelt. Ihnen drohen hohe Haftstrafen.

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