Die Zahl der antisemitischen Straftaten hat im vergangenen Jahr in Bayern erneut stark zugenommen. Wie aus der Antwort auf eine Landtagsanfrage des SPD-Abgeordneten Markus Rinderspacher hervorgeht, wurden 2020 von der Kriminalpolizei 353 antisemitische Straftaten erfasst.
Im Vorjahr waren 307 entsprechende Taten registriert worden, dies war bereits eine Steigerung von etwa 40 Prozent gegenüber dem Jahr 2018. Landtagsvizepräsident Rinderspacher forderte angesichts der stark steigenden Zahlen eine bessere politische Bildung im Freistaat.
Fast alle antisemitischen Taten von Rechtsextremen begangen
Wie sich aus der Antwort des bayerischen Innenministeriums ergibt, werden die antisemitischen Taten zu 96 Prozent rechtsextremen Tätern zugeordnet. Nur vereinzelt sollen andere ideologische Gründe hinter den Straftaten stecken.
In etwa zwei von drei Fällen geht es laut der Statistik um Volksverhetzung. Danach folgen mit großem Abstand die Straftatbestände Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (35 Fälle), Beleidigung (28 Fälle), Sachbeschädigung (19 Fälle) und Bedrohung (10 Fälle).
Unklar blieb in der Antwort des Ministeriums, wie viele Verdächtige wegen solcher Straftaten im Freistaat festgenommen wurden. Dies könne in den Polizeisystemen in dieser Form nicht abgefragt werden, hieß es aus dem Ministerium. "Insofern können auch keine validen Aussagen getroffen werden."
Auch bundesweit Zunahme von Antisemitismus
Auch bundesweit hatte das Bundesinnenministerium bereits eine deutliche Zunahme an antisemitischen Straftaten vermeldet. Nach vorläufigen Daten war 2020 die Zahl in ganz Deutschland von 2032 auf 2275 gestiegen.
Die 2019 gegründete Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass im vergangenen Jahr insbesondere auch im Zusammenhang mit der Corona-Krise Antisemitismus im Kreise der Verschwörungsanhänger verbreitet auftrat.
Antisemitismus bei Corona-Demos
Demnach sei es bei zahlreichen Demonstrationen im Freistaat gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung zu antisemitischen Äußerungen gekommen. Für Empörung hatte beispielsweise gesorgt, dass Teilnehmer solcher Demos gelbe Judensterne mit der Aufschrift "ungeimpft" trugen.
Rinderspacher forderte von der Staatsregierung, dass sie alles daran setze, "die judenfeindlichen Verbrechen aufzuklären und weitere Straftaten durch präventive Maßnahmen zu verhindern". Er verlangte eine verstärkte politische Bildung in allen Bereichen, von allgemein- und berufsbildenden Schulen über die Hochschulen bis zur Jugend- und Erwachsenenbildung. (dpa)
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