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Politischer Aschermittwoch: Seehofer darf nicht lästern, Stoiber mag nicht

Politischer Aschermittwoch

Seehofer darf nicht lästern, Stoiber mag nicht

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    Beim wichtigsten Heimspiel der Saison, dem Politischen Aschermittwoch in Passau, setzt die CSU auf Edmund Stoiber.
    Beim wichtigsten Heimspiel der Saison, dem Politischen Aschermittwoch in Passau, setzt die CSU auf Edmund Stoiber. Foto: dpa

    Wenn Edmund Stoiber sich verständlich machen will, greift er auf die Sprache des Fußballs zurück. Die CSU durfte unter seiner Führung nie im Abseits stehen, sondern musste immer in der Champions League spielen. Seit er selbst – viel zu früh und selbstredend völlig unberechtigterweise – von ein paar so Kreisklasse-Kickern ausgewechselt und hinterher recht scheinheilig zum Ehrenspielführer ernannt wurde, gibt er gerne den Beckenbauer. Öffentlich fällt er durch wohldosierte Kommentare in angemessener Entfernung vom Spielfeldrand auf. Im vertraulichen Gespräch mit den aktiven Spielern soll er, wie immer wieder zu hören ist, gerne mal Tacheles reden – und zwar ganz egal, ob die es hören wollen oder nicht.

    Der Beinahe-Präsident muss dem Ersatz-Präsidenten helfen

    Doch jetzt, auf einmal, soll Stoiber wieder ran. Er soll den Ausputzer, ach was, den Mittelstürmer machen. Beim wichtigsten CSU-Heimspiel der Saison, dem Politischen Aschermittwoch in Passau, soll er die Roten, Grünen und Gelben schwindelig spielen. Der Großmeister der politischen Blutgrätsche, den die Ultras der CSU in

    Starke Sprüche von Edmund Stoiber

    «Wenn ich über die steuer- und erbrechtliche Anerkennung von homosexuellen Paaren diskutiere, kann ich gleich über Teufelsanbetung diskutieren.» (Stoiber über die Gleichstellung von Homosexuellen in einem dpa-Gespräch am 8. August 1991)

    «Liberalität heißt doch nicht, für alles offen zu sein und alles zu tolerieren! Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht!» (Aus einer Rede zum Politischen Aschermittwoch in Passau, 8. März 2000)

    «Ich will noch kein Glas Champagner öffnen.» (Am Abend der - knapp verlorenen - Bundestagswahl, 22. September 2002. Erst später wurde die Niederlage Stoibers deutlich.)

    «Ich akzeptiere nicht, dass erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Es darf nicht sein, dass die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen.» (Bundestagswahlkampf in Argenbühl, 4. August 2005. Der zweite Satz bezog sich laut Stoiber auf die «politischen Versager» Gregor Gysi und Oskar Lafontaine.)

    «Wenn es überall so wäre wie in Bayern, hätten wir überhaupt keine Probleme. Nur, meine Damen und Herren, wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern.» (Bei einem Wahlkampftermin in Schwandorf am 10. August 2005)

    «Ich mache nicht nur leere Versprechungen, ich halte mich auch daran.» (Im Bundestagswahlkampf 2005)

    «Die CSU steht wie ein Mann und wie eine Frau hinter Ihnen!» (Zu Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel am 2. September 2005)

    «Es tut mir leid, dass ich mit meiner Entscheidung unsere Partei und Sie alle hier in eine schwierige Lage gebracht habe. [...] Ich leide selbst außerordentlich, ich leide wie ein Hund.» (Zum Verzicht auf ein Berliner Ministeramt am 14. November 2005)

    «... nur noch kaputte Familien. Außer den Simpsons gibt es keine normale Familie mehr im TV.» (Im Mai 2006 beim Empfang von ehrenamtlichen Kirchenmitarbeitern)

    «Edmund, der Dickschädel - das ist für mich eine Ehrenauszeichnung zur Verfolgung der bayerischen Interessen.» (Über die Verhandlungen zur Gesundheitsreform am 14. Oktober 2006)

    «Wir haben einen Unterschied zwischen dem normal sich verhaltenden Bär, dem Schadbär und dem Problembär. Und es ist ganz klar, dass dieser Bär ein Problembär ist.» (Über den Braunbären Bruno, der 2006 die Wälder an der bayerisch- österreichischen Grenze unsicher machte)

    Welche List der Geschichte: Der ehemalige Beinahe-Bundespräsident Stoiber, der viel lieber CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident bleiben wollte, aber nicht durfte, soll in Passau einspringen, weil der amtierende CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Seehofer eher zufällig und nebenbei auch noch zum Ersatz-Bundespräsidenten auf Zeit aufgestiegen ist. Was da wohl in Edmund Stoiber vorgeht? Das hält doch das stärkste Sportlerherz nicht aus!

    Die Frage nach der richtigen Taktik folgt auf dem Fuß. Im Moment wird, um irgendwie durch die Krise zu kommen, an einer Art kontrollierter Defensive gebastelt. Vorne drin, wo es wehtut, im Zentrum des politischen Sturms nämlich sieht Stoiber sich nicht mehr. Seehofer wiederum darf sich aus Gründen der Staatsräson nicht bei bösen Fouls erwischen lassen. Das ist eines Präsidenten nicht würdig. Trotzdem sollen die Fans irgendwie auf ihre Kosten kommen.

    Die Reden-Klassiker des Edmund Stoiber zum Problem-Bären, dem Transrapid, den Fußball-Brasilianern und der lodernden Glut zum Nachhören im rt1.-Audio-Stream.

    Somit bleibt der CSU vermutlich nichts anderes übrig, als auf eine schon aus ideologischen Gründen noch nie praktizierte Taktik zu setzen: aufs Kollektiv. Ein bisserl Seehofer und ein bisserl Stoiber im politischen Rückraum, CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt und der niederbayerische CSU-Bezirkschef Manfred Weber in der Abteilung Attacke. Der brave Passauer Landrat Franz Meyer macht die Mannschaft komplett. Schnelle Dribblings, Zauberpässe und Kunstschüsse sind da wohl nicht zu erwarten.

    Die Hoffnungsträger müssen auf der Ersatzbank sitzen bleiben

    Die Hoffnungsträger des Vereins CSU müssen auf der Ersatzbank sitzen bleiben, obwohl sie vor Ehrgeiz brennen. Christine Haderthauer und Markus Söder kommen schon deshalb nicht für einen Einsatz in Frage, weil das nur für neue Unruhe im Spielerkader sorgen würde. Außerdem heißt es in der Vereinsführung, dass die beiden nur dann zur Topform auflaufen, wenn sie gegeneinander spielen.

    Nach Champions League hört sich das alles nicht mehr an. Aber vielleicht überlegt es sich Stoiber doch noch anders und gibt noch einmal den „Mister Aschermittwoch“.

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