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Politischer Aschermittwoch: Horst Seehofer und die Buh-Rufe an falscher Stelle

Politischer Aschermittwoch

Horst Seehofer und die Buh-Rufe an falscher Stelle

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    Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer (CSU) beim Politischen Aschermittwoch in der Dreiländerhalle in Passau.
    Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer (CSU) beim Politischen Aschermittwoch in der Dreiländerhalle in Passau. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Bayern zuerst.“ Die Botschaft der CSU zum politischen Aschermittwoch im Jahr der Bundestagswahl war kurz und knapp. Sie bedurfte aber einer Erklärung. Es sei keine Kopie des „America first“ des neuen US-Präsidenten Trump, betonte

    Am Morgen in der Dreiländerhalle in Passau, wo junge Damen zwischen Bier und Fischsemmeln schwarze T-Shirts mit dem Aufdruck „Bavaria first“ feilbieten, springt ihm sein Vorgänger gleich mal zur Seite. „Das sagen wir schon immer. Das hat der Trump bei uns abg’schaut“, sagt Erwin Huber.

    Das Original in Bayern, die Kopie in Washington? Na ja, irgendwie schon, aber dann doch wieder nicht.

    Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik mit Merkel

    Genau genommen geht es bei der CSU in Passau an diesem Tag um etwas anderes. Der Politikprofessor Heinrich Oberreuter, der die Partei seit Jahrzehnten kritisch, aber mit grundsätzlichem Wohlwollen begleitet, sieht zwei Herausforderungen: Zum einen die „internen Spannungen“ nach dem Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik mit CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Zum anderen die „souveräne Chance der SPD, den Hype um Martin Schulz in den Herbst hinein zu verlängern“. Das treffe die CSU in diesem Wahljahr „völlig unvorbereitet“. Darauf müsse die Partei hier in der Halle heute reagieren, sagt Oberreuter.

    Sie tut es zunächst auf bekannte Art und Weise: mit Schimpftiraden gegen die SPD, gegen Schulz und gegen Rot-Rot-Grün. Und zwar gleich mehrfach. Die Regie beim „politischen Stammtisch Nummer eins in der Welt“ will es, dass nicht länger nur der Parteichef und vielleicht ein weiterer Redner die Hauptdarsteller spielen. Die CSU bietet Spitzenpersonal aus allen Ebenen auf.

    Aus dem Europäischen Parlament: EVP-Fraktionschef Manfred Weber. Der CSU-Mann giftet über jährlich neue SPD-Redner in Vilshofen: „Man hat den Eindruck, liebe Freunde, die Sozis haben mehr Hoffnungsträger als Parteimitglieder.“ Schulz stehe für eine „alte, rückwärts gewandte, linke Politik“.

    Innenminister Herrmann muss beim Aschermittwoch ran

    Aus dem Bundestag in Berlin: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Er nennt die Sozialdemokraten „Steigbügelhalter der Kommunisten“ und kontert die umstrittenen „Bauernregeln“ von SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks mit einem eigenen Reim: „Liegst du ständig falsch und merkst es nie, dann gehörst du zur Sozialdemokratie.“

    Für Bayern muss erstmals beim Aschermittwoch Innenminister Joachim Herrmann ran. Er rühmt den Freistaat als „sicherstes aller 16 Bundesländer“. Er betont konsequente Härte im Kampf gegen Islamisten und erneuert seine Forderung nach höheren Strafen für Einbrecher und nach einer Obergrenze für Flüchtlinge. 200.000 seien im November 2015 nach Deutschland gekommen. Im Januar 2017 seien es noch 2000 gewesen. „Jetzt geht es darum, dass wir konsequent weiterarbeiten.“

    Wie der gemeinsame Wahlkampf mit der CDU und Angela Merkel aussehen soll, davon ist in den ersten beiden Stunden nicht die Rede. Dieses heikle Thema ist Parteichef Seehofer vorbehalten.

    Er tritt kurz nach 12 Uhr ans Rednerpult und macht zunächst das, was alle Redner vor ihm auch machten. Er schwärmt von Bayern, von seinen Bürgern. Er betont die eigene Stärke und die Leistungen der CSU. Und er spricht davon, was von Anfang an sein „großes Ziel“ gewesen sei: „Dieses Ziel heißt: Bayern zuerst.“

    Politischer Aschermittwoch: "Deutschland ging es noch nie so gut"

    Nur langsam tastet sich Seehofer in Richtung Merkel vor. „Wir schreiben gerade eine Agenda 2025, wir, CDU und CSU.“ Da stehe für ihn an allererster Stelle die Sicherheit der Arbeitsplätze. „Meine Agenda heißt: Jobs, Jobs, Jobs.“ Dann kommen die Wahlversprechen: „Steuersenkungen, und zwar vor allem für kleine und mittlere Einkommen,“ und „dass der Soli endlich abgeschafft wird.“

    Eine halbe Stunde redet Seehofer schon, dann fällt erstmals der Name der Kanzlerin. „Zwölf Jahre CDU/CSU in Berlin unter Führung von Angela Merkel – Deutschland ging es noch nie so gut“, sagt Seehofer und fügt hinzu: „Das ist doch alles mit CDU und CSU verbunden. Deshalb bitte ich alle Anhänger: Seid stolz auf eure Union, was sie für Deutschland erreicht hat.“ Das Publikum reagiert reserviert. Zurückhaltender Applaus, einige Pfiffe.

    Der CSU-Chef schiebt weitere Versprechen nach – in der Sozialpolitik (Wohnbauförderung für Familien: mehr), in der Sicherheitspolitik (ein Jahr Mindeststrafe für Einbruch) – und er sagt: „Wenn Horst Seehofer sich etwas in den Kopf gesetzt hat, und das heißt Obergrenze, dann wird er so lange kämpfen, bis es kommt.“ Jetzt wird richtig geklatscht und gejubelt.

    Seehofer probiert es noch einmal mit Merkel. Er lobt ihre internationale Erfahrung und Führungsstärke. „Liebe Freunde, als jemand, der auch streitet und immer wieder streiten wird, sage ich euch: Ich kenne niemand außer Angela Merkel, der Deutschland in dieser Frage führt.“ Prompt mischen sich Buh- und Pfui-Rufe in den Applaus. Seehofer lässt es damit bewenden. Erst zum Schluss ist wieder alles so wie immer. Die Halle skandiert „Edmund, Edmund“, als Seehofer Ex-CSU-Chef Stoiber begrüßt. Und auch seine Andeutung, er werde „eines Tages, ich betone: eines Tages“ die Verantwortung abgeben, honoriert das Publikum mit viel Applaus.

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