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Politik: Hat der Verfassungsschutz zu viele Rechte?

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Hat der Verfassungsschutz zu viele Rechte?

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    Seit der Neuregelung kann der Verfassungsschutz auch Informationen aus der Vorratsdatenspeicherung bekommen.
    Seit der Neuregelung kann der Verfassungsschutz auch Informationen aus der Vorratsdatenspeicherung bekommen. Foto: Jens Büttner, dpa

    Ist ausgerechnet das Bayerische Verfassungsschutzgesetz verfassungswidrig? „In weiten Teilen: ja“, findet Katharina Schulze, die Fraktionschefin der Grünen im Landtag. Die Grünen reichen deshalb jetzt vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine Klage gegen die vor rund einem Jahr in Kraft getretene Neuregelung ein.

    Diese sieht eine deutliche Ausweitung der Rechte und Befugnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) vor: So kann die Landesbehörde nun auf Telefondaten aus der Vorratsdatenspeicherung zurückgreifen. Auch Online-Durchsuchungen von Computern oder Smartphones darf der Verfassungsschutz nun durchführen.

    Alles Kompetenzen, die bundesweit und in allen anderen Bundesländern nur Polizeibehörden und Staatsanwälten zur Gefahrenabwehr gestattet sind – nicht aber dem Verfassungsschutz, dessen zentrale Aufgabe bislang die Informationsbeschaffung über verfassungsfeindliche Personen und Organisationen ohne direkte Eingriffsbefugnisse war. Selbst Kinder unter 14 Jahren kann der bayerische Verfassungsschutz mithilfe des neuen Gesetzes überwachen. Mit Einschränkungen ist auch die Bespitzelung besonders geschützter Berufsgruppen wie Rechtsanwälte oder Journalisten möglich. Vom Verfassungsschutz bezahlte Informanten können nicht mehr nur in gewaltbereite Gruppierungen eingeschleust werden, sondern auch in bislang nicht gewalttätige staatskritische Bewegungen. „Es ist eine klare Kiste, dass von den 30 Artikeln des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes mindestens ein Drittel einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhält“, glaubt der Mainzer Rechtsprofessor Matthias Bäcker, der für die Landtags-Grünen die Klageschrift formuliert hat. So widerspreche das Landesgesetz in Teilen sowohl geltendem Bundesrecht als auch der aktuellen Rechtsprechung – etwa dem „BKA-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts aus dem April 2016, das bei staatlicher Überwachung einen ausreichenden Schutz der Grundrechte der Betroffenen einforderte. Auch die nun mögliche Weitergabe bei Überwachung gewonnener Informationen an Geheimdienste im Ausland „ist so, wie es das Gesetz vorsieht, verfassungswidrig“, findet Bäcker.

    Politisch stören sich die Grünen zudem an der Aufweichung der strikten Trennung zwischen Polizei und Verfassungsschutz in Bayern: „Die klare Trennung führt zu einer starken Balance und gegenseitigen Kontrolle“, findet Schulze.

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