Johannes Strasser, der für die SPD 31 Jahre lang hauptberuflich Politik gemacht hat, sieht die aktuellen Umfragewerte für die Partei mit großer Sorge. Auf gerade mal 20 Prozent käme die SPD derzeit. „Geht man davon aus, dass nach den bisherigen Erfahrungen die Werte in Bayern noch sechs bis sieben Prozent darunter liegen, müssen doch die Alarmglocken läuten“, sagt der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete aus Gundelfingen (Landkreis Dillingen).
Strasser: "Es wird nicht besser."
Strasser tut es nach eigenen Worten „weh“, dass die älteste Partei Deutschlands, „die die Demokratie auf den Weg gebracht hat“, in der Gunst der Wähler derart absackt. Gleichwohl hat der 71-Jährige, der an der Universität Augsburg als Dozent unterrichtet, seit langem Gründe für den Absturz ausgemacht. Die SPD, sagt der Politologe, leide besonders an der Zersplitterung des gewachsenen Drei-Parteien-Systems. Die Idee, in die politische Mitte zu rücken, sei zwar richtig. Doch die SPD gehe den Schritt nicht entschieden genug. Die bayerische SPD lebe seit Jahren mit der Hoffnung, dass alles besser wird. „Doch es wird nicht besser.“
Viel zu sehr herrsche in der Partei nach wie vor die „Diktatur der Harmonie“. Andere Meinungen seien nicht gefragt oder würden sofort als Streit ausgelegt. Geradezu dramatisch, sagt Strasser, sei das Stadt-Land-Gefälle. Immerhin vier der aktuell fünf schwäbischen Landtagsabgeordneten kämen aus dem Großraum Augsburg, auf dem Land würden dagegen schlagkräftige Organisationsstrukturen fehlen. Strasser: „Die SPD muss wieder breiter aufgestellt und vor allem in der Kommunalpolitik stärker verankert sein.“ Sie habe sich von den Menschen entfernt und erreiche ihre Klientel nicht mehr. Strasser fordert ein „ehrliches Röntgenbild“ der Partei. „Die SPD muss in die Röhre.“
Reformbedarf und Unzufriedene
Schwabens SPD-Chef Linus Förster sieht ebenfalls Reformbedarf und leugnet die „schwierige Situation“ nicht. Er betont aber auch, dass die SPD in Zukunft von ihren Idealen und Zielen nicht abweichen werde. Der Landtagsabgeordnete aus Augsburg verweist auf die Langzeitstrategie „Schwaben2025“, die die Handlungsfelder sozialdemokratischer Politik in und für die Region beschreibt.
Unter dem Motto „Gute Arbeit überall“ stand jüngst auch der Bezirksparteitag der schwäbischen Genossen. Die SPD müsse, sagt Förster, die Personalentwicklung vorantreiben und jungen Leuten bei Kommunalwahlen Chancen auf vorderen Listenplätzen bieten. „Wir haben lebendige Juso-Gruppen in allen Unterbezirken.“ Außerdem müsse der Pakt mit den Gewerkschaften wieder vertieft werden. Die SPD habe die Wählerwanderungen genau analysiert. Dazu Förster: „Ja, es gibt Unzufriedene. Aber wir haben in den Reihen unserer Anhänger auch ein großes Zufriedenheitspotenzial.“
Die SPD setzt auf klassische sozialpolitische Ansätze
Sein Vorgänger im Amt des Bezirksvorsitzenden, Harald Güller, sieht in der „gefestigten SPD-Wählerschaft“ keine Gefahr, dass sie zur AfD, „dem Auffangbecken für Unzufriedene“, abwandert. „Auch wenn einige Themen der AfD durchaus auch bei uns ein Thema sind.“ Der Landtagsabgeordnete aus Neusäß hat das Strategiepapier der schwäbischen SPD federführend erarbeitet. Die Partei setzt dabei auch künftig auf klassische sozialpolitische Ansätze ebenso wie auf neue Schwerpunkte wie bezahlbares Wohnen oder die Energiepolitik. Güller: „Wir müssen ehemalige SPD-Wähler mobilisieren.“