Die Bayerische Staatsregierung will den Schutz von Heimbewohnern vor einer Corona-Infektion erheblich intensivieren. Ab Montag soll eine 200-köpfige Taskforce, die sogenannte "Schnelle Einsatzgruppe Pflege", in den Alten- und Pflegeheimen Bayerns aktiv werden, wie Gesundheitsstaatssekretär Klaus Holetschek (CSU) im Gespräch mit unserer Redaktion erläuterte.
"Analog zu den Versorgungsärzten, die die medizinischen Belange in einer Region koordinieren, sollen die Oberbürgermeister und Landräte in den kommenden Tagen einen Pflegeleiter oder Pflegekoordinator benennen", sagt der 56-Jährige. Der Leiter komme idealerweise aus der Pflegepraxis und nicht aus der Verwaltung.
Außerdem müsse die Taskforce kontrollieren, ob elementare Hygienemaßnahmen in Heimen auch wirklich umgesetzt werden. Es werde dazu von Fall zu Fall stichprobenartige unangekündigte Besuche in Heimen geben. Holetschek, der das Taskforce-Konzept entwickelt hat, betont aber ausdrücklich, dass er sehr genau wisse, dass in den Heimen Personal fehle – in denen er darum nicht den Eindruck erwecken wolle, dass diese unfähig sein könnten. "Was dort geleistet wird, ist unglaublich." Ebenso wichtig wie Kontrolle sind für ihn darum Vorbeugung und Beratung. Holetschek spricht deshalb ausdrücklich von einem "Dreiklang".
Doch was ist nun genau geplant? In puncto Vorbeugung listet der frühere Bürgermeister von Bad Wörishofen auf: Beratung der Einrichtungen durch die örtlichen Gesundheitsämter und die Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – etwa bei Begehungen. Corona-Tests für das Personal an mindestens zwei Tagen pro Dienstwoche. Testpflicht sowie eine FFP2-Maskenpflicht für Besucher.
Mund-Nasen-Schutz für Bewohner und Personal, die konsequente Einhaltung des Mindestabstands, die Bestellung eines Pandemiebeauftragten in den Einrichtungen und eine weitergehende Unterrichtung der Einrichtungen in Fragen der Hygiene – etwa durch das Zeigen von Schulungsfilmen.
Coronafälle "direkt unverzüglich" melden
Holetschek legt auch Wert darauf, dass die neue Taskforce besonders schnell unterrichtet wird von Corona-Ausbrüchen in Heimen. Bislang sei vieles beispielsweise über die jeweiligen Bezirksregierungen gegangen. "Nun müssen die Gesundheitsämter direkt unverzüglich an den Einsatzstab melden", so Holetschek. Der Stab sei räumlich am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen angesiedelt.
In puncto Beratung werde den Heimen ein konkreter Ansprechpartner genannt, der das Ausbruchsgeschehen mitbegleitet. Hilfestellung soll es auch geben, wenn bei einem Ausbruch Bewohner verlegt werden müssen. Ein schwieriger Punkt, denn Pflegeheimplätze gibt es bekanntlich nicht wie Sand am Meer. Hier komme der Pflegekoordinator ins Spiel, der als Praktiker einen Überblick über die Heimlandschaft einer Region hat. Neben anderen Heimen sind als Verlegungsziele auch Krankenhäuser oder umfunktionierte Rehakliniken zu nennen.
Holetschek will die Fachquote aussetzen
Holetschek will zudem bürokratische Zwänge aussetzen lassen sowie den Pool aus freiwilligen Pflegekräften, der im ersten Lockdown entstand, reaktivieren, um personelle Engpässe abzufedern. Auch hier weiß er, dass es nicht einfach sein wird, Fachkräfte zu finden.
Darum will er die Fachkraftquote in den Heimen aussetzen. Er begrüßte darum die Idee des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), derzeit nicht gebrauchte Kräfte aus der Gastronomie in Pflegeheimen einzusetzen. "Viel Arbeit in den Altenheimen ist hauswirtschaftlicher Natur", so Holetschek. Dies sei der entsprechende Ansatzpunkt.
Die 200 Kräfte der Taskforce sind übrigens keine neuen Kräfte, sondern sozusagen "umgewidmete" Mitarbeiter etwa aus LGL, Landesamt für Pflege – sowie den örtlichen Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen und Gesundheitsämtern, sodass Heime nicht von Erlangen aus aufgesucht werden.
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