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Pilzsaison: Pilz-Experte: Von Grüntönen am besten die Finger lassen

Pilzsaison

Pilz-Experte: Von Grüntönen am besten die Finger lassen

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    Pilzexperte Manfred Enderle erklärt den Teilnehmern an seiner Pilzführung im Kammeltal zwischen Egenhofen und Schöneberg, welcher Pilz gut schmeckt und von wem man lieber die Finger lassen sollte.
    Pilzexperte Manfred Enderle erklärt den Teilnehmern an seiner Pilzführung im Kammeltal zwischen Egenhofen und Schöneberg, welcher Pilz gut schmeckt und von wem man lieber die Finger lassen sollte. Foto: Anika Taiber

    Manfred Enderle dreht den Pilz zwischen seinen Fingern. Der

    „Die Stielbasis ist wichtig für die Bestimmung“

    Manfred Enderle ist Pilzexperte, er kennt nach eigenen Angaben über 1000 Arten in Feld und Wald auf Anhieb. Der 66-Jährige aus Riedheim (Landkreis Günzburg) hat 25 neue Spezies selbst entdeckt und zahlreiche Aufsätze und Bücher darüber geschrieben. An diesem Nachmittag ist er mit einer Gruppe von rund 20 Personen im Kammeltal unterwegs – die Hochsaison der Pilze hat gerade begonnen. Die Männer und Frauen haben sich zusammengefunden, weil sie dazulernen wollen.

    Steinpilze und Maronenröhrlinge kennen sie, aber was steht da noch zwischen Baumstümpfen und Moos?

    Die Teilnehmer der Pilzführung ziehen mit Körben und Messern bewaffnet los. Abschneiden sollen sie nur die Pilzarten, die sie zweifellos erkennen – alle anderen drehen sie vorsichtig aus dem Waldboden. „Die Stielbasis ist wichtig für die Bestimmung“, erklärt Enderle.

    Durch die Baumspitzen platschen immer wieder dicke Regentropfen auf den Waldboden zwischen Egenhofen und Schöneberg. Fast ausschließlich Fichten reihen sich hier aneinander, der Boden ist bedeckt von Nadeln und Ästen. Enderle sinkt mit jedem Schritt ein wenig ein. „Die Nadeln machen den Boden sauer“, erklärt er, „das mögen auch nicht alle Pilze.“

    Das Wetter jedenfalls tut einiges für einen guten Start in die Pilzsaison. Pilze lieben Feuchtigkeit, dann schießen sie überall aus dem Boden. Je wärmer, desto besser. Manchen Pilzarten kann man fast beim Wachsen zuschauen: Einige Pilze bilden ihre Fruchtkörper – denn das sind die Pilze, die gesammelt werden – innerhalb von einem Tag ganz aus, andere benötigen Wochen. Unter dem Boden oder im Holz wächst ein Geflecht. Das ist der eigentliche Pilz, das sogenannte Myzel.

    Pilze an ungewöhnlichen Orten

    Enderle bückt sich, pflückt ein Büschel kleiner gelblicher Pilze von einem Baumstumpf. „Grünblättriger Schwefelkopf“, murmelt er, „giftig, aber den nehmen wir mal mit zum Zeigen.“ Für die Bestimmung braucht er keine Sekunde. Die Wälder in der Umgebung sind für Enderle inzwischen langweilig geworden. Seit 40 Jahren beschäftigt er sich mit Pilzen. Am Anfang hatte er einen Volkshochschulkurs zu dem Thema belegt. „Da habe ich mich mit dem Virus infiziert – und das hört nicht mehr auf“, sagt er. Wenn er heute Pilze sucht, dann am liebsten an ungewöhnlichen Orten: auf Wacholderheiden, in Sandgruben und an Stränden. „Wenn im November in Italien die Touristen die Strände verlassen haben, wachsen da die schönsten Pilze“, erklärt Enderle.

    Nach einer halben Stunde kehren einige Kursteilnehmer schon mit reicher Beute zurück. Brigitte Weithmann hat einen ganzen Korb voller Maronenröhrlinge und anderer Arten gesammelt. Wo sie ratlos ist, hilft Enderle. Er lässt die Teilnehmer ihre Schätze auf einem Steintisch ausbreiten, auf dem Wanderer sonst ihre Brotzeit abstellen.

    Die Pilzkappen sind weiß, braun, hellrot und schmutzig rosa, dunkelgrün und gelb. Dutzende verschiedene Arten liegen auf dem Tisch und warten darauf, bestimmt zu werden. Schnell ist klar: Zum Bestimmen braucht man alle Sinne. Enderle riecht, reibt, betrachtet und bricht den Stiel, um das Geräusch dabei zu hören. „Manche Pilze knacken“, erklärt er – der Weiße Täubling zum Beispiel, den er gerade zwischen den Fingern zerbricht.

    Anfänger sollten sich an Röhrlinge halten

    Wer mit der Pilzkunde anfängt, der sollte sich zunächst einmal an Röhrlinge halten, rät Enderle. Die sind leicht am röhrenförmigen Fleisch unter dem Hut zu erkennen. Vor allem aber gibt es in unseren Breiten darunter keine tödlich giftigen Arten. Ganz anders ist das beim Grünen Knollenblätterpilz. „Der ist gefährlich, weil er bei uns häufig vorkommt und mörderisch giftig ist“, sagt Enderle. Am besten sollte man die Finger von Grüntönen lassen.

    Enderle hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so viel Wissen angeeignet, dass mittlerweile sogar Fachstellen auf ihn als Experten zurückkommen – die Giftnotrufzentrale in München zum Beispiel und die Universitätsklinik in Ulm. Sie rufen an, um die Gefährlichkeit des verzehrten Pilzes einschätzen zu können. Enderle versucht, ihn anhand von Beschreibungen, Fotos und Überresten zu identifizieren.

    Gemischtes Pilzpfännchen

    Zwischen Ungenießbarem und leicht Giftigem liegen auf dem Tisch aber auch so manche Schätze für die Küche. Steinpilze, Maronenröhrlinge – auch Braunkappen genannt – Ziegenlippen und Rotfußröhrlinge. „Die sind bei uns am häufigsten und schmecken super in einem gemischten Pilzpfännchen“, sagt Enderle. Sogar ein Echter Pfifferling taucht auf – und jede Menge Falsche. „Beim Echten sind die Lamellen fest verwachsen, beim Falschen lassen die sich mit der Fingerspitze ganz einfach abreiben.“ Sonst unterscheiden sich die fuchsrot bis orangegelb gefärbten Pilze kaum.

    Die Falschen sollte man nicht in größerer Menge essen, „aber wenn ein, zwei ins Pilzpfännchen kommen, ist es nicht schlimm“, sagt Enderle. Die Teilnehmer der Führung machen sich auf den Heimweg – mit Körben voller Schätze aus dem Wald.

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