Der Wolf und seine Folgen für die Menschen im Mangfallgebirge – im Landratsamt Miesbach ist Pressesprecher Ernst Diekmann das Thema spürbar peinlich. Es geht zurzeit heftig hin und her zwischen Natur- und Tierschützern und den Almbauern. Diekmann windet sich und ringt um eine Formulierung. „Nein, der Landrat möchte sich nicht dazu äußern“, sagt er schließlich. Der Landkreis wolle sich neutral verhalten. Eigentlich sei er ja sowieso nicht zuständig. Urheber des Faltblatts sei der Bayerische Bauernverband.
Dessen jüngste Veröffentlichung zur Ansiedlung von Wölfen sorgte im südlichen Oberbayern für eine Menge Aufregung. „Die Menschen vor Ort können sich nicht mehr frei bewegen und müssten Vorsichtsmaßnahmen ergreifen“, heißt es darin. Aufgemacht ist das Faltblatt mit dem Bild eines die Zähne fletschenden Wolfes, daneben ein weißes Lämmchen.
Seit sich vor zwei Jahren ein einzelner Wolf ins Mangfallgebirge bei Bayrischzell verirrt hatte, geht unter den Almbauern die Angst um. Das Tier ist zwar untergetaucht – oder, wie andere vermuten, – von Wilderern erschossen worden, aber im Landkreis Miesbach hat er einigen Schrecken hinterlassen. Der Wolf, so hört man dort von den Bauern, stelle nicht nur eine Gefahr für die Weidewirtschaft, sondern auch für den Menschen dar. Der Verband will mit dem Faltblatt nach eigener Aussage ein Gegengewicht zu den Aussagen der Naturschützer setzen: „Wir wollten den Konflikt und die Befürchtungen der Betroffenen darstellen und ihnen eine Stimme geben“, so Bauernverbands-Sprecherin Brigitte Scholz.
"Dass niemand mehr vor die Haustüre gehen kann, ist reine Panikmache."
„In dem Faltblatt steht jede Menge Blödsinn drin“, kontert Peter Blanché, Vorsitzender der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe. In Europa würden ungefähr 30000 Wölfe leben, die meisten davon in Spanien, Italien, Rumänien und Polen.
Aber auch in Deutschland seien seit elf Jahren insgesamt etwa 80 Tiere registriert. Nirgendwo gebe es aber so einen Wirbel. „Und dass dann niemand mehr vor die Haustüre gehen kann, ist reine Panikmache“, sagt der Tierarzt. Dabei kann er gewisse Vorbehalte der Almbauern durchaus verstehen. Denn in Bayern gibt es zwar staatlicherseits einen Managementplan. Doch Blanché hält ihn, vorsichtig formuliert, für nicht wirklich praxisnah. „Der ist nur dann geeignet, wenn kein Wolf da ist“, meint er.
Auch die Stufe 2 des Wolf-Managementplans, die demnächst vorgestellt werden soll, sei nicht ausreichend. Damit soll geregelt werden, dass es Entschädigungen und Schutzmaßnahmen gibt, falls sich ein Wolf dauerhaft ansiedelt. Blanché sagt, besser wäre es, präventiv zu handeln. Wenn man wolle, dann könnten Wolf, Mensch und Weidevieh selbst in touristischen und relativ eng besiedelten Gegenden zusammenleben: „Überall auf der Welt gibt es Methoden, Nutztiere zu schützen – auch in Bayern.“ Dazu müsste seiner Ansicht nach der Schutz für die Almwirtschaft nur leicht verändert werden. „Klar kann man nicht für zehn Schafe zwei Schäfer und zwei Schutzhunde einsetzen“, sagt er. In einem Pilotversuch an der Rotwand seien die Schafe von drei Betrieben zusammengeholt und gemeinsam beschützt worden. Der Bauernverband dagegen meint: „Ein wirksamer Schutz der Weidetiere vor dem Wolf ist im bayerischen Alpenraum nicht möglich“, heißt es im Faltblatt.
Dass hier bald wieder Wölfe auftauchen werden, hält Peter Blanché für sehr wahrscheinlich: „Im Fichtelgebirge kann das schon morgen sein.“ Aber auch im Mangfallgebirge ist das nicht ausgeschlossen. Rechtlich ist ihre Ansiedelung übrigens nicht zu verhindern – Wölfe sind in der EU streng geschützt.