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Pandemie: Mediziner und Covid: Mein Arzt, der Corona-Leugner?

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Mediziner und Covid: Mein Arzt, der Corona-Leugner?

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    "Ärzte, die Patienten ohne einen medizinischen Grund von der Maskenpflicht befreien, sind sicher eher Einzelfälle", sagt Dr. Jakob Berger.
    "Ärzte, die Patienten ohne einen medizinischen Grund von der Maskenpflicht befreien, sind sicher eher Einzelfälle", sagt Dr. Jakob Berger. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild)

    Es gab einmal eine Zeit, da hat man – ganz grob gesagt – die Menschen in Kommunisten, Sozialdemokraten und Konservative eingeteilt. Diese altbewährte politische Farbenlehre ist aber sicher längst ad acta.

    Derzeit gibt es eher Coronaleugner, Corona-Maßnahmen-Kritiker – und eine (laut Umfragen) größere Mehrheit, die von den Schutzmaßnahmen gegen das Virus überzeugt sind. Auch der Ärztestand ist von dieser Aufsplittung betroffen, wie eine Mitteilung der Landesärztekammer Baden-Württemberg belegt. Ihr zufolge gibt es "zahlreiche Beschwerden" von Patienten über Ärzte, die die Gefahren und Risiken der Corona-Pandemie herunterspielen, sie leugnen oder in Verschwörungstheorien einbetten. Fragt man genauer nach, gibt es keine genauen Zahlenangaben. Die Landesärztekammer Bayern spricht – auf Anfrage unserer Redaktion – von vereinzelten Fällen.

    Kron hält Corona für eine "leichte Grippewelle"

    Da ist zum Beispiel der wohl eher extreme Fall des Kauferinger Homöopathen und praktischen Arztes Rolf Kron, der schon auf vielen coronaskeptischen Demonstrationen in der Region zu finden war und dort sprach.

    Kron hält Corona für eine "leichte Grippewelle", er wurde schon kurzfristig in Gewahrsam genommen, weil ihm vorgeworfen wurde, er würde zu unrecht Befreiungen von der Maskenpflicht attestieren. Nun hat er Ärger am Hals, weil er in Lindau bei einer Kundgebung den Hitlergruß gezeigt hat. Kron wollte damit nach eigenen Aussagen das Mitläufertum im Nationalsozialismus kritisieren: "Der Hitlergruß von damals – das heißt einfach nur Mitmachen, sich nicht die Blöße geben, anders zu denken. Aus Angst, diffamiert zu werden", sagte der Mediziner auf der Demo.

    Mit einem Arzt wie Kron will eine niedergelassene Ärztin aus dem Landkreis Augsburg nichts zu tun haben. "Das finde ich daneben, ich bin sicher keine Corona-Leugnerin." Aber überdenkenswert seien manche Schutzmaßnahmen der Regierung trotzdem.

    Das Coronavirus sei zwar ernst zu nehmen, aber ohne, dass man in Panik verfallen müsse

    Sie sieht sich ganz auf der Linie des Bonner Virologen Henrick Streeck, der das Coronavirus zwar für ein ernstes Problem hält, das man aber nicht überdramatisieren sollte. "Das sehe ich genauso", sagt die Ärztin, die ihren Namen nicht öffentlich nennen möchte, weil sie längst gemerkt hat, dass das nicht bei allen Patienten gut ankommt.

    Das Coronavirus sei zwar ernst zu nehmen, aber ohne, dass man in Panik verfallen müsse. Diese sei ohnehin nicht gut für das Immunsystem. Denn Angst und Panik verursache Stress, Stress sorge für die Ausschüttung von Cortisol – und dieses Hormon wiederum unterdrücke das Immunsystem. Eine Abkehr von der derzeitigen Panikstimmung wäre also auch schon aus gesundheitlicher Sicht sinnvoll.

    "Ich weiß, dass ich viele Kollegen habe, die davon überzeugt sind, alles genau einhalten zu wollen – aber auch sicher viele, die das Thema Corona ähnlich betrachten wie ich", sagt die Ärztin. Sie sei überdies genervt von den Maßnahmen, weil diese aus medizinischer Sicht nicht grundsätzlich sinnvoll wirkten. "Ich halte viel davon, Abstand zu halten, sich regelmäßig die Hände zu waschen." Und die Maskenpflicht? "Alltagsmasken werden ständig befummelt, auf und ab gesetzt, in der Tasche gesucht – das sorgt wunderbar für die Verbreitung von Erregern."

    Hausärzte-Sprecher ist sicher, dass sich die allermeisten seiner Kollegen an Corona-Vorgaben halten

    Ein Kollege von ihr, der im Stadtgebiet Augsburg eine Hausarztpraxis betreibt, sieht das genauso. "Diese ständige Panikmache, die Leute sind ja völlig durcheinander." Das führe auch zu überzogenen Reaktionen von Menschen auf Menschen, die besser keine Maske tragen sollten. Er habe beispielsweise eine adipöse Patientin, die schlecht Luft bekomme.

    Sie hatte sich deshalb ein Attest von ihm gewünscht, um von der Maskenpflicht befreit zu sein. Und um sich rechtfertigen zu können, dass sie keine Maske trägt. "Ich habe ihr gesagt, dass ihr ein Attest aber wahrscheinlich nichts bringt. Denn manche Kunden in Geschäften werden sie trotzdem angehen, weil sie keine Maske trägt. Das Attest wird ihr in dem Moment nicht viel helfen."

    Dr. Jakob Berger, Sprecher der Hausärzte in Bayerisch-Schwaben, ist sich sicher, dass die allermeisten seiner Kollegen sich an die Corona-Vorgaben halten und sich letztlich auf der Linie der bayerischen Staatsregierung sowie der Bundesregierung befinden. "Ärzte, die Patienten ohne einen medizinischen Grund von der Maskenpflicht befreien, sind sicher eher Einzelfälle."

    Wie viele coronakritische Ärzte gibt es denn nun in Bayern?

    Aktuell bekannt wurde etwa ein Fall aus Roding in der Oberpfalz. Ein Realschulleiter hatte sich über die Maskenbefreiung mehrerer Kinder durch eine Praxis im Landkreis Schwandorf gewundert und dies den Behörden gemeldet. Laut Medienberichten liegt der Fall derzeit zur Prüfung bei der Staatsanwaltschaft Amberg. Wird ein Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht festgestellt, können folgende Sanktionen ausgesprochen werden: Rüge, Rüge mit Geldauflage oder Antrag auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens. In Verbindung mit einer Rüge können bis zu 5000 Euro Geldbuße fällig werden, im Verfahren bis zu 100.000 Euro.

    Wie viele coronakritische Ärzte gibt es denn nun in Bayern? "Das kann man schwer sagen", betont Jodok Müller, Sprecher der bayerischen Landesärztekammer. "Beschwerden über coronaskeptische Ärzte kommen ja zumeist von Patienten. Die Ärzte selbst melden sich bei uns ja nicht", sagt er. "Ich schätze die Zahl der Fälle, die uns zur Kenntnis gebracht wurden, auf unter zehn." Und das bei 88.560 niedergelassenen sowie angestellten Ärzten, die der Kammer angehören – wovon 66.000 aktiv tätig sind.

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