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Gesundheitsgefahr: PFC im Bach: "Das ist eine regionale Umweltkatastrophe"

Gesundheitsgefahr

PFC im Bach: "Das ist eine regionale Umweltkatastrophe"

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    Hier fließt die unsichtbare Giftfracht: Der Verlorene Bach wird ab Friedberg zur Friedberger Ach.
    Hier fließt die unsichtbare Giftfracht: Der Verlorene Bach wird ab Friedberg zur Friedberger Ach. Foto: Philipp Schröders

    Der Stoff ist giftig: Er steht im Verdacht, krebserregend zu sein, ist unsichtbar, verbreitet sich in der Nahrungskette, reichert sich in Menschen an und ist nahezu nicht abbaubar. PFC oder PFAS heißt die Industriechemikalie, die seit Jahrzehnten besonders im Umfeld von Flughäfen Böden, Grundwasser und Fließgewässer kontaminiert.

    Der Verlorene Bach, der ab Friedberg zur Friedberger Ach wird, ist so ein Gewässer, das mit per- und polyfluorierten Kohlenstoffverbindungen belastet ist. Es führt die Giftfracht rund 100 Kilometer durch Oberbayern und Schwaben lechbegleitend von Penzing bei Landsberg bis zur Mündung in die Donau bei Neuburg mit sich. Der Bund Naturschutz (BN) schlägt jetzt Alarm und fordert von der Politik und den zuständigen Behörden systematisches Monitoring und den Schutz der Bevölkerung. Es geht vor allem darum Druck aufzubauen, damit der Bund endlich mit der Sanierung der "PFC-Quelle" beginnt. Denn "Ross und Reiter sind hier bekannt", so Folkhart Glaser, BN-Kreisvorsitzender in Landsberg, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Landesverband und den betroffenen fünf Kreisvorsitzenden am Bachlauf.

    PFC: per- und polyfluorierte Chemikalien

    PFC haben besondere Eigenschaften – weshalb sie nach wie vor in vielen Alltagsprodukten vorkommen, zum Beispiel in Kochgeschirr, Textilien und Papier, in Outdoor-Kleidung, in Pappbechern und Pizzakartons, in Skiwachsen und in Lacken.

    In die Umwelt können PFC bei ihrer Herstellung gelangen. Doch auch beim Gebrauch und der Entsorgung dieser Produkte können sie freigesetzt werden.

    Wasserlösliche PFC werden über Flüsse und Meere global verteilt. Sogar in der Arktis und den dort lebenden Tieren werden diese Verbindungen gefunden. Flüchtige PFC, zum Beispiel aus Imprägniersprays, können über weite Strecken in der Atmosphäre transportiert werden. Über Niederschlag gelangen sie in den Boden und in die Gewässer.

    Der Mensch nimmt PFC hauptsächlich über die Nahrung oder über Trinkwasser auf. Auch erhöhte Konzentrationen von PFC in der Innenraumluft, beispielsweise durch Teppiche mit schmutzabweisender Ausrüstung, tragen zur PFC-Belastung des Menschen bei. (mahei)

    Bund Naturschutz-Vorsitzender: "Das ist eine regionale Umweltkatastrophe"

    Über viele Jahre hinweg gelangte der Giftstoff früher durch Löschschaum-Einsatz bei Feuerwehrübungen auf dem ehemaligen Militärflughafen Penzing ins Erdreich und weiter in die Quellfassung des Bachs. Das ist spätestens seit 2013 bekannt – Aber erst seit vergangener Woche gilt auch eine Verzehrwarnung für geangelte Fische aus der Ach im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Die als unbedenklich angesehene Aufnahmemenge eines Erwachsenen werde überschritten, wenn man mehr als ein Kilo Aal pro Jahr verzehrt. Eineinhalb Jahre dauerte es, bis zumindest alle fünf am Bach gelegenen Landkreise vor der Gesundheitsgefahr warnen. Für den BN-Vorsitzenden Alexander Helber aus dem Kreis Donau-Ries unbegreiflich: "Das ist eine regionale Umweltkatastrophe."

    Umweltbehörden haben Grenzwerte für die PFC-Aufnahme drastisch verschärft

    Die Belastung des Gewässers mit der Chemikalie nimmt durch den Verdünnungseffekt ab. An der Quelle im Kreis Landsberg liegt sie bis zum 460-fachen über der sogenannten Umweltqualitätsnorm für Fließgewässer. Die Umweltbehörden haben laut BN die Grenzwerte für die Aufnahme von PFC-Stoffen bei Menschen in zwei Schritten 2018 und Mitte 2020 massiv nahezu um den Faktor 1000 verschärft. Das zeige, sagt Gerhard Merches, Umweltingenieur aus Altötting und BN-Experte für PFC, wie kritisch PFC mittlerweile bewertet werde.

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