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Oktoberfest: Zehn Grad wärmer: Das Oktoberfest hat ein eigenes Klima

Oktoberfest

Zehn Grad wärmer: Das Oktoberfest hat ein eigenes Klima

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    Auf dem Oktoberfest kann es laut einem Meteorologen bis zu zehn Grad wärmer werden als im Umland.
    Auf dem Oktoberfest kann es laut einem Meteorologen bis zu zehn Grad wärmer werden als im Umland. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Das Wetter auf der Wiesn - das ist neben dem Bierpreis die zweitwichtigste Frage, die den Münchner vor dem Oktoberfest bewegt (Anstich am 22. September). Dabei sind die Besucher zumindest für die Temperaturen teilweise selbst zuständig. Viele feiernde Menschen - das heizt die Stimmung an. Und die Atmosphäre auf. Auf der Wiesn kann es bis zu zehn Grad wärmer sein als an anderen Stellen in der Stadt, und die Luftfeuchtigkeit ist ein Drittel höher, wie der Bonner Meteorologe Karsten Brandt bei Messungen vor ein paar Jahren herausfand.

    Bei gutem Wetter wird das Oktoberfest zur tropischen Enklave

    Bis zu einer halben Million Menschen drängen sich an starken Tagen auf dem rund 34 Hektar großen Gelände. Ein Mensch erzeuge 80 Watt - so viel "wie eine große alte Glühbirne", sagt Brandt. Bei gutem Wetter wird die Wiesn so gelegentlich eine Art tropischer Enklave. Zu zwei Dritteln heizten die Besucher das Mikroklima an. "Hier ist es so, dass der Mensch sich sein Klima macht."

    Lichter, Fahrgeschäfte, Hendl-Bratereien und Küchen tun ihr Übriges. Der Erdgasverbrauch auf dem Oktoberfest lag im vergangenen Jahr bei 224 000 Kubikmetern und der Stromverbrauch bei 3,25 Millionen Kilowattstunden. Zu Spitzenzeiten braucht die Wiesn so viel Energie wie eine Kleinstadt mit etwa 20 000 Einwohnern.

    Die Ergebnisse Brandts decken sich teils mit Erkenntnissen anderer Meteorologen und auch des Deutschen Wetterdienstes (DWD), der das Klima in Städten bereits seit den 1960er Jahren untersucht. "Es ist generell so, dass Innenstädte wärmer sind als Außenbereiche", sagt der DWD-Meteorologe Gerhard Lux. "Es ist wie ein lokales Klima." Stadtplaner machen sich inzwischen Gedanken um eine an den Klimawandel angepasste Architektur.

    In München ist es bis zu zehn Grad wärmer als im Umland

    Wegen des wärmeren Mikroklimas in der Stadt München kann der Temperaturunterschied auf dem Land laut Brandt noch mehr als zehn Grad betragen. Wer dort in herbstlicher Kühle startet, kann auf der Wiesn sommerliche Temperaturen erleben. Kein Wunder, dass Besucher alsbald überflüssig scheinende Kleidung ablegen - die sich dann im Fundbüro türmt.

    Und kein Wunder, dass sich mancher die Wiesn-Grippe holt. Nicht nur, dass die Erreger in der Enge der Zelte leicht übertragen werden. "Man schwitzt, der Körper ist nass - und gibt plötzlich in der kalten Umgebung viel zu viel Wärme ab", sagt Brandt. Dieser "Klimaanlageneffekt" sei thermischer Stress - der mit zunehmender Erderwärmung auch eine größere Rolle spielen könnte.

    Oktoberfest-Wirte und Schausteller befürchten größere Sturmgefahr

    Wirte und Schausteller sorgen sich ebenfalls um den Klimawandel - aber weniger wegen der Hitze. "Das ist ein Thema - wenn zum Beispiel die Sturmgefahr größer wird", sagt der zweite Wirtesprecher Christian Schottenhamel. Die Bierzelte werden vom TÜV Süd überprüft - "aber es bleiben eben Zelte". Bei Sturm müssen etwa die Türen geschlossen bleiben - einmal war das Dach eines Zeltes teils abgedeckt worden.

    Auch schwere Unwetter und starke Regengüsse nehmen zu. Das kann gefährlich werden, wenn Dinge umstürzen oder alle auf einmal zu den Ausgängen drängen. Mit einer erst 2017 installierten Lautsprecheranlage sollen dann die Massen gelenkt werden. Nasskaltes Wetter vertreibt ohnehin die Gäste. 2016 hatte neben der Terrorangst mieses Wetter die Zahl auf 5,6 Millionen sinken lassen, weit unter die üblichen sechs Millionen.

    "Mit zu heiß haben wir weniger Probleme - eher damit, dass es abends kühler wird", sagt Wirt Toni Winklhofer. An den Seiteneingängen seines Traditionszeltes auf der Oidn Wiesn hat er Luftschleier installiert. Das Gebläse schafft eine Barriere zur Außenluft. "Das verhindert das Eindringen von kalter Luft und wirkt wie ein Vorhang." In vielen Biergärten gibt es Wärmestrahler.

    Ausgerechnet an kühlen und regnerischen Tagen hilft der Wärme-Effekt auf dem Volksfest wenig. Brandts Untersuchungen zufolge liegen die Unterschiede zur Umgebung dann nur bei zwei bis vier Grad, weil Wind die Wärme wegtreibt und der Regen die Luft abkühlt.

    Bei schlechtem Wetter kam es schon vor, dass auf der Wiesn neben Bier Glühwein ausgeschenkt wurde. Einmal, so berichtet der Wirt des Löwenbräu-Zeltes, Ludwig Hagn, habe Schnee auf den Tischen der Biergärten gelegen. "Wir haben mit dem Gummischaber Tische von Schnee befreit." Gar nicht so selten gibt es zur Wiesnzeit den ersten Bodenfrost. Wenn frühmorgens der Boden der Biergärten mit Wasser saubergespritzt werde, könne sich Glatteis bilden. Gewöhnlich taut es aber schnell - spätestens wenn die hitzigen Massen das Zelt stürmen.  (dpa)

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