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Oktoberfest 2020: Wie massiv die Absage der Wiesn München treffen würde

Oktoberfest 2020

Wie massiv die Absage der Wiesn München treffen würde

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    Alles steht Kopf. Sollte das Münchner Oktoberfest abgesagt werden, entgeht der Wirtschaft eine Milliarde Euro.
    Alles steht Kopf. Sollte das Münchner Oktoberfest abgesagt werden, entgeht der Wirtschaft eine Milliarde Euro. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Die Münchner Wiesn ist für Ludwig „Wiggerl“ Hagn mehr als ein Volksfest und viel mehr als ein Arbeitsplatz. Sie ist sein ganzes Leben. Das hört man sofort heraus, wenn der 80-Jährige mit seiner tiefen Stimme und in breitem Münchner Dialekt von den 65 Jahren als Wiesnwirt erzählt. Von seinem ersten Besuch auf dem Oktoberfest im Jahr 1957 zum Beispiel. „Da gab es noch eine Liliputstadt mit Kleinwüchsigen und eine Wild-West-Schau mit Indianern zu sehen. Heute unvorstellbar, oder?“ Und von den vielen Raufereien früher. „400 Mann, die sich alle geprügelt haben. Aber als nach zehn Minuten die Polizei kam, haben sie sich gegenseitig schon wieder abgeputzt, die Hände geschüttelt und die Stühle aufgestellt.“

    Von Tag zu Tag wird eine Wiesn 2020 unwahrscheinlicher

    Aber es gab auch traurige Tage, die Hagn, der 40 Jahre Geschäftsführer des Löwnbräuzeltes war, miterleben musste. Das Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980, bei dem 13 Menschen starben und über 200 verletzt wurden. Oder nach dem 11. September 2001, als nach dem Terroranschlag in New York kaum Menschen das Münchner Volksfest besuchten. „Aber dass das Oktoberfest ganz abgesagt wird, das habe ich noch nie erlebt.“ Doch darauf scheint es derzeit hinauszulaufen. Von Tag zu Tag wird es unwahrscheinlicher, dass das größte Volksfest der Welt mit seinen Millionen Gästen in Zeiten der Corona-Krise stattfinden wird.

    Das Wiesn-Attentat von 1980

    Es war das traurigste Kapitel der Oktoberfest- Geschichte: 13 Tote, darunter drei Kinder, und mehr als 200 Verletzte forderte das Attentat auf die Wiesn vor 34 Jahren.

    Am 26. September 1980 um 22.19 Uhr explodierte in der Menschenmenge die Bombe eines Rechtsradikalen.

    Auch Jahrzehnte danach gab es stets Zweifel, ob Gundolf Köhler die Tat gut eine Woche vor der Bundestagswahl alleine und aus politischem Frust begangen hat.

    Der Attentäter, der damals 21 Jahre alte Geologie-Student Gundolf Köhler aus Donaueschingen und frühere Anhänger der dann verbotenen rechtsextremistischen "Wehrsportgruppe Hoffmann", hatte nach einer verpatzten Prüfung den TNT-Sprengsatz in einem Mülleimer am Wiesn- Haupteingang deponiert.

    Er starb selbst bei der Explosion.

    Nach wie vor breitet sich das Virus in allen Ländern der Erde weiter aus und fordert immer mehr Todesopfer. Weltweit haben Staaten drastische Maßnahmen beschlossen, um die Pandemie zu bremsen, zum Beispiel wurden sämtliche Großveranstaltungen in diesem Jahr abgesagt und auf 2021 verschoben: die Olympischen Spiele in Tokio, die Fußball-Europameisterschaft, die UN-Klimakonferenz. Bundesweit sind alle Großveranstaltungen bis Ende August verboten. Das bedeutet auch das Aus für das zweitgrößte Volksfest Bayerns, das Gäubodenvolksfest in Straubing, das am 7. August begonnen hätte. Eine Entscheidung zum Oktoberfest, das am 19. September zum 187. Mal starten soll, ist bisher noch nicht gefallen. Aber die Wiesn wackelt von Tag zu Tag mehr, denn Experten schätzen den Zeitraum bis dahin als zu gering ein, um Medikamente und Impfungen zu entwickeln.

    Auch für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) steht das Volksfest auf der Kippe. Er sagte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk: „Ich bin sehr, sehr skeptisch und kann mir aus jetziger Sicht kaum vorstellen, dass eine solch große Veranstaltung überhaupt möglich ist zu dem Zeitpunkt.“ Söder betonte, dass eine endgültige Entscheidung noch nicht getroffen sei und dass er sich bis Ende April mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) beraten wolle. Eine Absage wäre zwar schade, aber, dass die Wiesn stattfindet, sei aus jetziger Sicht eher unwahrscheinlich, betonte Söder. Ursprünglich hatte es geheißen, dass eine Entscheidung über eine eventuelle Absage des Volksfestes voraussichtlich Ende Mai oder spätestens Anfang Juni fallen müsse – bevor konkrete Vorbereitungen anlaufen und der Aufbau beginnt.

    „Es geht um viel zu viel, als dass wir das im Hau-Ruck-Verfahren durchziehen“

    Derselben Ansicht wie Markus Söder ist auch Clemens Baumgärtner von der Stadt München. Er ist sozusagen der oberste Wiesn-Chef. „Ich teile die Auffassung vom Ministerpräsidenten, dass es immer unwahrscheinlicher wird, dass die Wiesn stattfinden kann.“ Er sei froh, dass man sich in den nächsten beiden Wochen zusammensetzen und das Für und Wider gemeinsam abwägen werde. „Am Schluss wäre ich derjenige, der die Zulassungsbescheide unterschreiben und die Erlaubnis geben würde“, erklärt Baumgärtner. Die Entscheidung könne niemand leichtfertig treffen. Denn einerseits sei es oberste Prämisse, die Gesundheit der Besucher zu schützen. Andererseits müsse er im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen eine Entscheidung treffen, die absolut richtig und vertretbar sei. Deshalb sei Baumgärtner auch froh, dass man sich noch etwas Zeit nehmen wolle. „Es geht um viel zu viel, als dass wir das im Hau-Ruck-Verfahren durchziehen.“

    Wiesnchef Clemens Baumgärtnerauf dem Oktoberfest 2019-
    Wiesnchef Clemens Baumgärtnerauf dem Oktoberfest 2019- Foto: Hoe Fgj, dpa (Archiv)

    Für Ludwig Hagn, der 2019 als Wiesnwirt aufhörte und dessen Tochter die Geschäfte des Löwenbräuzeltes übernommen hat, wäre es eine verständliche Entscheidung. „Aus gesundheitlichen Gründen. Aber es wäre ein unfassbarer wirtschaftlicher Schaden für die Schausteller, die Bedienungen, die Wirte. Einfach für alle, die an der Wiesn beteiligt sind.“ Genauso sieht es auch Wenzel Bradac, Präsident des Bayerischen Landesverbandes der Marktkaufleute und der Schausteller: „Wir sind total gegen voreilige Absagen und hoffen, dass die Wiesn stattfindet. Denn für die Münchner Schausteller ist das Oktoberfest existenzerhaltend.“ Es geht um eine Menge Geld.

    Das Referat für Arbeit und Wirtschaft der Stadt München als Veranstalter hat berechnet, dass rund um das Münchner Volksfest im Schnitt ungefähr 1,23 Milliarden Euro fließen. Rund 6,3 Millionen Besucher geben an 16 Tagen der Wiesn im Schnitt etwa 442 Millionen allein auf dem Oktoberfest aus. Für Übernachtungen, Einkäufe, Taxifahrten und öffentliche Verkehrsmittel werden in der Stadt München noch einmal 790 Millionen Euro ausgegeben. Darin eingerechnet sind allerdings noch nicht einmal die Umsätze, die im gesamten Ballungsraum im Zusammenhang mit der Wiesn gemacht werden. Schausteller, Wirte, Bedienungen, aber auch Hoteliers, Handwerker, Einzelhändler und Taxifahrer sind von diesen Einnahmen abhängig. „Das ist aber bei jedem Volksfest so“, sagt Hagn. „Auch beim Augsburger Plärrer. Das Geschäft wird nicht nur auf dem Fest, sondern in der ganzen Stadt und im gesamten Großraum gemacht.“ Wie groß der finanziellen Schaden tatsächlich sein könnte, lässt sich nur erahnen. Fragt man bei Wirten, bei Schaustellern, bei Zeltbauern nach, trifft man auf eine Mauer des Schweigens. Die Situation sei heikel, heißt es lediglich, Spekulationen gebe es viele und man wolle diese nicht zusätzlich anfeuern. Deshalb wolle man das Thema Wiesn derzeit nicht kommentieren.

    Einer, der redet, ist Ludwig Hagn. „Wenn die Wiesn ausfällt, geht es nicht nur um den Schaden von diesem Jahr. Bis man die Wiesn wieder so aufbaut, wie sie einmal war, könnte es lange dauern.“ Es brauche seine Zeit, bis wieder so viele Besucher aus aller Welt kommen wie bisher und bis sich die Schausteller von der Krise erholt hätten.

    Hagn: „Die Wiesn hat etwas Identitätsstiftendes"

    Hagn gehe es aber nicht nur um das Wirtschaftliche, sondern auch um das Emotionale. „Wir sind eine große Familie. Das können nur die verstehen, die die Wiesn schon mal erlebt haben. Der, der noch nie auf dem Oktoberfest war, dem kann man das nicht erklären.“ Der typische Münchner zum Beispiel, sagt Hagn, sei ein Grantler. Er beschwere sich das ganze Jahr über den Gestank und die vielen Menschen am Oktoberfest. Und im September sei er jedes Jahr doch wieder da und feiere 16 Tage durch. „Genauso ist's mit den Bedienungen. Wenn die Wiesn rum ist, will keiner je wieder dort arbeiten. Alle beschweren sich über die Besoffenen und die Grapscher. Und dann sagen doch wieder alle zu.“ 209 Bedienungen hätten 2019 für Hagn gearbeitet, 208 von ihnen hätten wieder für 2020 zugesagt. „Wehe, sie kriegen keine Weihnachtskarte, dann steht das Telefon nicht mehr still.“ Viele Bedienungen habe er in den Jahrzehnten auf der Wiesn kennengelernt, manche sogar in den Jahren als die Musiker noch keinen Verstärker brauchten und das Auf-der-Bierbank-Schunkeln bei den Gästen absolut verpönt war. „Ich habe drei Doktorandinnen, eine Frau, die jedes Jahr extra aus Hamburg kommt. Meine älteste Kellnerin war 80 Jahre alt, die hat immer zusammen mit ihrer Tochter und zwei Enkelinnen bedient.“ Und als eine seiner langjährigen Bedienungen verstarb, fuhr Hagn nach Mühldorf zur Beerdigung. „Und am Grab standen zwölf von ihnen Spalier für ihre Kollegin, in Dirndl und Schürze. Da stellt’s dir die Haar auf!“ Clemens Baumgärtner von der Stadt München weiß genau, was Ludwig Hagn damit sagen will: „Die Wiesn hat etwas Identitätsstiftendes. Sie gehört zur Münchner Gemütlichkeit und hat eine Strahlkraft in die ganze Welt.“

    Von A wie Anstich bis Z wie Zapfenstreich: Das Wiesn-ABC

    A wie Anstich: Um Punkt zwölf Uhr sticht der Münchner Oberbürgermeister am ersten Wiesn-Samstag in der Anzapfboxe im Schottenhamel-Zelt das erste Fass an und ruft: "O'zapft is!"

    B wie Bier und Brezn: Bilden eine Art Corporate Identity des Festes. Kein Wiesn-Plakat kommt ohne Bilder von Brezn und Bierkrügen aus.

    C wie Camping: Ein Hotspot ist während des Festes der Campingplatz in Thalkirchen. Vorzugsweise Australier leben dort in Zelten. In Campern kommen die Italiener, sie parken gern nah am Festgelände. Mancher stand nach dem Bierzeltbesuch schon ohne Schlafplatz da - abgeschleppt.

    D wie Dirndl: Gibt es billig rund ums Festgelände. Mit Landhausmode hatte der Trachtenhype begonnen und über untraditionelle Minidirndl zuletzt zu einem etwas gehobeneren Stil geführt. Insider meinen allerdings: Die Pracht der Tracht verblasst langsam wieder.

    E wie Essen: Wagenladungen davon werden verzehrt. Mehr als hundert Ochsen, fast 60 Kälber, gut 360.000 Hendl und mehr als 28 Tonnen gebrannte Mandeln verspeisten hungrige Gäste 2016.

    F wie Flirten: Flirten gehört zur Wiesn wie Brezn, Bier und Blasmusik. 

    G wie Gspusi: Klappt es mit dem Flirten, hat man - für mindestens einen Abend - ein Gspusi.

    H wie Hügel: Im Winter fahren Kinder mit dem Schlitten hinunter, zur Wiesn-Zeit geht es auf dem Hügel hinter den Zelten nicht gerade jugendfrei zu. Paare kommen sich näher, Wiesngäste erleichtern ihre Blase oder ihren Magen, manche schlafen dort ihren Rausch aus. Mit den verstärkten Kontrollen ist hier allerdings mehr Ordnung eingekehrt.

    I wie Italiener-Wochenende: Das mittlere der drei Wiesn-Wochenenden gilt traditionell als besucherstärkstes - und Zehntausende italienische Gäste tragen ihren Teil dazu bei.

    J  wie Jubel: Er brandet auf, wenn der Oberbürgermeister das erste Fass angezapft hat und das Bier endlich in Strömen fließt.

    K wie Käferzelt: Hier knutschten die Effenbergs, und zum traditionellen Wiesn-Besuch des FC Bayern bringen die Spieler ihre Frauen mit. Das nach der Wirtsfamilie Käfer benannte Zelt am Ende der Bierstraße ist nobel und das Promi-Zelt Nummer eins.

    L wie Lebkuchenherz: Spatzl, Mausi oder der schlichte "Gruß vom Oktoberfest" - wer ohne Lebkuchenherz von der Wiesn nach Hause geht, ist selbst schuld.

    M wie Maß: Die Maß ist weiblich und sie wird mit kurzem a und scharfem s gesprochen. Wer "ein Maaaß Bier" bestellt, outet sich sofort als Zugroaster. 6,6 Millionen Maß tranken die Gäste 2016. Die Preise für eine Maß liegen in diesem Jahr, je nach Festzelt, zwischen 10,60 Euro und 10,95 Euro.

    N wie Noagerl: Der unappetitliche Rest in der Maß heißt Noagerl und teilt die Welt in drei Typen von Trinkern: Die, die auf den letzten Schluck verzichten, die, die ihn trinken, und die, die ihn gleich in die nächste Maß kippen.

    O wie Öffnungszeit: Kompliziert. Ab 9.00 Uhr dürfen Gäste aufs Festgelände. Der Bierausschank beginnt an Wochenenden um 9.00, unter der Woche um 10.00 Uhr. Fahrgeschäfte sperren um 10.00 Uhr auf. Schluss mit Musik und Bier ist je nach Zelt zwischen 22.30 Uhr und 0.30 Uhr, bei den Schaustellern endet der Betreib zwischen 23.30 und 24.00 Uhr.

    P wie Prosit der Gemütlichkeit: Es ist der Wiesn-Gassenhauer schlechthin. Wenn er ertönt, heißt es: Hoch die Krüge und gsuffa. 

    Q wie Quiz: Sind Sie fit für die Wiesn? Sprechen Sie Bayerisch? Vor dem Fest kursieren allerlei Fragebögen, wobei das Abschneiden bei den Tests keinerlei Konsequenz für den Wiesnbesuch hat.

    R wie Reservierung: Sie ist an sich kostenfrei, die meisten Zelte verlangen aber den Kauf von Verzehrgutscheinen, etwa für zwei Maß Bier und ein Hendl. Im Internet werden Reservierungen aber zu astronomischen Preisen gehandelt, 3000 bis 6000 Euro für einen Zehnertisch kann man loswerden.

    S wie Sicherheit: Alljährlich wird das Sicherheitskonzept angepasst. Seit 2016 sind Taschen und Rucksäcke mit mehr als drei Litern Volumen verboten. Das Festgelände ist mit einem Zaun rundum abgeschirmt. Ordner kontrollieren Besucher an den Eingängen. Zu den Neuerungen dieses Jahr zählt eine Lautsprecheranlage, um Gäste bei einem Alarm besser zu leiten.

    T wie Terrorsorgen: Sie erreichten die Wiesn 2009. Das Terrornetzwerk Al Kaida hatte in einem Drohvideo den Haupteingang des Volksfestes gezeigt. Poller und Betonsperren wurden damals als Schutz vor Angriffen mit Autos installiert. Damals allerdings dachte man an Autobomben. Heute gilt die Sorge auch Lastwagen ohne Sprengstoff.

    U wie Umsatz: Wer wie viel verdient auf der Wiesn, ist ein großes Geheimnis. Allerdings müssen die Wirte dieses Jahr ihre Umsätze gegenüber der Stadt offenlegen. Denn um die erhöhten Kosten für die Sicherheit zu finanzieren, werden sie mit einer Umsatzpacht zur Kasse gebeten.

    V wie Vollrausch: Auch wenn die Verantwortlichen immer wieder den traditionellen Charakter der Wiesn betonen: Für viele ist sie in erster Linie die größte Bierfest der Welt, das entsprechend oft im Vollrausch endet.

    W wie Weinzelt: Kaum zu glauben, aber nicht überall auf der Wiesn gibt es Bier aus Maßkrügen. Im Weinzelt trinkt man - wie der Name schon sagt - Wein. Aber nicht aus dem Maßkrug. Außerdem gibt es Weißbier.

    X wie xuffa: Nicht die gebräuchlichste Schreibweise. Aber wenn es zur Wiesn wieder heißt "oans, zwoa, drei...", dann kann der bierselige Münchner "gsuffa" rufen oder eben auch "xuffa". Rein grammatikalisch ist "xuffa" (oder "gsuffa") das Partizip Perfekt von "saufen". Faktisch ist es ein Imperativ und fordert auf, die Maß Bier krachend gegen eine andere zu donnern und einen tiefen Schluck zu nehmen.

    Y wie Yokohama und Yangon: Die Wiesn ist ein Exportschlager. Sogar in Yangon in Myanmar und in Yokohama in Japan gibt es ein Oktoberfest. 

    Z wie Zapfenstreich: Um 22.30 Uhr ist in den meisten großen Zelten Schluss: Ab dann gibt es kein Bier mehr. Die letzte Stunde verbringen die Ordnungskräfte vor allem damit, betrunkene Gäste aus den Zelten zu treiben. (dpa, sli)

    Wenn die Entscheidung in den kommenden zwei Wochen tatsächlich gefällt wird, wäre das für alle Mitwirkenden tragisch und für viele existenzbedrohend – aber es wäre nicht das erste Mal in der über 200-jährigen Geschichte, dass das Volksfest nicht stattfinden kann. Zum ersten Mal hatte die Stadt München 1810 das Oktoberfest gefeiert, anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Ludwig mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen, später das Königspaar von Bayern. Bereits 1813 musste das Volksfest zum ersten Mal ausfallen – wegen der Kämpfe mit Napoleon. Ein paar Jahrzehnte später grassierte dann die Cholera, sowohl 1854 als auch 1873 wurde das Fest wegen der Seuche abgesagt. Auch Königin Therese, zu deren Ehren die Wiesn zum ersten Mal stattgefunden hatte und nach der das Festgelände, die Theresienwiese, benannt ist, gehörte zu denen, die an der Cholera starben. Auch 1866 wurde wegen des preußisch-österreichischen Krieges kein Münchner Volksfest gefeiert. Ebenso während des Ersten Weltkrieges, von 1914 bis 1918 wurde nicht gefeiert. 1923 wiederum fiel das Volksfest wegen der Hyperinflation aus, ebenso in den Jahren des Zweiten Weltkriegs. Erst 1949 ging es wieder richtig los. „Seit diesem Zeitpunkt musste das Oktoberfest nie wieder abgesagt werden“, heißt es auf dem Portal der Stadt München, „wir hoffen, dass das so bleibt.“

    Der ehemalige Wiesnwirt Ludwig Hagn will die Hoffnung bis zum Schluss nicht aufgeben, dass das größte Volksfest der Welt doch noch stattfinden kann. „Die Frage ist nur: Wie? Wie soll man bitte im Bierzelt zwei Meter Abstand halten?“ Dann eben nur ganz oder gar nicht. Ähnlich sieht es auch Clemens Baumgärtner: „Die Wiesn ist die Wiesn, die wollen die Menschen nur mit allem drum und dran.“

    Lesen Sie dazu: Corona-Absagen: Auch der Herbstplärrer steht auf der Kippe

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