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Ökologie: Neues Artenschutz-Projekt: Jetzt kommen Highways für Bienen

Ökologie

Neues Artenschutz-Projekt: Jetzt kommen Highways für Bienen

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    Entlang bayerischer Straßen soll künftig mehr blühen als nur Löwenzahn: Das Verkehrsministerium hat ein Pilotprojekt namens „Bienen-Highway“ initiiert.
    Entlang bayerischer Straßen soll künftig mehr blühen als nur Löwenzahn: Das Verkehrsministerium hat ein Pilotprojekt namens „Bienen-Highway“ initiiert. Foto: Benedikt Siegert

    „Rettet die Bienen“ – mit diesem markigen Slogan ist Bayerns Umweltschützern beim gleichnamigen Volksbegehren ein großer Erfolg gelungen. Nun ist die Staatsregierung am Zug – und greift zu nicht minder markigen Botschaften. So feiern Ministerpräsident Markus Söder und Verkehrsminister Hans Reichhart (beide CSU) an diesem Freitag gemeinsam den Start eines neuen Pilotprojekts namens „Bienen-Highway“.

    Quer durch Bayern sollen entlang von Radwegen an Autobahnen-, Bundes- und Staatsstraßen dutzende mindestens einen Kilometer lange und 1,5 Meter breite Blühstreifen angelegt werden, die Bienen, Hummeln, Schmetterlingen und anderen Insekten als Nahrung und Lebensraum dienen können. Zudem sollen sie Biotope miteinander verbinden. „Manche Wildbienen legen im Lauf ihres Lebens nur zwischen 80 und 300 Meter zurück. Ein Bienen-Highway schafft damit eine Brücke zwischen Wildbienen-Völkern, die ansonsten zu weit voneinander entfernt leben würden“, heißt es aus dem Verkehrsministerium.

    In Schwaben gibt es drei „Bienen-Highways“

    Alle staatlichen Bauämter Bayerns sowie die Autobahndirektionen wirken an dem Projekt mit und so wachsen in den kommenden Wochen auch in Schwaben mindestens drei der „Bienen-Highways“: Im Süden Augsburgs an der B17 zwischen Oberottmarshausen und Kleinaitingen, im Unterallgäu an der B300 bei Kettershausen und an der B16 zwischen Günzburg und Gundelfingen. Bayernweit sind schon jetzt 26 Highways geplant, am Freitagnachmittag streuen Söder und Reichhart persönlich Saatgut neben die B14 bei Lauf an der Pegnitz. Das Saatgut besteht aus bis zu 40 verschiedenen Arten und wird für jede Region Bayerns eigens angepasst, damit auch nur heimische Pflanzenarten am Wegesrand sprießen. In

    Das Artensterben in Bayern

    In Bayern verschwinden immer mehr Tier-und Pflanzenarten. Es ist das größte Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier.

    Der Bestand der Insekten ist seit 1989 um etwa 75 Prozent gesunken. Fast genauso groß ist der Rückgang bei den Tagfaltern: 73 Prozent sind bereits verschwunden.

    Mehr als die Hälfte aller Bienen (54 Prozent) sind bedroht oder bereits ausgestorben.

    Nur noch halb so viele Vögel wie vor 30 Jahren leben heute in Bayern. Seit 1965 ist der Bestand der Feldvögel um etwa 65 Prozent zurückgegangen. Quelle: Bund Naturschutz Bayern

    Bei Naturschützern löst das Pilotprojekt gespaltene Reaktionen aus. „Schön, aber...“, lautet das Fazit von Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz, als auch Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz. Ihnen geht das Engagement der Staatsregierung nicht weit genug.

    „Ich will die Highways nicht schlechtreden, jedes Projekt für den Artenschutz ist besser als keines. Aber es besteht die Gefahr, dass es nicht viel mehr als ein Feigenblatt ist und beim nächsten Straßenbauprojekt als Pro-Argument aufgeführt wird“, sagt Schäffer. Mergner seht das ganz ähnlich: „Die Blühstreifen sind gut gemeint, sie sind aber auch ein sehr kleiner Ansatz. Es wäre viel sinnvoller, wenn man den Ausbau des gigantischen Straßennetzes überdenken würde. Jede neue Straße, die nicht gebaut wird, hilft der Natur und den Tieren mehr, als ein paar Blumen am Straßenrand“. Zwar habe Ministerpräsident Söder in der Vergangenheit schon erklärt, dass der Flächenverbrauch auf den Prüfstand müsse – beim Thema Straßenbau sei hier seither aber noch nichts passiert, sagt Mergner.

    "Bienen-Highways": Blühstreifen können für Bienen zur Gefahr werden

    Zumal auch die Neuanlegung der Blühstreifen selbst kritisch gesehen werden müssten, wie Schäffer und Mergner betonen. So sei es bei vielen Randstreifen sinnvoller, die bestehende Vegetation wachsen zu lassen. „Da braucht es oftmals keine bunten Blumenwiesen, sondern die Insekten haben dort oft schon alles, was sie brauchen“, sagt Schäffer. Überhaupt sei es ein Problem, dass viele Straßenränder mehrmals im Jahr abgemäht oder gar gemulcht würden, obwohl es weder aus ökologischer noch verkehrstechnischer Sicht nötig wäre, „aber die Mitarbeiter im Bauhof gerade Zeit haben“, so Schäffer.

    Auch der direkt neben den Blühstreifen vorbeifahrende Straßenverkehr könne zum Problem werden, sagt BUND-Chef Mergner und spricht von einer „ökologischen Falle“: Bienen und Schmetterlinge werden durch die duftenden Blumen angelockt – und enden an der Windschutzscheibe des vorbeirasenden Autos. Daher sei es sinnvoller, die Streifen entlang von Radwegen anzulegen und weniger an viel befahrenen Straßen.

    Im Ministerium ist man trotz der Kritik von den Bienen-Highways überzeugt. Diese seien „ein wichtiger Beitrag zur Insektenvielfalt und Biodiversität in Bayern“, sagte Verkehrsminister Hans Reichhart unserer Redaktion. Zum Thema Straßenbau erklärte er, befinde man sich oftmals im Konflikt zwischen dem Naturschutz und anderen Bedürfnissen der Bürger wie Mobilität oder Lebensqualität. Bei jedem staatlichen Bauvorhaben werde jedoch genau abgewogen, welchen Nutzen es habe und ob es womöglich nachhaltiger gestaltet werden könne.

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