Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Oberstdorf: Dieser Allgäuer ist der königliche Lieferant der Queen

Oberstdorf

Dieser Allgäuer ist der königliche Lieferant der Queen

    • |
    Wolfgang Dürheimer liebt noble Autos.
    Wolfgang Dürheimer liebt noble Autos. Foto: Ralf Lienert

    Das Interview mit Wolfgang Dürheimer findet im Wagen statt. Natürlich nicht in irgendeinem Wagen. Der Chef der noblem Automarken Bentley und Bugatti lädt standesgemäß zu einer Fahrt mit dem neuen

    Dem 57-Jährigen ist der Stolz auf sein jüngstes Werk anzumerken, als er sich vor seinem Allgäuer Landhaus ans Steuer setzt. Und er spart nicht mit Superlativen: „Der Bentley Bentayga ist das stärkste, schnellste und luxuriöseste SUV der Welt und er wird zum Maßstab einer neuen Fahrzeugklasse avancieren, vor allem in Sachen Komfort, Leistungsanspruch und Souveränität.“

    Wolfgang Dürheimer ist Präsident von Bugatti und Bentley.
    Wolfgang Dürheimer ist Präsident von Bugatti und Bentley. Foto: Ralf Lienert

    Dürheimer, ganz Gentleman im dunklen Zweireiher-Sakko mit perfekt sitzender Krawatte, legt seine Rolle als internationaler Automobilmanager nur selten ab. Erst nach langem Gespräch auf Hochdeutsch klingt für kurze Momente sein Allgäuer Dialekt ein wenig durch. Dürheimer ist in dem 1500-Einwohner-Ort Martinszell im Oberallgäu aufgewachsen, war Ministrant in der Dorfkirche und schon als Kind von Autos und Motorrädern fasziniert.

    Wolfgang Dürheimer ist Chef von Bentley und Bugatti

    Viel mehr an Persönlichem ist dem Mann, der heute im Milieu der Schönen und Reichen zu Hause ist, nicht zu entlocken. Drei Visitenkarten weisen ihn als Chairman und Chief Executive bei Bentley Motors, als Präsident von Bugatti und als Generalbevollmächtigten für Motorsport im VW-Konzern aus. Der Chef mit Schreibtischen in Crewe, England, Molsheim in Frankreich und in der Wolfsburger Zentrale des Volkswagen-Konzerns, liefert seine Luxus-Fahrzeuge gelegentlich persönlich aus.

    Beispielsweise an die Queen von England, bei der er als „Königlicher Hoflieferant“ akkreditiert ist. Zu ihrem 60-jährigen Thronjubiläum gab es nicht nur ein neues Auto, sondern auch eine Handtasche in der Wagenfarbe.

    Der Besuch auf Schloss Sandringham (Norfolk) im Juli 2012 war wohl eines der bewegendsten Ereignisse in seinem Berufsleben. Dürheimer hatte den dunkelgrünen Bentley am Portal geparkt und war von der Ordonanz gemeldet worden. „Schlag zwölf stand Elizabeth II. da“, erinnert er sich. Zuerst habe er in aller Ausführlichkeit das Interieur und danach sogar den Motor im Detail präsentiert.

    Dürheimers Karriere begann bei BMW

    Fast alles, was Dürheimer von sich aus erzählt, dreht sich um Automobile. Er selbst war bei der Sandbahn- und Speedway-Legende Manfred Poschenrieder in Kempten in das Tüfteln und Schrauben eingeführt worden und hatte erste Erfahrungen mit hochgezüchteten Rennmotoren gemacht. „Da habe ich Perfektionismus gelernt.“

    Seine Abschlüsse als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik und als Diplom-Wirtschaftsingenieur absolvierte er an der Fachhochschule München. Zudem erhielt er ein Fulbright-Stipendium, um am Virginia Polytechnic Institute Maschinenbau und Management zu studieren. Seine eigentliche Karriere begann 1984 bei BMW, wo er zunächst diverse Führungsfunktionen übernahm, bevor er zum Leiter der Produktentwicklung der Motorradsparte ernannt wurde. Zuletzt arbeitete er als Mitglied der Geschäftsleitung für Forschung, Entwicklung und Projektmanagement. „Ich bin auch heute noch aktiver Motorradfahrer und habe drei

    Nach 14 Jahren bei BMW wechselte der Allgäuer von zwei auf vier Räder und zog mit der Familie 1999 von Bayern nach Baden-Württemberg zu Porsche um. In Weissach leitete er die legendäre Baureihe 911 und wurde nach zwei Jahren zum Vorstand für Forschung, Entwicklung und Produktmanagement ernannt. In dieser Rolle verantwortet Dürheimer die Entwicklung neuer Modelle wie Cayenne, Panamera, Carrera GT, Cayman und startete den 918 Spyder. Nach der Übernahme von

    Mit seinem neuen SUV Bentayga macht er vor der Erstauslieferung eine letzte Probefahrt zum Schloss Neuschwanstein.
    Mit seinem neuen SUV Bentayga macht er vor der Erstauslieferung eine letzte Probefahrt zum Schloss Neuschwanstein.

    Das kurze Intermezzo als Entwicklungschef der Audi AG in Ingolstadt ab 2012 endete schon nach einem knappen Jahr. Seine Laufbahn bekam eine neue Richtung. Sein Nachfolger bei Audi wurde Ulrich Hackenberg. Dürheimer konzentrierte sich danach auf seine Aufgabe als Generalbevollmächtigter für Motorsport beim VW-Konzern und kehrte am 1. Juni 2014 in seine früheren Aufgaben bei Bentley und Bugatti zurück.

    Die Idee, die er seit 2011 auf den Weg gebracht hatte, konnte nun der Vollendung entgegengehen: Bentley-Entwicklungschef Rolf Frech vertraute er sein Konzept für einen exklusiven und schnellen Geländewagen an. „

    Gemeinsam mit einem Freund erarbeitete Dürheimer das Konzept zum Bentley Bentayga

    Dürheimer und Frech tourten mit dem Prototyp durch alle Klimazonen der Welt, doch den Feinschliff gab Dürheimer seinem „Baby“ auf heimischem Terrain. Auf ihm gut bekannten Strecken wie dem anspruchsvollen Autobahnteilstück zwischen Wolfertschwenden und dem Allgäuer Tor und im Bergstättgebiet zwischen Immenstadt und Weitnau testete er Fahrwerk und Fahreigenschaften auf Herz und Nieren.

    Dürheimer beschreibt die Wünsche seiner Kunden: „Die Herrschaften wollen es einerseits so bequem wie möglich haben, und andererseits maximale Sportlichkeit auf Abruf parat haben. Das Auto soll schleichen wie eine Katze und bei Bedarf mühelos auf über 300 km/h lossprinten können.“ Hatte er anfangs vorsichtig mit 3600 Bestellungen für seinen Geländewagen im Jahr kalkuliert, liegen aktuell 5500 Aufträge vor und ein neues Kapitel in der Geschichte von Bentley Motors beginnt.

    Der Bentley-Standort Crewe, 45 Kilometer südwestlich von Manchester, ist mit 67000 Einwohnern ungefähr so groß wie Kempten im Allgäu. Seit 1938 werden dort Autos mit viel Handarbeit gefertigt. „Wir sind quasi eine große Schreinerei mit angeschlossener Automobilmontage“, scherzt Dürheimer. Allein im Spitzenmodell Mulsanne stecken über 500 Stunden Arbeit. Dazu gibt es reichlich Sonderwünsche: „Paris Hilton wollte ihren Bentley in Pink.“

    Der Erfolg des Unternehmens gibt ihm Auftrieb: „Wir haben im Jahr 2015 zum dritten Mal in Folge weltweit über 10000 Fahrzeuge verkauft. Dieses Wachstum bietet viele Chancen für unsere Kunden, Händler und unsere Mitarbeiter.

    Wir investieren bis 2016 rund 840 Millionen Pfund in den Ausbau unseres Werks in Crewe und schaffen über 1500 neue Jobs“, berichtet Dürheimer. Aktuell gehen 4000 Mitarbeiter täglich durch die Werkstore, sie nennen ihren Chef respektvoll „Mister D.“.

    Dürheimer selber fährt einen Bentley Continental GT Cabriolet

    Die Auslieferung der ersten 600-PS-Bentaygas kurz vor Weihnachten in England war für den Allgäuer ein hoch emotionaler Moment. Immerhin 300000 Euro kostet die aktuelle Edition – ohne die eingebaute Breitling-Tourbillion- Uhr mit Brillanten. Die kostet noch einmal 150000 Euro extra. Mit einem Anflug von britischem Humor erwähnt Dürheimer ein weiteres Extra: „Damit die Uhr nicht stehen bleibt, gibt es eine Mechanik, die den SUV zum wohl extravagantesten Uhrenbeweger der Welt macht.“

    Dürheimer sagt über seine Klientel: „Unsere Kunden haben in ihrem Leben sehr hart gearbeitet, viel gewagt und auch viel gewonnen. Im Schnitt stehen bei einem Bentley- Kunden sieben Autos in der Garage, darunter auch mindestens ein Geländewagen.“ Bei den Bugatti-Kunden ist es noch extremer: „Im Durchschnitt über 40 Autos, drei Jets, drei Helikopter und eine Luxus-Yacht. Zudem sind viele von ihnen Kunstsammler“, berichtet der Präsident der exklusiven Supersportwagenmarke.

    Dürheimer kennt die meisten der Bugatti-Kunden persönlich, darunter sind auch einige aus Bayern. Wer sie sind, ist sein Geschäftsgeheimnis. Er selbst fährt als Dienstwagen in Deutschland einen Bentley Continental GT Cabriolet in Rot mit schwarzem Dach und wird immer wieder angesprochen: „Darf ich ein Foto von Ihrem Auto machen?“

    Während der Weihnachtsfeiertage war Wolfgang Dürheimer zu Hause bei der Familie in Oberstdorf. Die zwei erwachsenen Kinder – der Sohn studiert Fahrzeugtechnik, die Tochter ist Ärztin – leben in Stuttgart und München. Wie jedes Jahr traf sich Dürheimer mit guten Freunden aus seiner Jugend und ging mangels Schnee auf mehrere Bergtouren. Dabei liebt er den Wintersport: „Als staatlich geprüfter Skilehrer nehme ich noch immer regelmäßig an den Fortbildungen des Deutschen Skilehrerverbandes teil“, verrät der Privatmann Wolfgang Dürheimer. Auch den gibt es.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden