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Oberbayern: Tatort Berggipfel: Unbekannter zerstört immer wieder Gipfelkreuze

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Tatort Berggipfel: Unbekannter zerstört immer wieder Gipfelkreuze

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    Nachdem vor wenigen Tagen ein Unbekannter eine große Kerbe in den Eichenholzbalken dieses Gipfelkreuzes geschlagen hatte, musste es umgelegt werden.
    Nachdem vor wenigen Tagen ein Unbekannter eine große Kerbe in den Eichenholzbalken dieses Gipfelkreuzes geschlagen hatte, musste es umgelegt werden. Foto: Deutscher Alpenverein, Sektion Tölz

    Der Tatort liegt auf 2102 Metern Höhe. Wieder in der Umgebung des Isarwinkels am Monatsende. Wieder trifft es ein Gipfelkreuz. Diesmal hackt ein Unbekannter in der Nähe von Lenggries im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen auf dem Schafreuter mit einer Axt auf das christliche Symbol ein.

    Die Tölzer Hütte liegt nur rund 45 Minuten vom Gipfel entfernt. Wanderer berichten später Wirt Michael Bubeck nach ihrer morgendlichen Gipfeltour von dem, was sie vor dem Frühstück entdecken mussten: Aus dem über 250 Kilo schweren Längsbalken wurde eine große Kerbe herausgehackt. Der herrliche Ausblick zur Belohnung der Wanderung interessiert nicht mehr angesichts dieses schaurigen Einblicks in den womöglich neuen Fall des Vandalen vom Isarwinkel. Bubeck ruft die Polizei.

    Es ist der dritte Vorfall seit Pfingsten. Das erste kleinere Kreuz wurde Ende Juni bei der Dudl-Alm im Längental zerstört. Die Almbauern, die den Schaden entdeckten, meldeten den Fall allerdings nicht der Polizei. Vier Wochen später, am letzten Juliwochenende, beobachteten Hirten, wie ein Unbekannter auf das Kreuz am Prinzkopf (ein Teil des Lerchkogels), der sich in der Nähe des Sylvensteinsees erhebt, einschlug – ebenfalls nur unweit vom Schafreuter entfernt.

    Die Polizei in Bad Tölz kommt mit den Ermittlungen nicht voran: „Wir haben nichts, nichts Neues“, sagt Josef Mayr, Vizechef der Polizeiinspektion

    Vandalismus könnte religiösen Hintergrund haben

    „Das trifft natürlich auf viele zu“, sagt Mayr. Wanderer sollten in dem Gebiet die Augen offen halten. Auch wenn theoretisch andere Motive infrage kommen könnten, sieht der Polizist einen religiösen Hintergrund für den Vandalismus. „Warum sollte sonst einer ein Kreuz umhauen?“ Die Polizei sucht deshalb nach einem Mann mit ausgeprägtem Hass gegenüber christlicher Symbolik.

    Gipfelkreuze sind nicht unumstritten. Befürworter halten sie für ein christliches Zeichen, das auf die Spitze eines jeden Berges gehört. Gegner sehen die Symbole nicht gern über den Berg herrschen. Extrembergsteiger Reinhold Messner gehört eher zur zweiten Kategorie. Er sagte der Süddeutschen Zeitung, dass er von Gipfelkreuzen nicht viel halte. Trotzdem hätten sie einen gewissen historischen Wert, den es zu schätzen gelte. Im Interview stellte der Alpinist deshalb klar: „Ich würde niemals jemanden verteidigen, der Kreuze umhackt, das ist ja fast ein terroristischer Akt. Meine Waffe bleibt das Wort.“

    Unter den meisten Bergsteigern überwiegt eine andere Überzeugung. „Das Gipfelkreuz ist als Symbol in die DNA des Bergsteigens eingedrungen“, sagt Thomas Bucher, Sprecher des Deutschen Alpenvereins (DAV). Er glaubt, dass die Attacken vor allem deshalb so betroffen machten, weil viele Bergsteiger den Gipfel und das Kreuz unmittelbar miteinander in Verbindung bringen würden. Würde nicht ohne das schon vom Tal aus zu sehende Kreuz etwas Wichtiges am Gipfel fehlen?

    Als vor vier Wochen die Schäden am Gipfelkreuz des Prinzkopf entdeckt wurden, ging der DAV von einem Einzelfall aus. Umso größer sei nun das Entsetzen, dass wieder ein oder sogar derselbe Täter zugeschlagen hat. Ähnlich wie die Polizei rief auch der Alpenverein Wanderer zu Achtsamkeit in den Bergen rund um Lenggries auf. Es bestehe zwar keine Gefahr für Menschen, doch womöglich könnte eine Axt im Wandergepäck auffällig sein und zum Täter führen.

    Auf rund 5000 Euro beziffert die Polizei den angerichteten Schaden im jüngsten Fall. Für die Kosten des neuen Kreuzes kommt die DAV-Sektion Bad Tölz auf. Noch benötigt sie laut Bucher Spenden: nicht unbedingt Geld, sondern vor allem Eichenholz und Arbeitskraft. Denn zur Bergmesse an der Tölzer Hütte am 9. Oktober soll das Kreuz wieder stehen. Die Balken sollen dann, wie nach einem Blitzeinschlag vor 13 Jahren, zum Gipfel getragen werden. Für den Hüttenwirt Michael Bubeck bedeutet die Messe traditionell das Saisonende auf der Tölzer Hütte.

    War’s das nun mit den Gipfelkreuz-Attacken? Bubeck hofft das. Er ist noch immer ratlos. „Ich verstehe die Hintergründe einfach nicht“, sagt er. Auf den umliegenden Gipfeln zumindest gibt es nach seinem Wissen kaum Kreuze.

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