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Oberallgäu: Mitarbeiter soll Rotes Kreuz jahrelang betrogen haben

Oberallgäu

Mitarbeiter soll Rotes Kreuz jahrelang betrogen haben

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    Die Rot-Kreuz-Geschäftsstelle in Kempten.
    Die Rot-Kreuz-Geschäftsstelle in Kempten. Foto: Ralf Lienert

    Alexander Schwägerl, Geschäftsführer des Kreisverbands Oberallgäu des Roten Kreuzes, spricht von einem „unglaublichen Vertrauensbruch“. Erst vor wenigen Wochen hatte er den leitenden Mitarbeiter nur ungern in den Ruhestand verabschiedet. Hatte dabei sein unermüdliches Engagement, seinen Fleiß, seine soziale Einstellung gelobt. Jetzt, so Schwägerl, stehe der 65-Jährige unter einem schweren Verdacht: Er soll in 16 Jahren beim Roten Kreuz aus einem Laden der Organisation in Kempten Geld abgezweigt haben. Das Rote Kreuz erstattete Anzeige. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gewerbsmäßiger Untreue gegen den Mann. Er sitzt laut Katrin Eger, Sprecherin der Behörde, in Untersuchungshaft. Den Vorwurf habe er bereits weitgehend eingeräumt.

    Kürzlich, erläutert Schwägerl gegenüber der Allgäuer Zeitung, habe er Kenntnis von Unregelmäßigkeiten in den Abrechnungen erhalten. Bevor der Mitarbeiter im Juli in Ruhestand ging, leitete er die Wärmestube und den Rotkreuzladen in Kempten. Dort, so Schwägerl, habe man bis zu der Pensionierung des Mannes täglich zwischen 150 und 300 Euro eingenommen. Danach seien plötzlich Tageseinnahmen von bis zu 1000 Euro verzeichnet worden.

    Daraufhin sei man hellhörig geworden und habe die Abrechnungen aus vergangenen Jahren überprüft. Das Ergebnis laut Schwägerl: viel niedrigere Umsätze als nach der Pensionierung. Schließlich tauchten Kalender auf, in denen die ehrenamtlichen Mitarbeiter jahrelang die Tagesumsätze sowie zum Vergleich die des Vorjahres notiert hatten. Sie hätten allesamt höher gelegen als auf den Belegen ausgewiesen.

    Leitender Angestellter soll Belege gefälscht haben

    Schnell zeichnete sich ein laut Schwägerl „erschreckendes Bild“ ab: Der leitende Angestellte, der die Tageseinnahmen stets persönlich samt Belegen in der Geschäftsstelle abgegeben habe, habe die Belege gefälscht – genauso wie Unterschriften von ehrenamtlichen Mitarbeitern. Diese, betont der Geschäftsführer dabei, treffe übrigens keinerlei Schuld: Der 65-Jährige sei allein das Bindeglied zwischen Laden und Verwaltung gewesen. Schwägerl: „Gäbe es die Aufzeichnungen der anderen Mitarbeiter nicht, hätten wir das alles nicht so eindeutig nachvollziehen können.“ Unklar sei indes, in welchem Zeitraum genau sich alles abgespielt haben soll. Damit befasst sich die Staatsanwaltschaft, die laut Eger von einer Schadenssumme in sechsstelliger Höhe ausgeht.

    In einem Schreiben wandte sich Schwägerl an die Rotkreuzmitarbeiter. Darin informiert er über den „schlimmen Betrugsverdacht“, wirft aber auch Fragen auf. Nicht verständlich sei für ihn, „dass sich jemand in aller Ruhe über Jahre mit erheblicher krimineller Energie an Geldern vergreift, die für das soziale Netzwerk des Roten Kreuzes bestimmt sind. Und gleichzeitig in eben diesem Netzwerk über ebenso viele Jahre seiner Arbeit zur hohen Zufriedenheit und zudem mit erheblichem persönlichen Einsatz nachgeht“.

    Zum Motiv für die möglichen Taten gibt es eine Vermutung: Dass der Mann das Geld nicht in seine eigene Tasche gesteckt, sondern es Bedürftigen gegeben habe. Für Schwägerl würde das die Sache ein wenig abmildern. Dennoch will er nicht daran denken, welcher Schaden dem Roten Kreuz entstehe: „Wie viel wir von dem Geld wiedersehen werden, ist völlig offen.“

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