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Notärzte in Bayern: Rotes Kreuz veröffentlicht Zahlen: So oft fallen Notärzte in Bayern aus

Notärzte in Bayern

Rotes Kreuz veröffentlicht Zahlen: So oft fallen Notärzte in Bayern aus

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    Bei einem Notfall rückt in der Regel zu jeder Tages- und Nachtzeit ein Notarzt aus und versorgt die Patienten. Zuletzt ist es aber nicht gelungen, alle Schichten zu besetzen.
    Bei einem Notfall rückt in der Regel zu jeder Tages- und Nachtzeit ein Notarzt aus und versorgt die Patienten. Zuletzt ist es aber nicht gelungen, alle Schichten zu besetzen. Foto: B. Weizenegger (Symbol)

    Wenn ein schwerer medizinischer Notfall vorliegt, sind sie zur Stelle: Gemeinsam mit unzähligen Rettungssanitätern sorgen 3800 Notärzte an 229 Standorten in ganz Bayern dafür, dass Menschen in akuten Notlagen rund um die Uhr Hilfe erhalten. Gut 96 Prozent der Dienstzeiten können besetzt werden, doch immer wieder bleiben Notarzt-Schichten in ganz Bayern unbesetzt. Wie viele das genau sind und an welchen Standorten besonders häufig Notärzte fehlen, dazu gibt die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB), die im Freistaat die Notarzt-Versorgung organisiert, bislang keine Daten heraus.

    Notarzt-Mangel in Bayern: Mehr als drei Prozent der Dienste blieben im Dezember unbesetzt

    Aufschluss geben aber Zahlen des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Mit 195 von 229 Notarzt-Standorten stellt das BRK den Großteil der Rettungs-Stützpunkte im Freistaat. Einer internen Umfrage zufolge gab es zwischen 1. Dezember und 6. Januar an den BRK-Standorten 551 Ausfälle, wobei jedes Mal mindestens eine Stunde lang kein Notarzt zur Verfügung stand.

    Sohrab Taheri-Sohi, Sprecher des BRK, sagt: "551 Notarzt-Ausfälle in 36 Tagen, das mag zunächst einmal gar nicht so schlimm klingen. Man muss aber sehen, dass dadurch an einzelnen Standorten in insgesamt 5830 Stunden kein Notarzt verfügbar war." Damit waren rund 3,4 Prozent der Dienstzeiten nicht besetzt.

    Das Problem des Notarzt-Mangels besteht den BRK-Daten zufolge vielerorts in Bayern, wobei einzelne Regionen besonders hervorstechen - und zwar gerade jene, wo auch sonst ein Arztmangel herrscht. Etwa im oberfränkischen Kronach gab es allein in den 36 Tagen der BRK-Erhebung 78 Notarzt-Ausfälle.

    Auch in Schwaben gab es gerade im Dezember gravierende Fälle, in denen Notarzt-Dienste nicht besetzt werden konnten. So war die Versorgung in Aichach und Friedberg in den Tagen um Weihnachten besonders schwierig. In Mindelheim war an Heiligabend kein Notarzt zur Verfügung, auch in Neu-Ulm, Gersthofen und Nördlingen fielen zuletzt Notarzt-Dienste aus.

    Insgesamt ist die Lage in Schwaben mit Blick auf die Zahlen aus der BRK-Erhebung noch am besten. In anderen BRK-Bezirken fallen weitaus mehr Ausfallstunden an.

    BRK-Sprecher: Notarzt-Mangel wird auf Schultern der Rettungssanitäter ausgetragen

    Wenn Notärzte fehlen und Dienste unbesetzt bleiben, heißt das keineswegs, dass es im Notfall keine medizinische Hilfe gibt, stellt KVB-Sprecher Axel Heise klar: "Bei Bedarf wird der Nachbar-Notarzt oder der Rettungshubschrauber von der integrierten Leitstelle alarmiert." Außerdem steht ein Rettungswagen mit Sanitätern rund um die Uhr zur Verfügung. In der Praxis bedeutet das für Patienten, dass sie vor Ort minimal versorgt werden und schnell ins Krankenhaus gebracht werden.

    Allerdings stoßen Notfallsanitäter in der Versorgung von Patienten auch an ihre Grenzen, kritisiert BRK-Sprecher Taheri-Sohi. "Ist ein Patient lebensgefährlich verletzt und kein Notarzt vor Ort, wird das auf den Schultern der Sanitäter ausgetragen. Einerseits gibt es die Situation, dass kein Notarzt kommen kann. Gleichzeitig fehlt dem Sanitäter aber die klare rechtliche Grundlage alles zu tun, um dem Menschen zu helfen. Vor ihnen liegt aber ein Patient, der schwer verletzt oder erkrankt ist."

    Die Retter versorgen Verletzte insoweit, als sie lebenswichtige Körperfunktionen aufrecht erhalten und den Patienten transportfähig machen. Mittlerweile dürfen Sanitäter auch intravenöse Zugänge legen und starke Medikamente geben. BRK-Sprecher Taheri-Sohi wünscht sich noch mehr Rechtssicherheit - auch um den Notarzt-Mangel zu entschärfen: "Der Notfallsanitäter kann einen Notarzt nicht ersetzen, aber er kann der Situation angemessen reagieren – dazu zählt dann auch, Maßnahmen zu ergreifen, die einem Arzt vorbehalten sind."

    Warum der Notarzt-Dienst in manchen Regionen so unattraktiv ist

    Wie es in Bayern langfristig wieder mehr Notärzte geben kann, ist noch nicht abzusehen. Die KVB geht davon aus, dass die Arbeit in Praxen und Kliniken zuletzt enorm zugenommen hat und sich gleichzeitig mehr Ärzte auf eine bessere "Work-Life-Balance" besinnen. "Deshalb räumen viele den Notarztdiensten nicht mehr so viel Zeit ein wie früher", so KVB-Sprecher Heise. Selbst eine bessere Vergütung in einsatzschwachen, ländlichen Gebieten habe nichts bewirkt.

    Notärzte erhalten derzeit eine Bereitschaftspauschale von 21 Euro in der Stunde und pro Einsatz zwischen 63 und 83 Euro. Gerade in ländlichen Gebieten gibt es aber immer wieder auch Dienste ohne Einsatz. In solchen Fällen stellt sich für den Notarzt die Frage, wie lukrativ das für ihn ist - gerade wenn er Wochenenden oder Feiertage für einen Dienst opfert.

    In Bayern gilt für Notärzte immer noch das Prinzip der Freiwilligkeit und Selbstständigkeit. Es gibt keine systematische Einteilung. Stattdessen stellen sie sich selbstständig für Dienste zur Verfügung. Daran will Innenminister Joachim Herrmann zunächst nichts ändern. Doch er will noch einmal den Bedarf an Notärzten in Bayern prüfen lassen.

    BRK-Sprecher Taheri-Sohi kann sich noch einen anderen Weg vorstellen, den Notarzt-Mangel langfristig zu entschärfen: "Auch die Lockerung der teilweise utopischen Zulassungsvoraussetzungen zu einem Medizinstudium müssen in Betracht gezogen werden, denn in diesen Berufen kommt es doch vor allem auf Empathie, soziale Kompetenzen und vieles mehr an."

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