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Neusäß: Titania-Streit: Stadt droht Thermenbetreiber mit Rauswurf

Neusäß

Titania-Streit: Stadt droht Thermenbetreiber mit Rauswurf

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    Zunächst war die Titania-Therme in Neusäß wegen Legionellenbefalls nur gesperrt, jetzt soll der Betreiber ganz raus.
    Zunächst war die Titania-Therme in Neusäß wegen Legionellenbefalls nur gesperrt, jetzt soll der Betreiber ganz raus. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Seit nunmehr drei Monaten hat die Titania-Therme in Neusäß nach dem Legionellenbefall wieder geöffnet - Ruhe ist jedoch nicht eingekehrt. Vorläufiger Höhepunkt des Streits zwischen der Betreibergesellschaft und der Stadt Neusäß als Besitzer: Anfang Februar sprach der Stadtrat einstimmig die fristlose Kündigung aus.

    Bis zum 18. Februar muss der Betreiber, die Starwaters Deyle Group, aus der Therme ausziehen. Sollte sie das nicht tun, droht der Neusässer Bürgermeister Hansjörg Durz mit einer Räumungsklage.

    Der Grund für die Kündigung des Vertrags, der eigentlich noch bis Mitte 2015 lief: Seit Sommer hat der Betreiber keine Pacht mehr für das Gelände gezahlt. Insgesamt geht es um eine Viertelmillion Euro.

    Betreiber: Kündigung ist unwirksam

    Dass der Betreiber bis nächsten Dienstag aus dem Hallenbad ausgezogen ist, glaubt jedoch auch in Neusäß niemand. Firmenchef Uwe Deyle betrachtet die Kündigung als unwirksam.

    Er sieht die Schuld für den Legionellenbefall bei der Stadt Neusäß als Bauherr. Deswegen müsse die Kommune auch für den Einnahmenausfall und die Umbaukosten während der Schließungsphase haften. "Der Eigentümer kann uns nicht einfach auf dem Schaden sitzen lassen. Der ist deutlich höher als die beiden Pachtraten", sagte Deyle gestern. Der Neusässer Bürgermeister Durz weist die Vorwürfe zurück.

    Mittlerweile gilt es als wahrscheinlich, dass der Streit gerichtlich geklärt werden wird. Beide Seiten haben den Fall ihren Anwälten übergeben, die Kommunikation findet ausschließlich auf schriftlicher Ebene statt. Die Vertrauensbasis für eine Zusammenarbeit sei zerstört, sagte Durz: "Wir wissen bis heute nicht, wie die Wasserqualität in der Titania-Therme aussieht, der Betreiber übermittelt uns keinerlei Werte."

    Deyle kontert, dass es keine entsprechende Anfrage der Stadt Neusäß gebe. Laut Auskunft des Gesundheitsamtes liegen die Legionellenwerte derzeit im niedrigen Bereich, das Badewasser wird streng alle zwei Wochen beprobt.

    Auch andere Gemeinden machten mit dem Firmenchef schlechte Erfahrungen

    Schlechte Erfahrungen mit Deyle haben auch andere Kommunen gemacht. Auf der Urlaubsinsel Sylt hatte Deyle vor einigen Jahren mit der Gemeinde einen Vertrag zum Bau einer Therme abgeschlossen. Obwohl zwölf Millionen Euro an Fördergeldern flossen, steht dort heute nur eine Bauruine.

    Die Titania-Therme und die Stadt Neusäß: Chronik eines Streits

    September 2012: Im Thermenbereich und im Kinderbecken werden Legionellen in sehr hoher Konzentration festgestellt. Zuerst schließt nur das Kinderbecken, Tage später macht die Therme komplett zu. Die Stadt Neusäß als Besitzer des Bades erklärt, von diesem Vorfall vom Gesundheitsamt erfahren zu haben, und betrachtet dies als Vertrauensbruch.

    November 2012: Nach zwei Monaten Schließungsphase eröffnet das Bad wieder - unter strengen Auflagen des Gesundheitsamtes. Bis heute werden die Wasserwerte alle zwei Wochen kontrolliert.

    Ende November 2012: Weil der Pächter der Therme, die Starwaters Deyle Gruppe, die Pacht für das dritte Quartal 2012 nicht bezahlt hat, kündigt die Stadt Neusäß als Besitzer den Pachtvertrag auf vertraglicher Basis fristlos. Die Kündigung betrachtet der Betreiber als unwirksam und führt bauliche Mängel an der Titania Therme ins Feld.

    Februar 2013: Nachdem auch die Pacht für das letzte Quartal 2012 ausbleibt, spricht die Stadt die gesetzliche Kündigung aus. Sollte der Betreiber bis 18. Februar nicht ausgezogen sein, droht die Stadt Neusäß mit einer Räumungsklage.

    Mai 2013:Vor dem Landgericht einigen sich beide Parteien: Demnach verzichtet die Stadt auf rund 400.000 Euro, dafür soll der Betreiber zum 1. Oktober vorzeitig ausziehen.

    September 2013: Drei Wochen vor dem Auszugstermin schließt das Titanie überraschend seine Pforten.

    Oktober 2013: Die Stadt Neusäß gründet mit dem Unternehmen GMF eine Betreibergesellschaft für die Titania Therme. Nach den Renovierungsarbeiten soll Ende des Monats der Betreib weitergehen.

    Die Betreibergesellschaft, an der Deyle und Sylt zu gleichen Teilen beteiligt waren, ist insolvent. "Herr Deyle hat die Gemeinde damals über den Tisch gezogen. Ich warne seitdem Bürgermeisterkollegen vor ihm", sagte Sylts Bürgermeisterin Petra Reiber. Deyle widerspricht: "Den damaligen Vertrag hat die Kanzlei des Vorgängers von Frau Reiber aufgesetzt."

    Auch nach einem Auszug des Betreibers würde die Titania Therme danach erst mal geschlossen bleiben: Laut der Stadt Neusäß stehen umfangreiche Sanierungen an dem Bad an, das vor dem Legionellenbefall jährlich von einer Viertelmillion Menschen besucht wurde.

    Ein ähnlicher Fall hat sich vor rund vier Jahren in Neu-Ulm ereignet: Damals musste das ehemalige Atlantis-Bad nach einem Rechtsstreit zwischen Kommune und Betreiber ein Jahr lang geschlossen bleiben. Seit 2011 hat das Bad unter dem Namen "Wonnemar" mit einem neuen Betreiber wieder geöffnet.

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