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Corona-Pandemie: Neue Corona-Software: Die Gesundheitsämter lassen sich Zeit

Corona-Pandemie

Neue Corona-Software: Die Gesundheitsämter lassen sich Zeit

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    Soldaten der Bundeswehr unterstützen derzeit das Gesundheitsamt in Augsburg bei der Corona-Kontaktverfolgung. Die soll mit der Corona-Software Sormas funktionieren, doch nicht überall ist sie in Betrieb.
    Soldaten der Bundeswehr unterstützen derzeit das Gesundheitsamt in Augsburg bei der Corona-Kontaktverfolgung. Die soll mit der Corona-Software Sormas funktionieren, doch nicht überall ist sie in Betrieb. Foto: Silvio Wyszengrad

    Auch das Bundesland Bayern, das sich gerne als strebsamer Klassenprimus gibt, muss zuweilen zugeben, dass das Ziel, das man sich so ehrgeizig gesteckt hatte, nicht erreicht wurde. Eigentlich sollten bis zum 1. Februar alle Gesundheitsämter im Freistaat die Software Sormas verwenden. Seit mehr als einer Woche ist diese Frist verstrichen. Doch längst ist das Programm, das Kontakte von Coronainfizierten effizienter und exakter nachverfolgen soll, nicht in allen Ämtern angekommen.

    78 Prozent, also 59 der 76 kommunalen und staatlichen Gesundheitsämter im Freistaat, sind derzeit an Sormas angeschlossen – unklar ist, ob auch tatsächlich alle mit dem System arbeiten. Im bayerischen Gesundheitsministerium ist man trotz der Verzögerung optimistisch. „Bayern ist hier auf einem guten Weg und es wurden die organisatorischen Vorkehrungen getroffen, dass zum 28. Februar alle 76 Gesundheitsämter die technischen Voraussetzungen haben, Sormas einzurichten“, teilt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums mit. Der 28. Februar ist die neue Zielmarke. Spätestens dann soll Sormas flächendeckend eingesetzt werden – in ganz Deutschland. Das hatten Bund und Länder Mitte Januar beschlossen.

    Chronologie der Corona-Pandemie in Deutschland

    Im Januar 2020 ist die erste Corona-Infektion in Deutschland bekannt geworden. Ein Rückblick:

    27. Januar: Erste bestätigte Infektion in Deutschland. Zwei Wochen später ist der Mann aus Bayern wieder gesund.

    25./26. Februar: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen melden erste nachgewiesene Fälle. Weitere Bundesländer folgen, am 10. März hat Sachsen-Anhalt als letztes Land seinen ersten Fall.

    9. März: In NRW gibt es die ersten Todesfälle innerhalb Deutschlands. Die Zahl der Infektionen steigt bundesweit auf mehr als 1000.

    12./13. März: Immer mehr Theater und Konzerthäuser stellen den Spielbetrieb ein. Die Fußball-Bundesliga pausiert.

    16. März: An den Grenzen zu Frankreich, Österreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz gibt es Kontrollen und Einreiseverbote. In den meisten Bundesländern sind Schulen und Kitas geschlossen.

    17. März: Mehrere Konzerne kündigen an, ihre Fabriken vorübergehend zu schließen.

    22. März: Verbot von Ansammlungen von mehr als zwei Menschen. Ausgenommen sind Angehörige, die im eigenen Haushalt leben. Cafés, Kneipen, Restaurants, aber auch Friseure zum Beispiel schließen.

    15. April: Auf eine schrittweise Aufnahme des Schulbetriebs ab 4. Mai verständigen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs.

    20. April: Geschäfte unter 800 Quadratmetern Fläche dürfen wieder öffnen. Als erstes Bundesland führt Sachsen die Maskenpflicht für ÖPNV und Einzelhandel ein. Alle anderen ziehen nach.

    22. April: Für Firmen, Arbeitnehmer und Gastronomie werden milliardenschwere Hilfen beschlossen.

    6. Mai: Die Länder bekommen weitgehende Verantwortung für die Lockerung von Beschränkungen - etwa für Hotels, Gastronomie, Fahrschulen, Schwimmbäder und Fitnessstudios.

    16. Mai: Sachsen-Anhalt registriert als erstes Bundesland seit Ausbruch der Pandemie keine Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag. Die Fußball-Bundesliga legt wieder los - ohne Fans in den Stadien.

    16. Juni: Im Kampf gegen das Virus geht eine staatliche Warn-App an den Start. Sie soll dabei helfen, Infektionen nachzuverfolgen. 

    29. August: Etwa 40.000 Menschen protestieren in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen. Demonstranten durchbrechen die Absperrung vor dem Reichstag und stürmen auf die Treppe.

    30. September: Angesichts wieder steigender Infektionszahlen fordert die Kanzlerin zum Durchhalten auf. "Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben", sagt Merkel im Bundestag.

    7./8. Oktober: Die Bundesländer beschließen ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Risikogebieten. 

    22. Oktober: Die Zahl der Neuinfektionen binnen eines Tages hat erstmals den Wert von 10.000 überschritten. Das Robert Koch-Institut (RKI) macht vor allem private Treffen dafür verantwortlich.

    2. November: Ein Teil-Lockdown mit Einschränkungen bei Kontakten und Freizeitaktivitäten soll die zweite Infektionswelle brechen.

    9. November: Als erste westliche Hersteller veröffentlichen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer vielversprechende Ergebnisse einer für die Zulassung ihres Corona-Impfstoffs entscheidenden Studie.

    18. November: Unter dem Protest Tausender in Berlin machen Bundestag und Bundesrat den Weg für Änderungen im Infektionsschutzgesetz frei.

    25. November: Die Beschränkungen für persönliche Kontakte werden für weitere Wochen verschärft. Darauf verständigen sich Bund und Länder.

    27. November: Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen in Deutschland hat nach RKI-Daten die Millionenmarke überschritten. 

    2. Dezember: Als erstes Land der Welt erteilt Großbritannien dem Impfstoff von Biontech und Pfizer eine Notfallzulassung und startet seine Impfkampagne wenige Tage später. 

    16. Dezember: Der seit November geltende Teil-Lockdown reicht nicht aus. Der Einzelhandel muss mit wenigen Ausnahmen schließen.

    18. Dezember: Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Infektionen in Deutschland ist erstmals auf mehr als 30.000 gestiegen.

    21. Dezember: Zum Schutz vor einer infektiöseren Virus-Variante dürfen keine Passagierflugzeuge aus Großbritannien mehr in Deutschland landen. Der Corona-Impfstoff von Biontech erhält von Brüssel die bedingte Marktzulassung. Somit können die Impfungen in der EU beginnen. Am 6. Januar wird auch der von Moderna zugelassen.

    24. Dezember: Heiligabend im Zeichen der Pandemie. Familienfeiern sollen klein bleiben, Christmetten wenn überhaupt nur auf Abstand stattfinden. Zudem wird die in Großbritannien aufgetretene Variante des Coronavirus erstmals auch in Deutschland nachgewiesen.

    26. Dezember: Einen Tag vor dem offiziellen Impfstart werden in einem Seniorenzentrum in Sachsen-Anhalt eine 101 Jahre alte Frau und etwa 40 weitere Bewohner geimpft. 

    27. Dezember: In allen Bundesländern beginnen die Impfungen. Zuerst sollen Menschen über 80, Pflegeheimbewohner sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal immunisiert werden.

    1. Januar 2021: Deutschland kommt vergleichsweise ruhig ins neue Jahr. Der Verkauf von Silvesterfeuerwerk war verboten. 

    14. Januar: Das Statistische Bundesamt schätzt, dass die deutsche Wirtschaftsleistung 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 Prozent eingebrochen ist.

    15. Januar: Mehr als zwei Millionen Corona-Fälle sind hierzulande bekannt geworden, knapp 45.000 Menschen sind an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Sars-CoV-2-Infektion gestorben.

    19. Januar: Bund und Länder verlängern den Lockdown bis Mitte Februar. Zudem werden die besser schützenden FFP2-Masken oder OP-Masken in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen obligatorisch.

    21. Januar: Mehr als 1,3 Millionen Menschen haben in Deutschland bereits ihre erste Corona-Impfung erhalten, etwa 77.000 auch schon die zweite. (dpa)

    In drei Bundesländern ist noch kein Gesundheitsamt an Sormas angeschlossen

    Dieses Ziel wird auf Bundesebene aber wohl nicht erreicht werden. Auf Nachfrage unserer Redaktion teilt das Bundesgesundheitsministerium mit, dass in Hamburg, im Saarland und in Sachsen derzeit noch kein einziges Gesundheitsamt Sormas eingerichtet hat. In Nordrhein-Westfalen sind es gerade einmal 23 von 54 Ämtern, in Baden-Württemberg 16 von 38 und in Rheinland-Pfalz ist es gerade einmal eine von 24 Behörden. Insgesamt nutzten nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums derzeit nur 176 der 376 deutschen Gesundheitsämter Sormas – rund 46 Prozent. Verglichen damit steht der Freistaat, in dem mehr als drei Viertel aller Gesundheitsämter an Sormas angeschlossen sind, gut da. Besser ist die Software-Umstellung etwa in Berlin gelaufen – dort haben mittlerweile alle Gesundheitsämter die Software.

    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sagt: Der Bund muss liefern.
    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sagt: Der Bund muss liefern. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Bereits vor zwei Wochen hatte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek im Gespräch mit unserer Redaktion gesagt, dass der Bund endlich liefern müsse. „Wir brauchen dringend die Schnittstelle von Sormas zur Meldesoftware, damit in den Gesundheitsämtern die Arbeitsbelastung durch Doppeleingaben entfällt“, betonte Holetschek damals. Offenbar ist das Problem immer noch nicht gelöst. Das zeigt etwa die Situation in Augsburg. „Nach wie vor steht das Programm Sormas-X (die weiterentwickelte Version, Anm. d. Red.) mit den benötigten Schnittstellen zu den Meldesystemen des Bundes und Landes noch nicht einsatzbereit zur Verfügung“, sagt Reiner Erben, der Gesundheitsreferent der Stadt. Ein verbindlicher Zeitplan, wann die entsprechenden Schnittstellen produktiv zur Verfügung gestellt und eingesetzt werden könnten, liege der Stadt nicht vor. In Augsburg wird deshalb nach wie vor ein eigenes System verwendet.

    Der Landkreistag sieht die Einführung der Corona-Software Sormas kritisch

    Das bayerische Gesundheitsministerium macht deutlich, dass Sormas-X nur durch diese Schnittstellen mit der Meldesoftware zu deutlichen Arbeitserleichterungen gegenüber alternativen Software-Systemen führe – und nur so sei die Umstellung des Betriebs den Gesundheitsämtern in der aktuellen Phase der Pandemie überhaupt vermittelbar. Bayerns Gesundheitsminister Holetschek habe sich deshalb nun an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gewandt, um die Bereitstellung von Schnittstellen durch den Bund voranzubringen.

    Der Deutsche Landkreistag sieht die Einführung von Sormas kritisch. Die weit überwiegende Zahl der Landkreise nutze „seit Jahren andere Programme, die sämtliche Aufgaben eines Gesundheitsamtes abbilden – nicht nur die Kontaktnachverfolgung. Darin liegt ein entscheidender Punkt, wenn man mitten in der Pandemie auf eine andere Software umsteigen möchte“, sagt der Präsidenten des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager. Die Gesundheitsämter arbeiteten ihm zufolge fast überall vollständig digital, mit diversen Programmen. Sormas biete viele wichtige Funktionen derzeit nicht an, etwa die Erstellung von Bescheiden, Archivierung, Wiedervorlagen sowie Schichtplanungen. Deshalb werde das Programm auch von vielen Gesundheitsämtern als Rückschritt betrachtet, fährt Sager fort. „Denen hingegen, die bisher noch nicht derart digitalisiert sind, kann es durchaus einen Nutzen bringen. Aber das ist eben nicht die Mehrzahl.“

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