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Neuburg-Schrobenhausen: Studie befeuert Streit um Flutpolder bei Bertoldsheim

Neuburg-Schrobenhausen

Studie befeuert Streit um Flutpolder bei Bertoldsheim

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    Im Hochwasser versunkene Häuser nahe Deggendorf: Die Flutpolder entlang der Donau sollen verhindern, dass sich Ähnliches wie 2013 in Zukunft noch einmal ereignet.
    Im Hochwasser versunkene Häuser nahe Deggendorf: Die Flutpolder entlang der Donau sollen verhindern, dass sich Ähnliches wie 2013 in Zukunft noch einmal ereignet. Foto: Armin Weigel, dpa (Archivbild)

    In dem seit Jahren heftig tobenden Streit um den Hochwasserschutz an der Donau im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen wird in München hinter den Kulissen fieberhaft um einen Kompromiss gerungen. Die Staatsregierung sitzt politisch in der Klemme, seit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Bürgern in Bertoldsheim (Gemeinde Rennertshofen) seine Unterstützung im Kampf gegen einen zweiten Flutpolder im Landkreis zugesagt hat. Das Versprechen war sogar im Koalitionsvertrag von

    Doch ebenso eindeutig ist offenbar eine neue Studie, die das Umweltministerium am kommenden Montag vorstellen will. Danach besteht unter Fachleuten an der Wirksamkeit der entlang der Donau geplanten Kette von Flutpoldern gegen extreme Hochwasserereignisse kein Zweifel. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) beharrt darauf, dass alle geplanten Flächen genutzt werden. „Ich will das Flutpolderprogramm umfassend realisieren. Die Fakten liegen auf dem Tisch: Flutpolder wirken“, sagt der Minister auf Anfrage unserer Redaktion. „Nach unserem Vorschlag“, so Glauber, „soll der geplante Standort in Bertoldsheim realisiert werden.“

    Bürger im Kreis Neuburg-Schrobenhausen bezeichnen Flutpolder als "Zumutung"

    Für die Bürger im Kreis Neuburg-Schrobenhausen ist das keine erfreuliche Nachricht. Seit 2014 wehren sich die Anlieger aus den Gemeinden Rennertshofen, Burgheim und Marxheim gegen das Vorhaben. Bei Demonstrationen und in Bürgerversammlungen haben sie immer wieder ihrem Ärger Luft gemacht. Sie sagen unisono: „Das hat nichts mehr mit Solidarität zu tun. Was man uns aufbürdet, ist eine Zumutung!“

    Fast schon gebetsmühlenartig haben Bürger und Funktionsträger die Gründe wiederholt, die gegen einen weiteren, rund 500 Hektar großen Polder bei Bertoldsheim sprechen: In Riedensheim, keine fünf Kilometer entfernt, wurde bereits ein Polder gebaut, der mittlerweile fertiggestellt ist. Und das Gebiet zwischen Lechmündung und Stepperger Enge ist ohnehin schon ein Hochwasserrückhalt. Der Burgheimer Ortsteil Moos wurde dafür sogar abgesiedelt. Die Landwirte fürchten um ihre Äcker, die Fischer um ihren Bestand, die Grundbesitzer um ihren Besitz, weil der ohnehin schon hohe Grundwasserstand durch die Flutung eines Polders weiter ansteigen und die angrenzende Wohnbebauung gefährden könne.

    Hauptargument war und ist aber, dass die Region mit zwei Poldern in unmittelbarer Nähe über Gebühr strapaziert würde. Es sei deshalb ein Gebot der Fairness, auf den Polder Bertoldsheim zu verzichten. Die Bürgermeister der betroffenen Kommunen sind sich in dieser Frage über Parteigrenzen hinweg einig. Der Landtagsabgeordnete Matthias Enghuber (CSU) sagt, er zweifle weder an der technischen Machbarkeit noch an der Wirksamkeit der Polder: „Hier geht es um Glaubwürdigkeit und um eine gerechte Lastenverteilung. Man kann nicht alles in einer Gemeinde abladen.“

    Flutpolder kommen bei extremem Hochwasser zum Einsatz

    Die Staatsregierung freilich steht auch von anderer Seite mächtig unter Druck. Seit dem verheerenden Donauhochwasser im Juni 2013, das besonders im Landkreis Deggendorf und im Stadtgebiet Passau immense Schäden verursachte, drängen die Kommunen dort auf eine Realisierung der Schutzmaßnahmen. Flutpolder kommen bei extremen Hochwasserereignissen zum Einsatz, wenn die Möglichkeiten natürlicher Rückhalteflächen und anderer technischer Hochwasserschutzmaßnahmen wie Deiche oder die Rückhalteräume in Staustufen ausgeschöpft sind. Da geht es, wie die Unterlieger fast schon verzweifelt mahnen, „um jeden Zentimeter“.

    Die neue Studie gibt ihnen zusätzlichen Auftrieb. „Bei Straubing kann durch das Flutpolderprogramm die Scheitelwelle um knapp 40 Zentimeter reduziert werden. Allein der Polder Bertoldsheim bewirkt am Pegel Ingolstadt eine entsprechende Absenkung von über 20 Zentimetern“, heißt es aus dem Umweltministerium. Das sei noch deutlich mehr als erwartet.

    Ob der Koalitionsvertrag weiter gelten soll, ist umstritten. Mit einer Forderung jedenfalls finden die Politiker aus Neuburg-Schrobenhausen offenbar Gehör. Sie bestehen darauf, dass erst alle anderen Hochwasserschutzprojekte realisiert werden. „Jetzt müssen erst einmal alle Unterlieger ihre Hausaufgaben machen“, fordert Enghuber. Er hofft, weil das alles lange dauert, auf eine Schonfrist bis in die 2030er Jahre. Erst dann solle wieder über Bertoldsheim geredet werden. Aus Regierungskreisen heißt es, dass ein derartiger Kompromiss möglich sei. Darauf deutet auch hin, dass die Entscheidung im Kabinett zuletzt vertagt wurde.

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